Zu den Anforderungen an eine Rechnung im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG
Kurzbesprechung
BFH-Beschluss v. 19.3.2025 - XI R 4/22
UStG § 14 Abs 4 S 1 Nr 5, UStG § 14c Abs 2
EGRL 112/2006 Art 203
FGO § 126a
Die Steuerpflichtige, eine GmbH, führte für pharmazeutische Unternehmen Beobachtungsstudien (Studien) durch. In den Jahren 2014 bis 2016 (Streitjahre) war sie für mehrere Auftraggeber tätig. Die vertraglich festgelegten Aufgaben der Steuerpflichtigen umfassten dabei Projektkoordination, Datenmanagement, Honorarverwaltung und die Erstellung von Statusberichten sowie weitere Leistungen nach Absprache. Die Auftraggeber schlossen daneben mit jedem an den Studien teilnehmenden Arzt einen sogenannten "Prüfarztvertrag" ab, wonach dem Arzt jeweils ein Honorar für seine Leistungen, insbesondere für dessen Dokumentationsaufwand, zustand.
Die Steuerpflichtige, die mit den an den Studien teilnehmenden Ärzten selbst keine Verträge abgeschlossen hatte, zahlte im Rahmen der mit den Auftraggebern vereinbarten Honorarverwaltung die Honorare der Ärzte im Auftrag und Namen der Auftraggeber an die Ärzte aus. Hierfür erteilte die Klägerin den Ärzten entsprechende Gutschriften mit Steuerausweis.
In den Streitjahren übersandte die Steuerpflichtige ihren Auftraggebern im Rahmen der Honorarverwaltung sogenannte "Abforderungsschreiben" für Honorare, in denen sie jeweils unter Angabe einer fortlaufenden "Abforderungs-Nr.", einer "Angebots-Nr." der Klägerin, einer "Bestell-Nr." des jeweiligen Auftraggebers, einer Kurzbeschreibung des "Projekts" und eines "Lieferdatums" sowie offen ausgewiesener Umsatzsteuer zur Überweisung der abgeforderten Beträge auf ein von ihrem sonstigen Konto abweichendes "Honorarkonto" aufforderte. Die Steuerpflichtige erfasste die von ihren Auftraggebern abgeforderten Geldbeträge als durchlaufende Posten.
Das FA vertrat die Auffassung, dass der in den "Abforderungsschreiben" vorgenommene Steuerausweis unberechtigt erfolgt sei und die Steuerpflichtige die ausgewiesene Steuer gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG schulde. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Im Revisionsverfahren bestätigte der BFH die Entscheidung der Vorinstanz.
Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet gemäß § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt.
Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis erfüllt eine Rechnung bereits dann, wenn sie den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und Angaben zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Der BFH stellte klar, dass bei der Prüfung, ob eine Rechnung hinreichende Angaben enthält, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, auch im Anwendungsbereich des § 14c UStG Bezugnahmen in der Rechnung auf andere Dokumente zu berücksichtigen sind.
Im Streitfall hatte das FG zutreffend entschieden, dass nach den Verhältnissen des Streitfalls die "Abforderungsschreiben" die Voraussetzungen einer Rechnung im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG erfüllten. Zwar enthielten die "Abforderungsschreiben" selbst keine Leistungsbeschreibung. Sie nahmen jedoch Bezug auf andere Unterlagen. Sie enthielten im Betreff eine fortlaufende "Abforderungs-Nr.", eine "Angebots-Nr." der Steuerpflichtigen, eine "Bestell-Nr." des jeweiligen Auftraggebers, eine Kurzbeschreibung des "Projekts" und ein "Lieferdatum".
Aus den in Bezug genommenen Unterlagen ergab sich, dass die Steuerpflichtige im Hinblick auf die Auszahlung der Honorare der Ärzte "als Zahlstelle" im Namen und im Auftrag ihrer Auftraggeber im Rahmen der mit ihren Auftraggebern vereinbarten Honorarverwaltung fungieren sollte. Weiter ergab sich aus den in Bezug genommenen Unterlagen, dass die Honorare an die Ärzte für deren Dokumentationsleistungen gezahlt werden sollten, die die Ärzte aufgrund einer gesonderten Vereinbarung mit den Auftraggebern der Steuerpflichtigen zu erbringen hatten. Danach forderte die Steuerpflichtige mit den "Abforderungsschreiben" Honorare an, um die Leistungen der Ärzte im Namen und im Auftrag der Auftraggeber im Gutschriftswege abzurechnen.
Auch die von der Steuerpflichtigen in den "Abforderungsschreiben" formulierte Bitte, die Gesamtsumme, also das Entgelt nebst gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer, auf ein von ihrem sonstigen Konto abweichendes "Honorarkonto" zu überweisen, schließt die Annahme einer Rechnung im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG nicht aus. Als Rechnung im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG kommt jedes Dokument in Betracht, mit dem über eine vorgebliche Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet ist.
Steuerschuldner der nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldeten Steuer ist die Steuerpflichtige. Steuerschuldner in den Fällen des § 14c Abs. 2 UStG ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG der Aussteller der Rechnung. Dies war im Streitfall die Steuerpflichtige, da sie auf ihrem Geschäftspapier die "Abforderungsschreiben" erstellt hatte.
