10.03.2016

ZÖD: Auch geänderte Startgutschriftenregelung der VBL für rentenferne Versicherte unwirksam

Der BGH hat hinsichtlich der Zusatzversorgung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst (ZÖD) auch die geänderte Startgutschriftenregelung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für rentenferne Versicherte für unwirksam erklärt. Die in dem BGH-Urteil vom 14.11.2007 (IV ZR 74/06) festgestellte Ungleichbehandlung wird auch durch die Neuregelung der Satzung für eine Vielzahl rentenferner Versicherter nicht beseitigt.

BGH 9.3.2016, IV ZR 9/15 u.a.
Der Sachverhalt:
Die beklagte VBL hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung (VBLS) vom 22.11.2002 stellte die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31.12.2001 (Umstellungsstichtag) von einem an der Beamtenversorgung orientierten Gesamtversorgungssystem auf ein auf dem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem um.

Die neugefasste Satzung enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften. Diese werden als sog. Startgutschriften den Versorgungskonten der Versicherten gutgeschrieben. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten war, in rentennahe und rentenferne Versicherte unterschieden. Grundsätzlich ist rentenfern, wer am 1.1.2002 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, das betraf bei der Systemumstellung ca. 1,7 Mio. Versicherte.

Mit Urteil vom 14.11.2007 (IV ZR 74/06) erklärte der BGH die früheren Startgutschriften für rentenferne Versicherte wegen Verstoßes der zugrunde liegenden Übergangsregelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG für unverbindlich und beanstandete insbesondere eine gleichheitswidrige Benachteiligung von Beschäftigten mit langen Ausbildungszeiten. Daraufhin einigten sich die Tarifvertragsparteien in einem Änderungstarifvertrag vom 30.5.2011 darauf, die bisherige Regelung zur Ermittlung der Startgutschriften im Grundsatz beizubehalten, jedoch durch eine Vergleichsberechnung zu ergänzen, welche unter näher geregelten Voraussetzungen zu einer Erhöhung der Startgutschrift rentenferner Versicherter führen kann. Die Beklagte übernahm diese tarifvertraglichen Vorgaben in § 79 Abs. 1a ihrer Satzung.

Die Kläger der beiden vorliegenden Verfahren (IV ZR 9/15 und IV ZR 168/15) wenden sich im Hinblick auf die ihnen erteilten Startgutschriften gegen diese Neuregelung und bezweifeln ihre Wirksamkeit.

Das OLG gab den Klagen statt. Die Revisionen der Beklagten hatten vor dem BGH keinen Erfolg. Ebenso blieb die Anschlussrevision eines rentenfernen Versicherten, der eine Startgutschrift nach Maßgabe der Übergangsvorschriften für rentennahe Versicherte erstrebte, ohne Erfolg.

Die Gründe:
Die Wirksamkeit der Neuregelung in § 79 Abs. 1a der VBL-Satzung ist umstritten und mittlerweile Gegenstand zahlreicher gegen die VBL erhobener Klagen rentenferner Versicherter, die weiterhin höhere Startgutschriften erstreben. Das OLG ist in diesem Zusammenhang zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die den Klägern erteilten Startgutschriften deren Rentenanwartschaften weiterhin nicht verbindlich festlegen, weil auch die geänderte Satzungsregelung zur Ermittlung der Startgutschriften rentenferner Versicherter gegen den Gleichheitssatz verstößt.

Die in dem BGH-Urteil vom 14.11.2007 (IV ZR 74/06) festgestellte Ungleichbehandlung wird auch durch die Neuregelung der Satzung für eine Vielzahl rentenferner Versicherter nicht beseitigt. Die Anschlussrevision eines rentenfernen Versicherten, der eine Startgutschrift nach Maßgabe der Übergangsvorschriften für rentennahe Versicherte erstrebt hat, war hingegen zurückzuweisen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 53 vom 9.3.2016
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