06.02.2013

Zum Rehabilitationsinteresse des Steuerpflichtigen bei rechtswidrigem Auskunftsersuchen der Steuerfahndung

Zwar hat ein Auskunftsersuchen der Finanzbehörde grundsätzlich keine diskriminierende Wirkung. Ein von der Steuerfahndung im steuerlichen Ermittlungsverfahren gestelltes Auskunftsersuchen ist jedoch rechtswidrig, wenn es den Eindruck erweckt, dass trotz der Einstellung des Strafermittlungsverfahrens weiter wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt werde, hierdurch das Ansehen des Steuerpflichtigen erheblich gefährdet wird und mit einem Auskunftsersuchen durch die Veranlagungsstelle ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte.

BFH 4.12.2012, VIII R 5/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit für eine leitende Tätigkeit in einem Verein erzielt. Im Verlauf eines gegen ihn eingeleiteten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Einkommensteuer- und Umsatzsteuerverkürzung durchsuchte die Steuerfahndung auch die Räume des Vereins. Nach der Einstellung des Strafverfahrens wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung forderte das Finanzamt unter dem Briefkopf der Dienststelle für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung den Verein auf, in dem steuerlichen Ermittlungsverfahren Auskunft darüber zu geben, welche Konten der Verein für den Kläger geführt hatte.

Die von dem Kläger nach der Auskunftserteilung durch den Verein erhobene Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Auskunftsersuchens wies das FG ab. Mit der Revision machte der Kläger im Wesentlichen geltend, das FG habe das aus der Aufhebung des rechtswidrigen Durchsuchungsbeschlusses folgende qualifizierte materielle Verwertungsverbot verkannt. Daraufhin hob der BFH das Urteil des FG auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Das Auskunftsersuchen war unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig, weil es von der Steuerfahndung und nicht von der Veranlagungsstelle stammte.

Zwar hat ein Auskunftsersuchen der Finanzbehörde grundsätzlich keine diskriminierende Wirkung. Dies gilt jedoch nicht, wenn sich daraus - trotz der vollständigen Einstellung des Strafermittlungsverfahrens - der Vorwurf der Steuerhinterziehung herleiten lässt. Genau dies war hier allerdings der Fall, da dem Verein aufgrund der Durchsuchung bekannt gewesen war, dass die Steuerfahndung gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt hatte.

Die Tatsache, dass sich das Finanzamt im Betreff seines Auskunftsersuchens auf ein "steuerliches Ermittlungsverfahren" bezogen hatte, rechtfertigte keine andere Beurteilung. Die Unterscheidung der doppelfunktionalen Aufgabenbereiche der Steuerfahndung, Steuerstraftaten zu erforschen und die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sind dem Rechtsunkundigen nämlich nicht geläufig. Infolgedessen wurde das Ansehen des Klägers in seiner leitenden Tätigkeit für den Verein durch das Auskunftsersuchen der Steuerfahndung erheblich gefährdet. Der Verdacht der Steuerhinterziehung kann bei Dritten grundsätzlich Zweifel an der persönlichen Integrität des Verdächtigen begründen.

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BFH PM Nr. 6 vom 5.2.2013
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