23.06.2025

Wohnungswirtschaftliche Verwendung im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

Die Tilgung eines von dem Ehegatten des Zulageberechtigten aufgenommenen Darlehens ist keine nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG begünstigte wohnungswirtschaftliche Verwendung des in einem Altersvorsorgevertrag gebildeten geförderten Kapitals.

Kurzbesprechung
BFH v. 2.4.2025 - X R 6/22

EStG § 10a, EStG § 26 Abs 1, EStG § 79, EStG § 82 Abs 1 S 1, EStG § 92a Abs 1 S 1 Nr. 1 Alt 2, EStG § 92b, EStG § 93 Abs 1 S 1, EStG § 93 Abs 1 S 4 Buchst a, EStG § 93 Abs 1 S 4 Buchst c, EStG § 93 Abs 1a
BGB § 765 Abs 1


Im Streitfall erwarb die Antragstellerin gemeinsam mit ihrem Ehemann im September 1998 zu je ½ eine Immobilie zum Preis von 558.000 DM, die sie gemeinsam bewohnten. Zuvor hatten sie in einer ihnen ebenfalls zu gleichen Teilen gehörenden Immobilie gewohnt, die sie im September 2000 verkauften.

Zur Finanzierung der Immobilie hatte der Ehemann der damals nicht berufstätigen Steuerpflichtigen mehrere Darlehen bei einer Bank aufgenommen, die auch der Umfinanzierung für die im Zuge der ersten Immobilie aufgenommenen Darlehen dienten. Die Antragstellerin wurde nicht Schuldnerin der Darlehen, hatte aber bereits im Oktober 1994 zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank gegen ihren Ehemann eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Zur weiteren Sicherung der Darlehen wurden zugunsten der Bank Grundschulden auf die Immobilie eingetragen.

In 2020 beantragten die Eheleute die Entnahme von Kapital aus ihren Altersvorsorgeverträgen bei der Y GmbH zur Sondertilgung der Darlehen (§§ 92a, 92b EStG). Die Deutsche Rentenversicherung Bund, Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen ‑ ZfA ‑ lehnte den Antrag der Antragstellerin mit der Begründung ab, sie sei nicht unmittelbare Darlehensschuldnerin, so dass für sie keine wohnungswirtschaftliche Verwendung gegeben sei. Klage und nachfolgende Revision blieben ohne Erfolg. Der BFH stellte mit der nachfolgenden Begründung klar, dass die Tilgung eines nicht vom Zulageberechtigten selbst aufgenommenen Darlehens keine nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG begünstigte wohnungswirtschaftliche Verwendung sein kann. Das gilt auch dann, wenn der Darlehensnehmer der Ehegatte ist.

Gemäß § 79 Satz 1 EStG haben die in § 10a Abs. 1 EStG genannten Personen Anspruch auf eine Altersvorsorgezulage als unmittelbar Zulageberechtigte. Liegen bei Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vor und ist nur ein Ehegatte nach § 79 Satz 1 i.V.m. § 10a Abs. 1 EStG begünstigt, ist gemäß § 79 Satz 2 EStG grundsätzlich auch der andere Ehegatte (mittelbar) zulageberechtigt. Das setzt allerdings gemäß § 79 Satz 2 Nr. 3 EStG voraus, dass ein auf seinen Namen - also den Namen dieses nur mittelbar begünstigten Ehegatten - lautender Altersvorsorgevertrag besteht.

Die Gewährung der Altersvorsorgezulage setzt voraus, dass der Zulageberechtigte Altersvorsorgebeiträge zugunsten eines auf seinen Namen lautenden zertifizierten Altersvorsorgevertrags leisten muss (§ 82 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Förderfähigkeit der Beiträge ist somit an die Person des Zulageberechtigten gebunden.

Entsprechendes ergibt sich aus den Regeln über die schädliche Verwendung geförderten Altersvorsorgevermögens gemäß § 93 EStG, die grundsätzlich bereits dann zur Rückzahlung der Zulagen verpflichten, wenn eine Auszahlung den in § 93 Abs. 1 Satz 1 EStG im Einzelnen beschriebenen Maßgaben des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes widerspricht.

Gemäß § 10a Abs. 3 Satz 1 EStG steht der Abzugsbetrag nach § 10a Abs. 1 EStG im Fall der Veranlagung von Ehegatten nach § 26 Abs. 1 EStG jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen des § 10a Abs. 1 EStG gesondert zu. Im Fall der mittelbaren Zulageberechtigung gemäß § 79 Satz 2 EStG sind bei dem nach § 10a Abs. 1 EStG (unmittelbar) abzugsberechtigten Ehegatten die von beiden Ehegatten geleisteten Altersvorsorgebeiträge und die dafür zustehenden Zulagen bei der Anwendung von § 10a Abs. 1 und 2 EStG zu berücksichtigen. Gemäß § 10a Abs. 3 Satz 3 EStG erhöht sich in diesen Fällen der Höchstbetrag nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG um 60 €. Dies bedeutet nach § 10a Abs. 4 Satz 4 EStG für Altersvorsorgebeiträge, die der mittelbar zulageberechtigt Ehegatte zugunsten eines auf seinen Namen lautenden Vertrags geleistet hat, dass die darauf entfallende Steuerermäßigung dem Vertrag zuzurechnen ist, zu dessen Gunsten die Altersvorsorgebeiträge geleistet wurden.
Verlag Dr. Otto Schmidt