30.05.2012

Zu Übernachtungskosten und regelmäßiger Arbeitsstätte bei Lkw-Fahrern

Übernachtet ein Kraftfahrer in der Schlafkabine seines Lkw, sind die Pauschalen für Übernachtungen bei Auslandsdienstreisen nicht anzuwenden; liegen Einzelnachweise nicht vor, sind die tatsächlichen Aufwendungen zu schätzen. Bei Kraftfahrern im Fernverkehr erfüllen weder der Lkw-Wechselplatz noch das Fahrzeug die Merkmale einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG.

BFH 28.3.2012, VI R 48/11
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit eine Pauschale für Übernachtungsaufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen ist. Der Kläger war im Streitjahr 2007 als Kraftfahrer im internationalen Fernverkehr tätig. Im Streitjahr übte er seine Tätigkeit in Deutschland, Dänemark, Schweden, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Frankreich und Spanien aus. Der Kläger hatte die Möglichkeit, in der Schlafkabine des von ihm gefahrenen Lkw zu übernachten.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit u.a. Übernachtungspauschalen i.H.v. 5 € für 220 Tage (= 1.100 €) sowie ab Mai 2007 wöchentliche Fahrten zum Lkw-Wechselplatz nach Dänemark als Reisekosten (8 Monate x 4 Fahrten x 132 km x 2 x 0,30 € = 2.534,40 €) geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Übernachtungspauschalen im Einkommensteuerbescheid nicht. Die Fahrten zum Lkw-Wechselplatz berücksichtigte er als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (8 Monate x 4 Fahrten x 132 km x 0,30 € = 1.267,20 €).

Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf uns verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht von einer Berücksichtigung von Aufwendungen für Übernachtungen im Lkw abgesehen. Die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das Finanzamt ist darüber hinaus fehlerhaft, soweit es die vom Kläger als Reisekosten geltend gemachten Aufwendungen als Fahrten zur Arbeitsstätte qualifiziert.

Ein im Ausland tätiger Fernfahrer, der in der Schlafkabine seines Lkw übernachtet, kann nicht die Übernachtungspauschalen der Finanzverwaltung für Auslandsdienstreisen als Werbungskosten geltend machen. Grund hierfür ist, dass diese Pauschalen die tatsächlich angefallenen Aufwendungen beträchtlich überschreiten, so dass ihre Anwendung zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde. Abziehbar sind jedoch die tatsächlich angefallenen Aufwendungen. Liegen Einzelnachweise nicht vor, so ist ihre Höhe zu schätzen. Im Streitfall hatte der Kläger arbeitstäglich Übernachtungskosten i.H.v. 5 € angesetzt. Dieser Betrag war nicht zu beanstanden.

Darüber hinaus gilt, dass ein Fernfahrer die Kosten für die Fahrten von der Wohnung zum Lkw (Lkw-Wechselplatz) in der tatsächlich angefallenen Höhe als Werbungskosten abziehen darf. Vorliegend hatte das Finanzamt zu Unrecht nur die Entfernungspauschale anerkannt, weil es davon ausging, es handle sich um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG. Der Lkw-Wechselplatz ist keine regelmäßige Arbeitsstätte, weil es sich nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt und auch der Lkw selbst ist keine regelmäßige Arbeitsstätte, weil das dafür erforderliche Merkmal einer ortsfesten Einrichtung nicht gegeben ist.

Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Hinsichtlich der Übernachtungsaufwendungen wird es von seiner Schätzungsbefugnis Gebrauch machen und entsprechende Beträge ansetzen. Zusätzlich wird es die tatsächlichen Fahrtkosten zum Lkw-Wechselplatz feststellen und als Reisekosten berücksichtigen.

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BFH PM Nr. 37 vom 30.5.2012
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