09.11.2011

Zum Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Installation von Photovoltaikanlagen

Der BFH hat sich in drei Urteilen zu den Voraussetzungen und zum Umfang eines Vorsteuerabzugs im Zusammenhang mit der Installation einer Photovoltaikanlage zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie geäußert. Danach ist ein (privater) Betreiber einer solchen Anlage, der den mit seiner Anlage erzeugten Strom kontinuierlich an einen Energieversorger veräußert, insoweit umsatzsteuerrechtlich Unternehmer und damit grundsätzlich zum Abzug der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer aus Aufwendungen berechtigt, die mit seinen Umsätzen aus den Stromlieferungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang stehen.

BFH 19.7.2011, XI R 29/09 u.a.
Der Sachverhalt:

+++ XI R 29/09 +++
Im Streitjahr 2006 errichtete der Kläger auf seinem Grundstück, das mit einem von ihm bewohnten Haus bebaut war, einen Holzschuppen mit einer Grundfläche von 135 qm. Daraufhin ließ er eine zuvor von ihm anderweitig betriebene Photovoltaikanlage (PV-Anlage) abmontieren und auf dem Dach des Holzschuppens wieder installieren.

Für die Errichtung des Holzschuppens sowie die Demontage und Montage der PV-Anlage machte der Kläger in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung Vorsteuerbeträge geltend. Das Finanzamt gewährte den Vorsteuerabzug jedoch nur insoweit, als die Aufwendungen seiner Auffassung nach unmittelbar der PV-Anlage zugeordnet werden konnten, nicht aber, soweit sie mit der Errichtung des Holzschuppens in Zusammenhang standen.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

+++ XI R 21/10 +++
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks. Im Streitjahr 2008 erweiterte er die Dachfläche der auf dem Grundstück vorhandenen Wagenremise durch den Anbau eines Carports, der seither zum Unterstellen eines privat genutzten Pkw verwendet wird. Auf der Dachfläche installierte der Kläger eine PV-Anlage, mit der er Strom erzeugt, den er an einen Energieversorger veräußert. Über den Betrieb der PV-Anlage hinausgehend ist der Kläger nicht unternehmerisch tätig.

In der Umsatzsteuer-Voranmeldung machte der Kläger Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungs-/Herstellungskosten der PV-Anlage und der Dacherweiterung geltend. Das Finanzamt vertrat hingegen die Ansicht, dass Vorsteuerbeträge, die auf die Errichtung des Carports entfielen, nicht abziehbar seien, weil das Gebäude nicht unternehmerisch genutzt werde und in keinem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der unternehmerisch genutzten PV-Anlage stehe.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

+++ XI R 29/10 +++
Der Kläger deckte im Streitjahr 2006 das Dach seiner ca. 1920 erbauten Scheune mit Tonziegeln neu ein und errichtete auf der Südseite des Daches eine PV-Anlage. Von der neu eingedeckten Dachfläche machte die mit der PV-Anlage bedeckte Südseite einen Anteil von 57,43 Prozent aus. Der Kläger lieferte aufgrund eines Einspeisungsvertrags Strom an ein Energieunternehmen, verzichtete gegenüber dem Finanzamt auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG und erklärte in seiner Umsatzsteuerjahreserklärung für 2006 steuerpflichtige Umsätze aus der Stromeinspeisung sowie Vorsteuerbeträge aus der Errichtung der PV-Anlage.

Das Finanzamt berücksichtigte in dem Umsatzsteuerbescheid für 2006 lediglich abziehbare Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungskosten der PV-Anlage sowie weitere nach Ansicht des Finanzamts im direkten Zusammenhang mit der PV-Anlage stehende Vorsteuerbeträge. Die auf die Neueindeckung des Daches entfallenden Vorsteuerbeträge erkannte es dagegen nicht als abziehbar an.

Das FG gab der auf Berücksichtigung zusätzlicher Vorsteuerbeträge gerichteten Klage teilweise statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Die Gründe:
Ein (privater) Betreiber einer PV-Anlage, der den mit seiner Anlage erzeugten Strom kontinuierlich an einen Energieversorger veräußert, ist insoweit umsatzsteuerrechtlich Unternehmer. Er ist damit grundsätzlich zum Abzug der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer aus Aufwendungen berechtigt, die mit seinen Umsätzen aus den Stromlieferungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang stehen.

+++ XI R 29/09 +++
In diesem Fall kann der Stromerzeuger den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Schuppens nur teilweise beanspruchen, nämlich nur insoweit, als er das gesamte Gebäude für die Stromlieferungen unternehmerisch nutzt. Voraussetzung ist allerdings, dass diese unternehmerische Nutzung des Schuppens mindestens 10 Prozent der Gesamtnutzung beträgt. Denn nach dem UStG gilt die Lieferung eines Gegenstands (hier: Schuppens), den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt (sog. unternehmerische Mindestnutzung), als nicht für das Unternehmen ausgeführt.

+++ XI R 21/10 +++
In diesem Fall kann der Stromerzeuger den Carport insgesamt seinem Stromerzeugungs-Unternehmen zuordnen. Er war nach damaliger Rechtslage zwar in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Carports berechtigt, falls die unternehmerische Nutzung des gesamten Carports mindestens 10 Prozent betrug, musste dann aber die private Verwendung des Carports als sog. unentgeltliche Wertabgabe versteuern.

(Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass nach einer am 1.1.2011 in Kraft getretenen Änderung des UStG der Vorsteuerabzug in derartigen Fällen nur noch teilweise möglich ist. Nach § 15 Abs. 1b UStG ist der Vorsteuerabzug u.a. für Lieferungen und sonstige Leistungen ausgeschlossen, soweit diese nicht auf die unternehmerische Verwendung eines Gebäudes entfallen.)

+++ XI R 29/10 +++
In diesem Fall kann der Stromerzeuger den Vorsteuerabzug aus den Aufwendungen für die Neueindeckung des Daches nur teilweise beanspruchen, nämlich nur insoweit, als er das gesamte Gebäude für die Stromlieferungen unternehmerischen nutzt. Hier gilt die 10-Prozent-Grenze nicht, weil es nicht um Herstellungskosten eines gelieferten Gegenstands geht, sondern um Erhaltungsaufwendungen in Form von Dienstleistungen.


Den unternehmerischen Nutzungsanteil an dem jeweiligen Gebäude hat der Unternehmer im Wege einer sachgerechten und von der Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung zu ermitteln. Dabei kommt ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch bzw. privat genutzten inneren Teil des Gebäudes einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer PV-Anlage gegenübergestellt wird.

Vorliegend waren daher alle drei Verfahren an die Finanzgerichte zurückzuverweisen, damit diese den jeweiligen unternehmerischen Nutzungsanteil ermitteln.

Linkhinweis:

  • Die Volltexte sind auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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BFH PM Nr. 90 vom 9.11.2011
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