17.07.2013

Zu steuerfreien Leistungen an eine Kapitalanlagegesellschaft

Beratungsleistungen, die ein Dritter gegenüber einer Kapitalanlagegesellschaft erbringt, die ein Sondervermögen für Wertpapieranlagen verwaltet, können als Verwaltung von Sondervermögen steuerfrei sein.

BFH 11.4.2013, V R 51/10
Der Sachverhalt:
Nach einem im Dezember 1999 abgeschlossenen Anlageberatungsvertrag beauftragte eine Kapitalanlagegesellschaft (KAG), die einen Publikumsfonds als Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften verwaltete, die Klägerin, sie "bei der Verwaltung des Fondsvermögens zu beraten". Die Klägerin hatte "unter ständiger Beobachtung des Fondsvermögens Empfehlungen für den Kauf oder Verkauf von Vermögensgegenständen zu erteilen". Die Klägerin hatte hierbei "den Grundsatz der Risikomischung, die gesetzlichen Anlagebeschränkungen sowie die Anlagebedingungen zu berücksichtigen". Die Vergütung der Klägerin erfolgte nach einem vom Wert des Sondervermögens berechneten Prozentsatz. Bei der Klägerin handelte es sich nicht um eine KAG.

Im Rahmen des Beratungsvertrags übermittelte die Klägerin in den Streitjahren 1999 bis 2002 Empfehlungen zum An- und Verkauf von Wertpapieren per Telefon, Telefax oder Web-Server, ohne dabei umfangreiche Expertisen zu erstellen. Die KAG stellte die Empfehlungen in ihr Order-System ein, um diese einer Überprüfung zu unterziehen. Die Anlageempfehlungen der Klägerin setzte die KAG - oft innerhalb weniger Minuten - um, soweit kein Verstoß gegen gesetzliche oder sonstige für das Sondervermögen bestehende Anlagegrenzen vorlag. Zu den Empfehlungen über die Zusammensetzung der Fonds-Vermögen traf die KAG hinsichtlich der Vermögenswerte keine eigene Auswahl, ihr verblieb aber die Letztentscheidung und Letztverantwortung. Die Klägerin erhielt Rückmeldungen zur Ausführung der Empfehlungen sowie tägliche Aufstellungen über die Zusammensetzung des von ihr beratenen Investmentvermögens.

Die Entgelte aus diesen Beratungsleistungen behandelte die Klägerin zunächst als steuerpflichtig. Im Rahmen einer Außenprüfung beantragte die Klägerin die Beratungsleistungen als nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG 1999 steuerfrei zu behandeln. Demgegenüber ging der Prüfer - und mit ihm das Finanzamt - von der Steuerpflicht dieser Leistungen aus.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH - nach zwischenzeitlicher Aussetzung des Verfahrens, Vorlage mehrerer Fragen zur Vorabentscheidung an den EuGH und darauffolgendem Urteil "GfBk" (EuGH 7.3.2013, C-275/11) - das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Nach dem EuGH-Urteil GfBk sind die Leistungen der Klägerin entgegen dem Urteil des FG steuerfrei.

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG in seiner in den Streitjahren 1999 bis 2002 geltenden Fassung sind steuerfrei "die Verwaltung von Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen i.S.d. Versicherungsaufsichtsgesetzes". Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer "die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften".

Nach dem EuGH-Urteil GfBk fallen die von einem Dritten gegenüber einer KAG als Verwalterin eines Sondervermögens erbrachten Beratungsdienstleistungen für Wertpapieranlagen unter den Begriff "Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften". Der EuGH führt hierfür an, dass "Leistungen, die in der Abgabe von Empfehlungen zum An- und Verkauf von Vermögenswerten gegenüber einer KAG bestehen, eine enge Verbindung zu der spezifischen Tätigkeit einer KAG aufweisen", und "dass der Umstand, dass Beratungs- und Informationsleistungen nicht in Anhang II der Richtlinie 85/611 in der durch die Richtlinie 2001/107 geänderten Fassung aufgeführt sind", der Steuerfreiheit nicht entgegensteht.

Gegen die Steuerfreiheit spreche auch nicht, "dass die von einem Dritten erbrachten Beratungs- und Informationsleistungen keine Änderung der rechtlichen oder finanziellen Lage des Fonds bewirken"; weiter sei für die Steuerfreiheit unerheblich, dass es "Sache der fraglichen KAG war, die von der GfBk abgegebenen Empfehlungen zum An- und Verkauf von Vermögenswerten nach Überprüfung ihrer Vereinbarkeit mit den Anlagegrenzen umzusetzen", und dass die Steuerfreiheit der durch einen Berater an die KAG erbrachten Leistungen auch nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität führt. Danach sind die Beratungsleistungen der Klägerin, die sie für die KAG erbracht hat, nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerfrei.

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