15.08.2012

Zu den Voraussetzungen eines Ergänzungsbescheides zur nachträglichen Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben

Nach § 179 Abs. 3 AO sind nur solche Feststellungen nachholbar, die in den vorausgegangenen Feststellungsbescheiden "unterblieben" sind. Die Frage, ob ein Feststellungsbescheid lückenhaft ist, d.h. eine notwendig zu treffende Feststellung (hier: der Sonderbetriebsausgaben des Klägers) nicht enthält, ist durch Auslegung dieses Bescheids zu beantworten, wozu auch das Revisionsgericht befugt ist.

BFH 26.4.2012, IV R 19/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Er war Kommanditist der B-KG und zugleich an der Komplementär-GmbH, der B-GmbH, mit einer Stammeinlage von 300.000 DM beteiligt. Das  Stammkapital der B-GmbH betrug 9 Mio. DM.) Der bestandskräftige Feststellungsbescheid für die B-KG für das Streitjahr 2001 datierte vom 18.7.2003. Ausdrückliche Angaben zu Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben enthielten weder dieser Bescheid noch die Feststellungserklärung, und zwar weder für den Kläger noch für die anderen Gesellschafter.

Nach einer Betriebsprüfung beanstandete das Finanzamt eine Teilwertabschreibung i.H.v. 200.000 DM, die der Kläger im Jahr 2001 in seinem Jahresabschluss auf seine Beteiligung an der B-GmbH vorgenommen hatte. Die Bedenken bezogen sich dabei nicht auf die Höhe der Abschreibung, sondern allein darauf, dass die GmbH-Beteiligung des Klägers zu dessen notwendigem Sonderbetriebsvermögen bei der B-KG gehöre und die Teilwertabschreibung daher dort zu erfassen sei. Der Kläger schloss sich dieser Auffassung an und stellte im September 2005 einen Antrag auf Erlass eines Ergänzungsbescheids zum Feststellungsbescheid 2001 der B-KG, welcher allerdings vom Finanzamt abgelehnt wurde.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt und verpflichtete das Finanzamt zum Erlass eines Ergänzungsbescheids zum Feststellungsbescheid 2001 der B-KG, durch den für den Kläger Sonderbetriebsausgaben i.H.v. 200.000 DM festgestellt werden. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte es zu Recht abgelehnt, im Wege eines Ergänzungsbescheids zum Feststellungsbescheid Sonderbetriebsausgaben des Klägers festzustellen.

Der Erlass eines Ergänzungsbescheids zur Feststellung etwaiger Sonderbetriebsausgaben des Klägers kam hier schon deshalb nicht in Betracht, weil über die Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben des Klägers bereits im Feststellungsbescheid der B-KG entschieden worden war. Nach § 179 Abs. 3 AO sind nur solche Feststellungen nachholbar, die in den vorausgegangenen Feststellungsbescheiden "unterblieben" sind. Die Frage, ob ein Feststellungsbescheid lückenhaft ist, d.h. eine notwendig zu treffende Feststellung (hier: der Sonderbetriebsausgaben des Klägers) nicht enthält, ist durch Auslegung dieses Bescheids zu beantworten, wozu auch das Revisionsgericht befugt ist.

Da ein Verwaltungsakt und damit auch ein Feststellungsbescheid mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird, ist bei dessen Auslegung entsprechend den §§ 133, 157 BGB darauf abzustellen, wie der Adressat des Bescheids die Erklärungen der Behörde nach den ihm bekannten Umständen sowie den Grundsätzen von Treu und Glauben verstehen konnte. Infolgedessen war hier kein Ergänzungsbescheid zu erlassen, da der Feststellungsbescheid für die B-KG für das Streitjahr 2001 nicht unvollständig war, sondern allenfalls unrichtig. Er enthielt die - ggf. fehlerhafte - (negative) Feststellung, dass keine Sonderbetriebsausgaben des Klägers zu berücksichtigen waren.

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