Der BFH stellte heraus, dass es nicht in Betracht kommt, die Ärzte als Steuerschuldner im Sinne des § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG anzusehen. Denn sie hatten weder an der Erstellung der "Abforderungsschreiben" mitgewirkt noch sonst auf deren Erstellung hingewirkt. Sie konnten vielmehr davon ausgehen, dass die Steuerpflichtige (nur) mit den ihnen gegenüber erteilten Gutschriften für sie abrechnete. Dass die Ärzte gegen irgendwelche ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen hätten, war nicht feststellbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt
UStG § 14 Abs 4 S 1 Nr 5, UStG § 14c Abs 2
EGRL 112/2006 Art 203
FGO § 126a
Die Steuerpflichtige, eine GmbH, führte für pharmazeutische Unternehmen Beobachtungsstudien (Studien) durch. In den Jahren 2014 bis 2016 (Streitjahre) war sie für mehrere Auftraggeber tätig. Die vertraglich festgelegten Aufgaben der Steuerpflichtigen umfassten dabei Projektkoordination, Datenmanagement, Honorarverwaltung und die Erstellung von Statusberichten sowie weitere Leistungen nach Absprache. Die Auftraggeber schlossen daneben mit jedem an den Studien teilnehmenden Arzt einen sogenannten "Prüfarztvertrag" ab, wonach dem Arzt jeweils ein Honorar für seine Leistungen, insbesondere für dessen Dokumentationsaufwand, zustand.
Die Steuerpflichtige, die mit den an den Studien teilnehmenden Ärzten selbst keine Verträge abgeschlossen hatte, zahlte im Rahmen der mit den Auftraggebern vereinbarten Honorarverwaltung die Honorare der Ärzte im Auftrag und Namen der Auftraggeber an die Ärzte aus. Hierfür erteilte die Klägerin den Ärzten entsprechende Gutschriften mit Steuerausweis.
In den Streitjahren übersandte die Steuerpflichtige ihren Auftraggebern im Rahmen der Honorarverwaltung sogenannte "Abforderungsschreiben" für Honorare, in denen sie jeweils unter Angabe einer fortlaufenden "Abforderungs-Nr.", einer "Angebots-Nr." der Klägerin, einer "Bestell-Nr." des jeweiligen Auftraggebers, einer Kurzbeschreibung des "Projekts" und eines "Lieferdatums" sowie offen ausgewiesener Umsatzsteuer zur Überweisung der abgeforderten Beträge auf ein von ihrem sonstigen Konto abweichendes "Honorarkonto" aufforderte. Die Steuerpflichtige erfasste die von ihren Auftraggebern abgeforderten Geldbeträge als durchlaufende Posten.
Das FA vertrat die Auffassung, dass der in den "Abforderungsschreiben" vorgenommene Steuerausweis unberechtigt erfolgt sei und die Steuerpflichtige die ausgewiesene Steuer gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG schulde. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Im Revisionsverfahren bestätigte der BFH die Entscheidung der Vorinstanz.
Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet gemäß § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt.
Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis erfüllt eine Rechnung bereits dann, wenn sie den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und Angaben zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Der BFH stellte klar, dass bei der Prüfung, ob eine Rechnung hinreichende Angaben enthält, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, auch im Anwendungsbereich des § 14c UStG Bezugnahmen in der Rechnung auf andere Dokumente zu berücksichtigen sind.
Im Streitfall hatte das FG zutreffend entschieden, dass nach den Verhältnissen des Streitfalls die "Abforderungsschreiben" die Voraussetzungen einer Rechnung im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG erfüllten. Zwar enthielten die "Abforderungsschreiben" selbst keine Leistungsbeschreibung. Sie nahmen jedoch Bezug auf andere Unterlagen. Sie enthielten im Betreff eine fortlaufende "Abforderungs-Nr.", eine "Angebots-Nr." der Steuerpflichtigen, eine "Bestell-Nr." des jeweiligen Auftraggebers, eine Kurzbeschreibung des "Projekts" und ein "Lieferdatum".
Aus den in Bezug genommenen Unterlagen ergab sich, dass die Steuerpflichtige im Hinblick auf die Auszahlung der Honorare der Ärzte "als Zahlstelle" im Namen und im Auftrag ihrer Auftraggeber im Rahmen der mit ihren Auftraggebern vereinbarten Honorarverwaltung fungieren sollte. Weiter ergab sich aus den in Bezug genommenen Unterlagen, dass die Honorare an die Ärzte für deren Dokumentationsleistungen gezahlt werden sollten, die die Ärzte aufgrund einer gesonderten Vereinbarung mit den Auftraggebern der Steuerpflichtigen zu erbringen hatten. Danach forderte die Steuerpflichtige mit den "Abforderungsschreiben" Honorare an, um die Leistungen der Ärzte im Namen und im Auftrag der Auftraggeber im Gutschriftswege abzurechnen.
Auch die von der Steuerpflichtigen in den "Abforderungsschreiben" formulierte Bitte, die Gesamtsumme, also das Entgelt nebst gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer, auf ein von ihrem sonstigen Konto abweichendes "Honorarkonto" zu überweisen, schließt die Annahme einer Rechnung im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG nicht aus. Als Rechnung im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG kommt jedes Dokument in Betracht, mit dem über eine vorgebliche Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet ist.
Steuerschuldner der nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldeten Steuer ist die Steuerpflichtige. Steuerschuldner in den Fällen des § 14c Abs. 2 UStG ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG der Aussteller der Rechnung. Dies war im Streitfall die Steuerpflichtige, da sie auf ihrem Geschäftspapier die "Abforderungsschreiben" erstellt hatte.
Der BFH stellte heraus, dass es nicht in Betracht kommt, die Ärzte als Steuerschuldner im Sinne des § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG anzusehen. Denn sie hatten weder an der Erstellung der "Abforderungsschreiben" mitgewirkt noch sonst auf deren Erstellung hingewirkt. Sie konnten vielmehr davon ausgehen, dass die Steuerpflichtige (nur) mit den ihnen gegenüber erteilten Gutschriften für sie abrechnete. Dass die Ärzte gegen irgendwelche ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen hätten, war nicht feststellbar.