01.09.2011

Zum Gutglaubensschutz bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen von Pkw

Es würde die Sorgfaltsanforderungen an einen Gebrauchtwagenhändler überspannen, wenn man von ihm detaillierte Kenntnisse über die Gültigkeitsdauer von Personalausweisen verlangen würde. Er ist nach Erfüllung seiner Nachweispflichten gem. §§ 17a ff. UStDV im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (hier: Luxemburg) auch nicht dazu verpflichtet, im Wege einer Google-Anfrage Erkundigungen über den Käufer einzuholen.

FG Düsseldorf 17.6.2011, 1 K 3069/09 U
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt einen Handel mit Gebrauchtfahrzeugen. Sie veräußerte 2004 zwei gebrauchte Pkw, die sie zuvor im Internet zum Verkauf angeboten hatte, für jeweils 20.750 € an eine GmbH in Luxemburg. Im Rahmen des Geschäftes nahmen verschiedene Personen seitens der GmbH Kontakt mit der Klägerin auf. Der Kaufpreis wurde in bar gezahlt. Die beiden Rechnungen erfolgten ohne Ausweis der Umsatzsteuer. Auf den bei der Klägerin verbliebenen Rechnungsexemplaren versicherte ein angeblicher Vertreter der GmbH mit seiner Unterschrift, die Kfz nach Luxemburg auszuführen.

Die Klägerin hatte sich zuvor einen Handels- und Gesellschaftsregisterauszugs aus Luxemburg aus dem Jahr 2003 besorgt, in dem die GmbH aufgeführt war. Außerdem ließ sie sich die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der GmbH im Wege einer einfachen Bestätigungsanfrage vom Bundesamt für Finanzen bestätigen. Daraufhin behandelte sie die Umsätze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

Das Finanzamt stellte später fest, dass die GmbH bereits 1996 aufgelöst worden sei. Nach Auskunft der luxemburgischen Behörden habe jedoch ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Gültigkeit behalten, weil die Liquidation des Unternehmens noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Mangels Feststellbarkeit der tatsächlichen Abnehmer der Fahrzeuge seien die Voraussetzungen des § 6a UStG i.V.m. § 17c UStDV nicht erfüllt. Die Frage des Vertrauensschutzes stelle sich nicht. Die Umsätze von 41.500 € seien der Regelbesteuerung zu unterwerfen.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die Lieferungen waren gem. § 6a Abs. 4 UStG als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen anzusehen.

Danach ist eine Lieferung, die der Unternehmer als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht erkennen konnte. Sind die Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV erfüllt, kann der Unternehmer nach EuGH-Rechtsprechung nur dann einen Vertrauensschutz beanspruchen, wenn er zuvor alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren und von ihm vernünftigerweise zu erwartenden Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt.

Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die Klägerin hatte die formellen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV erfüllt. Danach muss der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen durch Belege nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert hat. Soweit die Behörde geltend machte, die Klägerin hätte wegen des um zwei Tage unzutreffenden Gültigkeitsdatums erkennen müssen, dass der Ausweis des Vertreters der GmbH eine Fälschung war, konnte dem nicht gefolgt werden. Schließlich würde es die Sorgfaltsanforderungen an einen Gebrauchtwagenhändler überspannen, wenn man von ihm detaillierte Kenntnisse über die Gültigkeitsdauer von Personalausweisen verlangen würde. Das gleiche galt hier auch für die abweichenden Unterschriften auf dem vorgelegten Ausweis und auf den vor Ort unterschriebenen Rechnungen.

Außerdem war die Klägerin nicht verpflichtet, weitere Erkundigungen darüber einzuholen, ob die GmbH tatsächlich existierte und ihren Sitz in Luxemburg hatte. Der Handels- und Gesellschaftsregisterauszug reichte insoweit aus. Auch die Tatsache, dass dieser aus dem Jahr 2003 datierte und damit bei Abschluss der Kaufverträge bereits mehr als 20 Monat alt war, führte zu keiner anderen Einschätzung. Denn es lagen keine konkreten Anhaltspunkte für eine Sitzverlegung vor, und die übrigen der Klägerin vorliegenden Unterlagen waren plausibel. Insbesondere war die Klägerin auch nicht verpflichtet, im Wege einer Google-Anfrage Erkundigungen über die GmbH einzuholen.

Linkhinweis:

FG Düsseldorf online
Zurück