06.06.2014

Zum Regelungsgehalt einer Lohnsteueranrufungsauskunft

Die Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG trifft eine Regelung dahin, wie die Finanzbehörde den vom Antragsteller dargestellten Sachverhalt gegenwärtig beurteilt. Entsprechend diesem Regelungsgehalt überprüft das FG die Auskunft sachlich nur daraufhin, ob der Sachverhalt zutreffend erfasst und die rechtliche Beurteilung nicht evident fehlerhaft ist.

BFH 27.2.2014, VI R 23/13
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG. Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand insbes. die Vermittlung von Finanzierungen, Versicherungen, Immobilien, Kapitalanlagen und Arbeit ist. Sie beabsichtigt, ihren Mitarbeitern einschließlich der organschaftlichen Vertreter die Einrichtung eines flexiblen Arbeitszeitmodells anzubieten. Im September 2008 sowie im September 2009 beantragte die Klägerin daher die Erteilung einer Lohnsteueranrufungsauskunft gem. § 42e EStG.

Das Finanzamt erteilte unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 17.6.2009 (- IV C 5-S 2332/07/0004 DOK 2009/0406609 -) u.a. die Auskunft, ein Zeitwertkonto könne für alle Arbeitnehmer eingerichtet werden. Besonderheiten seien insbes. bei Arbeitnehmern, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt seien, zu beachten. Hier führe die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn. Die Errichtung von Zeitwertkonten sei bei diesen Arbeitnehmern nicht anzuerkennen, weil sie mit dem Aufgabengebiet eines Organs einer Körperschaft nicht vereinbar seien. Entsprechendes gelte für Arbeitnehmer, die von der Körperschaft beschäftigt würden, deren beherrschende Gesellschafter sie seien.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht entschieden, das Finanzamt habe der Klägerin eine Lohnsteueranrufungsauskunft mit dem beantragten Inhalt zu erteilen.

Nach § 42e EStG hat das Betriebsstättenfinanzamt auf Anfrage eines Beteiligten darüber Auskunft zu geben, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind. Der Anfragende, vorliegend der Arbeitgeber, hat danach einen Anspruch auf Erteilung der Auskunft über die Anwendung lohnsteuerrechtlicher Vorschriften. Dieser Anspruch bezieht sich nicht nur darauf, dass der Arbeitgeber förmlich zu bescheiden ist. § 42e EStG vermittelt vielmehr einen Anspruch darauf, dass die Anrufungsauskunft inhaltlich richtig ist. Die Vorschrift räumt nicht nur das Recht ein, die Auffassung des Finanzamts zu erfahren, sondern auch Sicherheit über die zutreffende Rechtslage zu erlangen und lohnsteuerliche Rechte und Pflichten in einem besonderen Verfahren im Voraus (ggf. gerichtlich) verbindlich feststellen zu lassen.

Der Arbeitgeber kann daher eine erteilte Anrufungsauskunft nach den allgemeinen Regeln anfechten und Verpflichtungsklage erheben, um eine Auskunft darüber zu erlangen, ob und inwieweit im Einzelfall Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind. Das FG entscheidet dann auch über den Inhalt der Auskunft. Allerdings beschränkt sich die inhaltliche Überprüfung einer Lohnsteueranrufungsauskunft durch das FG nur darauf, ob die gegenwärtige rechtliche Einordnung des zur Prüfung gestellten Sachverhalts in sich schlüssig und nicht evident rechtsfehlerhaft ist. Denn die gerichtliche Kontrolldichte eines angefochtenen Verwaltungsaktes hängt wesentlich von dessen Regelungsaussage ab. Diese erschöpft sich bei einer Lohnsteueranrufungsauskunft darin, wie die Finanzbehörde einen ihr zur Prüfung gestellten typischerweise hypothetischen Sachverhalt im Hinblick auf die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug gegenwärtig beurteilt. Die Lohnsteuerauskunft entscheidet weder über den Einkommensteueranspruch noch setzt sie die Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers fest.

Denn das Lohnsteuerabzugsverfahren ist nur ein Vorauszahlungsverfahren mit vorläufigem Charakter. Seine Besonderheiten und Regelungen wirken nicht in das Veranlagungsverfahren hinein. Auch wird der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Lohnsteuer entsprechend der ihm erteilten Auskunft zu berechnen und abzuführen. So hat die Finanzbehörde den ihr im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft zur Prüfung gestellten Sachverhalt zutreffend zu erfassen. Das Gebot der Durchführung eines fairen Verwaltungsverfahrens fordert auch, dass die Behörde keine Auskunft erteilt, die offensichtlich nicht mit dem Gesetz oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung - soweit sie von der Finanzverwaltung angewandt wird, d.h. kein Nichtanwendungserlass besteht - in Einklang steht. Anhand dieses Maßstabs hat das FG die sachliche Richtigkeit einer erteilten Auskunft zu prüfen. Einer umfassenden inhaltlichen Überprüfung durch das FG bedarf es nicht.

Danach hatte die Klägerin vorliegend keinen Anspruch auf die Erteilung einer Auskunft mit dem von ihr begehrten Inhalt. Die Finanzbehörde hatte auf der Grundlage des vorgelegten Sachverhalts eine Auskunft über den Zufluss künftig fällig werdenden Arbeitslohns bei Gutschrift auf dem Zeitwertkonto eines Organs einer Körperschaft zu erteilen, die auch bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechtsfragen betrifft. Die Behörde hat auf der Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts eine Auffassung über die lohnsteuerrechtlichen Pflichten der Klägerin vertreten, die weder ersichtlich dem Gesetz noch der höchstrichterlichen Rechtsprechung widerspricht. Da die erteilte Auskunft danach den Anforderungen an eine Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG entsprach, konnte eine Verpflichtungsklage auf Erteilung der begehrten für die Klägerin günstigen Lohnsteueranrufungsauskunft keinen Erfolg haben.

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