19.07.2012

Zigarettenschmuggel: Zur Einbeziehung der Tabaksteuer in die Bemessungsgrundlage der Einfuhrumsatzsteuer

Wurden in Deutschland sichergestellte in das Zollgebiet der EU geschmuggelte Zigaretten über einen nicht bekannten anderen Mitgliedstaat in das deutsche Steuergebiet verbracht, hat die deutsche Zollverwaltung neben dem auf die Tabakwaren entfallenden Zoll und der Tabaksteuer auch die Einfuhrumsatzsteuer festzusetzen. In diesem Fall ist die entstandene Tabaksteuer der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer hinzuzurechnen.

BFH 22.5.2012, VII R 51/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger mietete Ende 2004 einen Kleintransporter, mit dem ein weiterer Tatbeteiligter (S) aus der Ukraine eingeschmuggelte und später nach Deutschland verbrachte 460.920 Zigaretten zum Zweck ihres Weiterverkaufs innerhalb Deutschlands transportieren wollte. Nachdem S die Zigaretten wie geplant mit dem Fahrzeug zu dem vereinbarten Übergabeort transportiert hatte, der Weiterverkauf jedoch fehlgeschlagen und die angeblichen Käufer den Kleintransporter gewaltsam in ihren Besitz gebracht hatten, wurde dieser von der Polizei angehalten und die darin befindlichen Zigaretten sichergestellt.

Gegen S setzte das beklagte Hauptzollamt die auf die Zigaretten entfallenden Einfuhrabgaben i.H.v. rd. 72.000 € (4.000 € Zoll, 11.000 € Einfuhrumsatzsteuer und 57.000 € Tabaksteuer) fest. Den Kläger, der wegen Beihilfe zur Steuerhehlerei zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, nahm das Hauptzollamt mit Steuerhaftungsbescheid von August 2006 für die vorgenannten Einfuhrabgaben als Haftenden in Anspruch.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage im Wesentlichen ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat Beihilfe zu einer Steuerhehlerei geleistet. Nach § 71 AO haftet er daher für die verkürzten Steuern.

Das FG hat zu Recht entschieden, dass mit dem vorschriftswidrigen Verbringen der Zigaretten aus der Ukraine in das Zollgebiet der Union bzw. ihrem Weitertransport nach Deutschland die Zollschuld gem. Art. 202 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a ZK sowie die Einfuhrumsatzsteuer in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift (§ 21 Abs. 2 UStG) und die Tabaksteuer nach § 19 S. 1 TabStG entstanden sind und die Berechtigung der deutschen Zollbehörden, den auf die geschmuggelten Zigaretten entfallenden Zoll und die Einfuhrumsatzsteuer zu erheben, aus Art. 215 Abs. 1 Anstrich 2 ZK (für die Einfuhrumsatzsteuer i.V.m. § 21 Abs. 2 UStG) folgt, weil nicht festgestellt werden konnte, über welchen Mitgliedstaat die Zigaretten aus der Ukraine in das Zollgebiet der Union gelangt sind.

Die Höhe des durch den Zigarettenschmuggel hinterzogenen Abgabenbetrags, für den der Kläger haftet, ist richtig ermittelt worden. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Tabaksteuer in die Bemessungsgrundlage der Einfuhrumsatzsteuer einzubeziehen ist. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 2 UStG sind die aufgrund der Einfuhr im Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer auf den Gegenstand entfallenden Beträge an (u.a.) Verbrauchsteuern der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer hinzuzurechnen. Da es sich hierbei um eine Vorschrift zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage für die deutsche Einfuhrumsatzsteuer handelt, ist insoweit auch allein der Zeitpunkt des Entstehens der deutschen Einfuhrumsatzsteuer maßgeblich. Daher kommt nicht der davor liegende Zeitpunkt der Einfuhr der Zigaretten in einen anderen Mitgliedstaat in Betracht.

Trotz des vorschriftswidrigen Verbringens der Zigaretten über einen anderen Mitgliedstaat ist die Einfuhrumsatzsteuer im Streitfall nach Art. 215 Abs. 1 Anstrich 2 ZK i.V.m. § 21 Abs. 2 UStG in Deutschland entstanden. Der Zeitpunkt des Entstehens der deutschen Einfuhrumsatzsteuer i.S.d. § 11 Abs. 3 Nr. 2 UStG ist somit der Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen des Art. 215 Abs. 1 Anstrich 2 ZK erfüllt waren, d.h. der Zeitpunkt, in dem die unversteuerten Zigaretten in Deutschland sichergestellt wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Zigaretten bereits in das deutsche Steuergebiet eingeführt und damit die Tabaksteuer gem. § 19 S. 1 TabStG entstanden. Die hinsichtlich der Inanspruchnahme des Klägers als Haftenden nach § 191 Abs. 1 S. 1 AO erforderliche Ermessensentscheidung war i.Ü. rechtlich nicht zu beanstanden.

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