10.12.2019

Zum Ausschluss der Betriebsrentenanpassung nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG

Gem. § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG entfällt die grundsätzliche Pflicht des Arbeitgebers, im Abstand von drei Jahren zu prüfen, ob die Betriebsrente anzupassen ist, wenn die Versorgung über eine Pensionskasse durchgeführt wird und ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden. Ferner muss bei Rentenbeginn gewährleistet sein, dass die Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden.

BAG v. 10.12.2019 - 3 AZR 122/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin stand seit April 1983 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Im November 1983 hatte die Beklagte eine Versorgungszusage erteilt, die daraufhin über den Bankenversicherungsverein (BVV), eine Pensionskasse, durchgeführt wurde. Die Klägerin bezieht seit Oktober 2011 vom BVV eine Betriebsrente i.H.v. monatlich 920,07 € brutto.

Mit ihrer am 12.2.2016 eingegangenen Klage begehrte die Klägerin die Anpassung der Betriebsrente zum 1.10.2014. Die Beklagte lehnte allerdings eine Anpassung unter Hinweis auf § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG wegen der Absicherung über den BVV ab. Die Parteien haben zudem darüber gestritten, ob die Voraussetzung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG erfüllt ist, dass ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden. Die Klägerin hat insofern gerügt, es bedürfe einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, eine Regelung nur in der Pensionskassensatzung genüge nicht.

Arbeitsgericht und LAG haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb zwar zum Teil erfolglos, weil diese ihre Forderung falsch berechnet hatte. Im Übrigen führte das Rechtsmittel aber zur Zurückverweisung der Sache an das LAG.

Die Gründe:
Gem. § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG entfällt die grundsätzliche Pflicht des Arbeitgebers, im Abstand von drei Jahren zu prüfen, ob die Betriebsrente anzupassen ist, wenn die Versorgung über eine Pensionskasse durchgeführt wird und ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden. Die in dieser Ausnahmevorschrift genannten Voraussetzungen müssen aufgrund einer unabdingbaren vertraglichen Regelung bei Beginn der Betriebsrentenleistung rechtlich feststehen. Diese Bedingung ist erfüllt, da es sich bei der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Pensionskasse um einen Vertrag zugunsten Dritter handelt, der nicht ohne Zustimmung der Betriebsrentner geändert werden darf.

Außerdem muss bei Eintritt des Versorgungsfalls durch die vertraglichen Regelungen sichergestellt sein, dass die Überschussanteile - falls solche anfallen - weder dem Arbeitgeber noch der Pensionskasse zustehen. Ob die Überschussanteile jeweils entsprechend den versicherungsrechtlichen Vorgaben angemessen und auch sonst richtig berechnet sind, betrifft nicht die Anwendung der betriebsrentenrechtlichen Ausnahmebestimmung, sondern das Verhältnis zwischen Betriebsrentner und Pensionskasse. Zudem muss bei Eintritt des Versorgungsfalls sichergestellt sein, dass die für die Überschussbeteiligung notwendige Abgrenzung der Versicherungsbestände verursachungsorientiert i.S.d. Versicherungsrechts erfolgt und auch bleibt.

Änderungsklauseln in Versorgungsverträgen stehen den vorgenannten Erfordernissen nicht entgegen, da sie strukturelle Veränderungen nicht decken. Dazu gehören auch Neuabgrenzungen des Versicherungsbestandes, die dem Gesichtspunkt der Verursachungsorientierung nicht hinreichend gerecht werden.

Ferner muss bei Rentenbeginn gewährleistet sein, dass die Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden. Insofern ist erforderlich, dass dauernde und ggf. vorübergehende Rentenerhöhungen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Der Anteil der nur befristeten Erhöhung der Betriebsrente darf nicht unangemessen hoch sein; diese Grenze ist etwa bei einem Anteil von 25 % eingehalten. Die den Betriebsrentnern aus den Überschussanteilen gewährten Leistungen müssen letztlich betriebliche Altersversorgung i.S.d. Betriebsrentengesetzes darstellen; Sterbegeld gehört nicht dazu.

Da aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz noch nicht feststeht, ob die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, wurde die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen.
 
BAG PM Nr. 44 vom 10.12.2019
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