12.11.2014

Zum Kindergeldanspruch während eines freiwilligen Wehrdienstes

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der freiwillige Wehrdienst nicht in den Katalog der Berücksichtigungstatbestände nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG aufgenommen wurde. Abhängig von seiner Ausgestaltung und der Art der Durchführung im Einzelfall kann der freiwillige Wehrdienst eine Maßnahme der Berufsausbildung gemäß § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG darstellen.

BFH 3.7.2014, III R 53/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin bezog für ihren 1994 geborenen Sohn Kindergeld, bis dieser - statt wie zunächst geplant eine Ausbildungsstelle anzutreten - ab Oktober 2012 freiwilligen Wehrdienst leistete. Nachdem die Familienkasse vom Antritt des Wehrdienstes erfahren hatte, hob sie die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab Dienstantritt auf, da der Sohn der Klägerin ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch nicht mehr erfülle.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil des FG auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass weder ein Fall des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG noch ein Fall des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG gegeben waren. Es hat allerdings nicht geprüft, ob der freiwillige Wehrdienst eine Berufsausbildung gem. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG darstellte.

Es ist verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass Kinder, die freiwilligen Wehrdienst leisten, im Gegensatz zu Kindern, die andere Freiwilligendienste leisten (insbesondere freiwilliges soziales bzw. ökologisches Jahr, Bundesfreiwilligendienst), nicht ausdrücklich berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass den Eltern während des freiwilligen Wehrdienstes im Unterschied zu anderen Freiwilligendiensten keine Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes entstehen. Der freiwillige Wehrdienst kann aber als Maßnahme der Berufsausbildung dazu führen, dass die Eltern weiterhin Kindergeld erhalten. Voraussetzung dafür ist, dass das Kind im Rahmen des Wehrdienstes für einen militärischen oder zivilen Beruf ausgebildet wird.

Eine Ausbildung für einen militärischen Beruf ist gegeben, wenn der freiwillige Wehrdienst der Heranführung an die Offiziers- oder Unteroffizierslaufbahn dient. Hierfür kommt es darauf an, wie zielstrebig der Wehrdienstleistende diesen Berufswunsch verfolgt und inwiefern bereits der freiwillige Wehrdienst auf dieses Ziel ausgerichtet ist. Wegen der Möglichkeit einer zivilen Ausbildung während des Wehrdienstes ist auf die bereits in früheren BFH-Urteilen entschiedenen Fälle der Ausbildung zum Telekommunikationselektroniker, zum Rettungssanitäter oder zum Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE zu verweisen. Die Ausbildung zum Kraftfahrer ist auch dann Berufsausbildung, wenn sie im Mannschaftsdienstgrad erfolgt und eine zuvor zu durchlaufende allgemeine (militärische) Grundausbildung einschließt.

Die Kindergeldberechtigung der Eltern während des freiwilligen Wehrdienstes des Kindes ist daher abhängig von seiner Ausgestaltung und der Art der Durchführung im Einzelfall. Nachdem das FG dazu keine Feststellungen getroffen hat, konnte nicht abschließend entschieden werden; die Sache war daher an das FG zurückzuverweisen.

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BFH PM Nr. 74 vom 12.11.204
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