28.01.2014

Zum Vorsteuerabzug aus ursprünglich falsch adressierten und später berichtigten Rechnungen

Ein Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die nicht an den Leistungsempfänger adressiert sind, ist auch dann nicht möglich, wenn in einem späteren Jahr zutreffende Rechnungen erstellt werden. Geht aus den "berichtigten" Rechnungen ein anderer Leistungsempfänger hervor, handelt es sich nicht nur um eine Ergänzung, sondern um eine weitere Rechnung. Widerruft der leistende Unternehmer nicht die dem ursprünglichen Adressaten erteilten Rechnungen, schuldet er zum einen Umsatzsteuer aus der Ausführung der Leistungen und zum anderen nach § 14c Abs. 2 UStG wegen des unberechtigten Steuerausweises gegenüber dem ursprünglichen Adressaten.

FG Münster 16.12.2013, 5 V 1915/13 U

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine GmbH, an der jeweils hälftig L und J beteiligt waren. Die Antragstellerin erbringt "sonstige Dienstleistungen des Sports". Die Gesellschafterin L ist mit der Verpachtung von Reithalle und -ställen Unternehmerin. Die Antragstellerin gab für die Streitjahre 2007 bis 2009 jeweils nicht zustimmungsbedürftige Umsatzsteuer-Erklärungen ab.

In 2009 wurde bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung durchgeführt, die sich auch auf die Umsatzsteuer der Streitjahre bezog. Dabei stellte die Prüferin fest, dass die Antragstellerin Vorsteuern i.H.v. insgesamt rd. 5.500 € für 2007, rd. 5.800 € für 2008 und rd. 3.700 € für 2009 aus Rechnungen geltend gemacht habe, in denen laut Adressfeld Frau L als Leistungsempfängerin bezeichnet gewesen sei. Der Vorsteuerabzug sei daher zu versagen. Mit Änderungsbescheiden setzte das Finanzamt entsprechend Umsatzsteuer sowie Zinsen zur Umsatzsteuer fest.

Gegen diese Umsatzsteuer-Festsetzungen und Zinsfestsetzungen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt lehnte die Aussetzung der Vollziehung ab. Die Antragstellerin beantragt daraufhin die Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht.

Das FG wies den Antrag als unbegründet zurück.

Die Gründe:
Vorliegend bestehen ernstliche Zweifel i.S.d. § 69 Abs. 3 und Abs. 2 FGO weder an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuer-Änderungsbescheide 2007 bis 2009 vom 18.3.2013, mit denen der Vorsteuerabzug aus den an L gerichteten Rechnungen versagt wurde, noch an der Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Zinsen zur USt 2007 bis 2009 vom 18.3.2013.

Eine Rechnung, die zum Abzug der ausgewiesenen Vorsteuer berechtigen soll, muss den Namen und die Anschrift des Leistungsempfängers enthalten, § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG. Eine Rechnung kann gem. § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG i.V.m. § 31 Abs. 5 Buchst. b UStDV berichtigt werden, wenn Angaben in der Rechnung unzutreffend sind. Dazu müssen die fehlenden oder unzutreffenden Angaben durch ein Dokument, das eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, übermittelt werden. Im Streitfall liegen solche berichtigten Rechnungen aber nicht vor. Insofern kann die Antragstellerin den streitigen Vorsteuerabzug nicht erfolgreich geltend machen. Nach den in den Streitjahren ursprünglich erteilten Rechnungen ist sie nicht die Leistungsempfängerin der abgerechneten Leistungen, da die Rechnungen sich an L richten und keinen Hinweis auf den Namen der Antragstellerin als Leistungsempfängerin enthalten.

Aber selbst wenn berichtigte Rechnungen vorgelegt worden wären, hätten diese für die Streitjahre keine (Rück-)Wirkung entfalten können, ungeachtet dessen, dass laut EuGH bis zum Ergehen der (letzten) Verwaltungsentscheidung die Möglichkeit bestehen würde, dass erfolgte Rechnungsberichtigungen Rückwirkung auf den Zeitraum der ursprünglich und fehlerhaft ausgestellten Rechnungen auslösen. Es handelt sich hier um keinen offensichtlichen Fehler, der das Steueraufkommen nicht gefährdet hätte. Vielmehr war in den ursprünglichen Rechnungen ein anderer Unternehmer als die Antragstellerin bezeichnet, so dass zumindest die abstrakte Gefahr bestand, dass dieser den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen geltend macht, obwohl die Leistungen tatsächlich nicht an ihn bewirkt worden sind. Die Einzelunternehmerin L, an die die Rechnungen gerichtet waren, ist ein von der Antragstellerin zu unterscheidendes Steuersubjekt.

Dabei ist es nicht entscheidend, dass das Unternehmen der Antragstellerin und das der L die gleiche Anschrift hatten, ob L den Vorsteuerabzug für ihr Unternehmen tatsächlich überhaupt geltend gemacht hat und ob L überhaupt steuerpflichtige Ausgangsumsätze hat, die ihr einen Vorsteuerabzug ermöglichen. Geht aus nunmehr "berichtigten" Rechnungen ein anderer - neuer - Leistungsempfänger hervor, handelt es sich bei ihnen nicht nur um eine Rechnungsergänzung, sondern um eine weitere Rechnung. Widerruft der jeweilige leistende Unternehmer nicht die der Unternehmerin L erteilten Rechnungen, schuldet er zum einen Umsatzsteuer aus der Ausführung der Leistungen und zum anderen nach § 14c Abs. 2 UStG wegen des unberechtigten Steuerausweises gegenüber L.

Vorliegend ist nicht feststellbar, dass die leistenden Unternehmer jeweils die Gefährdung des Steueraufkommens i.S.v. § 14c Abs. 2 S. 3 bis 5 UStG beseitigt haben. Es liegen keine Beweismittel dazu vor, ob L aus den streitigen Rechnungen den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat und ob die leistenden Unternehmer ihre ursprünglichen Rechnungen widerrufen haben. Dem Senat liegen auch keine Beweismittel dafür vor, dass die leistenden Unternehmer jeweils die Berichtigung ihrer nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldeten Steuerbeträge bei ihrem Finanzamt schriftlich beantragt haben und ihr Finanzamt jeweils der Berichtigung zugestimmt hat.

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