01.09.2022

Zeitanteiliger Ansatz des Grundbetrags für die selbst bewirtschafteten Flächen bei Vorliegen eines Rumpfwirtschaftsjahres

Der nach § 13a Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m. Anlage 1a zu § 13a EStG i.d.F. des ZollkodexAnpG zu ermittelnde (Jahres-)Grundbetrag ist bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für ein Rumpfwirtschaftsjahr lediglich zeitanteilig anzusetzen.

Kurzbesprechung
BFH v. 8. 6. 2022 - VI R 30/20

EStG § 4 Abs 1, § 4 Abs 3, § 4a Abs 1 S 2 Nr. 1, § 11, § 13a Abs 3, § 13a Abs 4
EStDV § 8b


Streitig war, ob der Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen bei der Ermittlung des Gewinns nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) für ein Rumpfwirtschaftsjahr in Höhe des vollen Jahreswerts zu berücksichtigen ist oder zeitanteilig für die Monate, die das Rumpfwirtschaftsjahr umfasst.

Nach § 13a Abs. 3 EStG i.d.F. des ZollkodexAnpG v. 22.12.2014 (BGBl I 2014, 2417) ist der nach Durchschnittssätzen zu ermittelnde Gewinn die Summe aus dem Gewinn der landwirtschaftlichen Nutzung (§ 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG) und u.a. den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens (§ 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 EStG).Der Gewinn aus der landwirtschaftlichen Nutzung ist die nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG ermittelte Summe aus dem Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen und den Zuschlägen für Tierzucht und Tierhaltung (§ 13a Abs. 4 Satz 1 EStG). Die gemäß § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 EStG zum Durchschnittssatzgewinn gehörenden Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens werden demgegenüber in tatsächlicher Höhe nach § 11 EStG im Zeitpunkt ihres Zuflusses erfasst.

Gewinnermittlungszeitraum bei Land- und Forstwirten ist ‑‑unabhängig von der Art der Gewinnermittlung‑‑ das Wirtschaftsjahr (§ 4a Abs. 1 Satz 1 EStG), das regelmäßig einen Zeitraum von zwölf Monaten umfasst (§ 8b Satz 1 EStDV) und sich im Regelfall auf den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) erstreckt. Das Jährlichkeitsprinzip gilt daher auch, wenn der Gewinn nach § 13a EStG ermittelt wird.

Folglich handelt es sich bei dem nach § 13a Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m. Anlage 1a zu § 13a EStG zu ermittelnden Grundbetrag ersichtlich um einen Jahresbetrag. Denn dieser bildet nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelungen den Jahresgewinn aus der landwirtschaftlichen Nutzung pauschal und damit für ein Normalwirtschaftsjahr ab.

Wird ein Betrieb eröffnet, erworben, aufgegeben oder veräußert, darf das Wirtschaftsjahr gemäß § 8b Satz 2 EStDV auch einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten umfassen (sog. Rumpfwirtschaftsjahr). In diesem Fall ist der (Jahres-)Grundbetrag (§ 13a Abs. 4 EStG i.V.m. Anlage 1a zu § 13a EStG) bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG lediglich entsprechend der Zeitdauer des Rumpfwirtschaftsjahres anzusetzen.

Dieses Normenverständnis wurde bis zur Anpassung des § 13a EStG durch das ZollkodexAnpG von den Finanzbehörden geteilt. Seit der Neuregelung des § 13a EStG durch das ZollkodexAnpG hält die Finanzverwaltung hieran jedoch nicht länger fest. Nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2015, 877, Rz 29 sind der Grundbetrag (§ 13a Abs. 4 Satz 2 EStG), der Zuschlag für Tierzucht und Tierhaltung (§ 13a Abs. 4 Satz 3 EStG) und die pauschalen Gewinne für Sondernutzungen (§ 13a Abs. 6 Satz 2 EStG) vielmehr für ein volles Wirtschaftsjahr anzusetzen, auch wenn der Gewinn nach § 13a EStG für ein Rumpfwirtschaftsjahr zu ermitteln ist.

Der BFH folgt dieser Rechtsauffassung nicht. Vielmehr sind auch nach der vorgenannten Gesetzesänderung bei der Ermittlung des Gewinns eines Rumpfwirtschaftsjahres nach Durchschnittssätzen die an jährliche Durchschnittswerte anknüpfenden Komponenten und damit auch der Grundbetrag nach § 13a Abs. 4 EStG nur zeitanteilig anzusetzen.

Die geänderte Verwaltungsauffassung findet im neugefassten Wortlaut der Regelung keine Stütze. Der Gesetzgeber hat diesen im Wesentlichen unverändert beibehalten. Insbesondere hat er an dem in § 4a EStG und § 8b EStDV normierten Jährlichkeitsprinzip sowie dem Umstand festgehalten, dass der nach § 13a EStG i.V.m. Anlage 1a zu § 13a EStG nach Durchschnittssätzen ermittelte Gewinn pauschal den Gewinn eines grundsätzlich zwölf Monate umfassenden Wirtschaftsjahres abbildet.

Soweit im Rahmen der Ermittlung des Gewinns nach Durchschnittssätzen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 3 EStG zu erfassen sind, zählen hierzu bei einem Rumpfwirtschaftsjahr lediglich solche, die im Rumpfwirtschaftsjahr i.S. von § 11 EStG bezogen bzw. geleistet wurden oder als bezogen bzw. geleistet gelten. Daher ist der Zu- bzw. Abflusszeitpunkt zu ermitteln. Eine ggf. aus Vereinfachungsgründen vorgenommene zeitanteilige Zuordnung sieht das Gesetz nicht vor.

Da die klageabweisende Entscheidung des FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, wies der BFH die Entscheidung an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurück.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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