14.04.2014

Zu den Grenzen des Vertrauensschutzes in die nationale Umsetzung von Unionsrecht

Bestimmte Verstöße gegen die Bestimmungen der EU-Richtlinie 91/628/EWG - wie etwa die Überschreitung der maximal zulässigen Transportdauer von 28 Stunden für Tiere - sind einer Heilung nicht zugänglich. Ein Ausführer kann sich mit Blick auf den unionsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht darauf berufen, dass der nationale Gesetzgeber die Richtlinie 91/628/EWG fehlerhaft in das nationale Recht umgesetzt hat.

FG Hamburg 8.11.2013, 4 K 109/11
Der Sachverhalt:
Die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse und daraus hergestellte Waren sind in der EU teilweise höher als die Weltmarktpreise. Daher werden für bestimmte Waren Ausfuhrerstattungen gewährt, die den jeweiligen Preisunterschied zwischen Welt- und Binnenmarkt ausgleichen sollen, um die Ausfuhr dieser Waren in Drittländer zu ermöglichen. Der Klägerin wurde die Gewährung von Ausfuhrerstattung für lebende Rinder versagt.

Der Antrag der Klägerin wurde vom beklagten Hauptzollamt mit der Begründung abgelehnt, durch den über 33-stündigen Eisenbahntransports der für Ägypten bestimmten Tiere von Norddeutschland zu einem kroatischen Hafen seien die Tierschutzvorschriften der EU verletzt worden, die die Dauer eines Transports auf maximal 28 Stunden beschränkten.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage geltend, die Dauer des Bahntransportes habe der deutschen Tierschutztransportverordnung entsprochen. Es sei treuwidrig, ihr die begehrte Ausfuhrerstattung unter Hinweis darauf zu versagen, dass der Bahntransport zwar den einschlägigen nationalen Vorschriften entsprochen, jedoch nicht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht gestanden habe.

Das FG wies die Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen und ist beim BFH unter dem Az. VII R 63/13 anhängig.

Die Gründe:
Entsprechend der Entscheidung des EuGH, der vom FG im Fall der Klägerin im Wege des Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung der Tierschutzvorschriften der EU angerufen worden war, ist in der Überschreitung der maximal zulässigen Transportdauer ein Verstoß gegen die maßgebliche EU-Richtlinie (91/628/EWG) zu sehen, der nicht geheilt werden konnte.

Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, obwohl der deutsche Gesetzgeber in der seinerzeit geltenden Tierschutztransportverordnung bestimmt hatte, dass die streitigen Vorschriften des Tierschutzes auf den Schienentransport keine Anwendung finden und die Bundesfinanzverwaltung und das beklagte Hauptzollamt seinerzeit davon ausgegangen waren, dass Tiertransporte mit der Eisenbahn nicht auf maximal 28 beschränkt seien; die Praxis, Ausfuhrerstattungen auch in solchen Fällen zu gewähren wurde erst aufgrund eines Prüfberichts der EU-Kommission beendet, der zeitlich nach dem streitgegenständlichen Transport der Klägerin erstellt wurde.

Die Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist nach der Rechtsprechung des EuGH nur möglich, wenn von einem Unionsorgan eine Lage geschaffen wurde, die ein berechtigtes Vertrauen in deren Fortbestand hervorrufen konnte. Die Tierschutzverordnung als bloß nationales Gesetz hatte klar gegen die EU-Richtlinie und damit gegen höherrangiges Recht verstoßen. In der Verwaltungspraxis des Hauptzollamtes sieht das Gericht ein unionsrechtswidriges Verhalten einer für die Anwendung des Unionsrechts zuständigen nationalen Behörde, das generell kein berechtigtes Vertrauen begründen kann, weil der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht zu einer unterschiedlichen Anwendung des Unionsrechtes in den einzelnen Mitgliedstaaten führen darf.

Linkhinweis:

FG Hamburg NL vom 2.4.2014
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