14.11.2014

Zur Abgrenzung zwischen Bauwerk und Betriebsvorrichtung

In das Bauwerk eingebaute Anlagen sind nur dann Bestandteil des Bauwerks, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung sind, d.h. die Anlage muss hierfür eine Funktion für das Bauwerk selbst haben. Dient die Anlage demgegenüber eigenen Zwecken (hier: Herstellung von Reinraumbedingungen für einen betrieblichen Produktionsvorgang), ist sie kein Bauwerksbestandteil; Betriebsvorrichtungen sind danach keine Bauwerke i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 4 S. 1 UStG a.F.

BFH 28.8.2014, V R 7/14
Der Sachverhalt:
Die klagende KG ist im Anlagebau tätig und entwickelte eine aus 18 Einzelbauteilen bestehende Entrauchungsanlage für industrielle Großfeuerungsanlagen, speziell für sog. Ziehöfen. Die Anlage diente der Abfilterung der von den Ziehöfen ausgehenden Abwärme und der von ihnen abgegebenen Staubpartikel, um einen störungsfreien Betrieb der in den Werk- und Maschinenhallen von Produktionsunternehmen aufgebauten Ziehöfen zu gewährleisten.

Die Klägerin baute die von ihr entwickelte Entrauchungsanlage in die Produktionshallen eines Kunden ein. Für den Einbau und die Montage nahm die Klägerin die Leistungen von zwei Fremdunternehmen in Anspruch, die ihre Leistungen gegenüber der Klägerin mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer abrechneten. Die Klägerin nahm hieraus den Vorsteuerabzug in Anspruch.

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass die Klägerin für die von ihr von den beiden Firmen für Einbau und Montage bezogenen Leistungen Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 Nr. 4 S. 1 und Abs. 2 S. 2 UStG 2009 (UStG a.F.) gewesen sei und änderte die Umsatzsteuerfestsetzungen Januar bis April 2009 entsprechend.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin nicht als Leistungsempfänger Steuerschuldner für die von ihr bezogene Leistung war.


Gem. § 13b Abs. 1 Nr. 4 S. 1 UStG a.F. entsteht bei "Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen" die Steuer "mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats". Hierfür schuldet der Leistungsempfänger gem. § 13b Abs. 2 S. 2 UStG a.F. "die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, der Leistungen i.S.d. Absatzes 1 S. 1 Nr. 4 S. 1 erbringt". Bauwerke i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 4 S. 1 UStG a.F. sind unbewegliche, durch Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sachen. Betriebsvorrichtungen gehören nicht hierzu.

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Entrauchungsanlage eine Betriebsvorrichtung ist. Dies ergibt sich nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) daraus, dass die Werkshallen, in die die streitgegenständliche Entrauchungsanlage eingebaut wurde, bereits über ein eigenes Klimaanlagensystem verfügten und die Entrauchungsanlage demgegenüber der Herstellung von Reinraumbedingungen für einen betrieblichen Produktionsvorgang (hier: Herstellung von Solarzellenplatten) diente. Dies steht in Einklang mit der BFH-Rechtsprechung zu § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG.

In das Bauwerk eingebaute Anlagen sind nur dann Bestandteil des Bauwerks, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung sind. Die Anlage muss hierfür eine Funktion für das Bauwerk selbst haben. Dient die Anlage demgegenüber eigenen Zwecken, indem sie z.B. durch Stromerzeugung eine Einnahmequelle verschaffen soll, ist sie kein Bauwerksbestandteil. Nicht zu den Bauwerksbestandteilen gehören danach Betriebsvorrichtungen. Sie dienen gegenüber dem Bauwerk eigenständigem Zweck. Sie haben keine Funktion für das Bauwerk, sondern sind dort lediglich untergebracht. Ihr Einbau führt zu keiner Änderung des Bauwerks.

Dass Betriebsvorrichtungen für die Frage der Steuerschuldnerschaft keine Bauwerks- und damit auch keine Grundstücksbestandteile sind, wird durch das Unionsrecht bestätigt. Demgegenüber kommt entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung eine Auslegung entsprechend der Baubetriebe-Verordnung, die nach ihrem § 1 Abs. 1 zur Durchführung von § 101 Abs. 2 des SGB III dient, nicht aber zur Anwendung von § 13b UStG a.F. ergangen ist, nicht in Betracht. Soweit die Finanzverwaltung davon ausgehen sollte, dass Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen und Gaststätteneinrichtungen auch dann als Teile eines Bauwerks anzusehen sein sollen, wenn es sich bei ihnen um Betriebsvorrichtungen i.S.v. § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG handelt, schließt sich der erkennende Senat dem nicht an.

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