08.09.2015

Zum ermäßigten Umsatzsteuersatz auf Krankenfahrten im Verkehr mit Taxen

Die von einem Unternehmer im Auftrag einer Krankenkasse durchgeführten Krankenfahrten unterliegen auch dann als Beförderungsleistungen dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Unternehmer keine gültige Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzt und daher seinerseits einen Subunternehmer mit Konzession zur Durchführung der Krankenfahrten beauftragt hat.

FG Baden-Württemberg 15.7.2015, 1 K 772/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin schloss mit verschiedenen Krankenkassen einen Rahmenvertrag über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten ab. Sie ist verpflichtet, Krankenfahrten zeit-, sach- und verkehrsgerecht zu disponieren und von den ihr angeschlossenen Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen durchführen zu lassen.

Krankenfahrten dürfen nur von Personen mit gültiger Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz und mit Zulassung einer Krankenkasse oder eines Krankenkassenverbands durchgeführt werden. Die Klägerin besitzt keine Konzession. Daher hat sie mit verschiedenen Taxi- und Mietwagenunternehmen mit entsprechenden Zulassungen Kooperationsverträge über die Vergabe, Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten abgeschlossen.

Die Klägerin rechnete mit den Krankenkassen ab und wies in ihren Rechnungen für mit Taxen durchgeführte Krankenfahrten den ermäßigten Mehrwertsteuersatz aus. Das Finanzamt wich von den Steueranmeldungen der Klägerin ab. Seiner Ansicht nach seien nur die Beförderungsleistungen des Konzessionsinhabers an die Klägerin ermäßigt zu besteuern. Für Leistungen der Klägerin an die jeweilige Krankenkasse komme der Regelsteuersatz zur Anwendung.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Die von der Klägerin mit Taxen gegenüber den Krankenkassen erbrachten Leistungen unterliegen als einheitliche Beförderungsleistung dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG.

Dass die Klägerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst erfüllt, sondern sich hierfür anderer Taxi- und Mietwagenunternehmen als Subunternehmer bedient, ist vertraglich ausdrücklich vorgesehen und ändert nichts an der umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und den Krankenkassen. Die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG scheitert demnach nicht daran, dass die Klägerin selbst keine eigenen Fahrzeuge für die Personenbeförderung mit Taxen und keine hierfür notwendige Genehmigung besaß.

Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals dahin, dass nur der Taxiunternehmer selbst in den Genuss der Steuervergünstigung kommen soll. Der Gesetzgeber knüpft die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungsstrecke (Nahverkehr oder Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 km). Beide sind objektiv an die Leistung und nicht an den Leistungserbringer anknüpfende Merkmale, die im Streitfall erfüllt sind.

Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Klägerin oder der von ihr eingeschaltete Subunternehmer eine Konzession besitzt. Aufgrund des allgemeinen Verbrauchsteuercharakters der Umsatzsteuer werden Steuervergünstigungen grundsätzlich nur im Interesse der Letztverbraucher gewährt. Bei der Auslegung ist daher in erster Linie dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass die Preise für den Personennahverkehr durch den ermäßigten Steuersatz verbilligt werden sollen. Aus der Sicht des Letztverbrauchers spielt es keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung eines Taxiunternehmers auf einem Direktauftrag beruht oder der Auftrag weiter vermittelt wurde.

Linkhinweis:

FG Baden-Württemberg PM vom 2.9.2015
Zurück