28.01.2013

Zur Behandlung einer (Rück-)Übertragung von Beteiligungen an Immobilienfonds als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG

Eine Veräußerung von Anteilen an Immobilienfonds i.S.d. § 23 Abs. 1 EStG liegt auch dann vor, wenn sie an die Schwestergesellschaft der ursprünglichen Vertriebsgesellschaft der Fonds erfolgt, nachdem der Steuerpflichtige gegen Letztere Klage auf Schadenersatz aus Prospekthaftung Zug um Zug gegen Rückübertragung der Fondsanteile erhoben hat und ihm daraufhin die Schwestergesellschaft anbietet, die Fondsanteile unter der Bedingung der Klagerücknahme abzukaufen. Hierin liegt keine Rückabwicklung des ursprünglichen Anschaffungsgeschäftes.

FG Münster 13.12.2012, 6 K 2989/10 E
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger mit der Veräußerung von Beteiligungen an zwei Immobilienfonds Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erzielt hat. Der Kläger beteiligte sich in der Vergangenheit mehrfach an geschlossenen Immobilienfonds. U.a. erwarb er zum 30.12.1998 Anteile an der A-GmbH & Co. KG und zum 30.12.1999 Anteile an der B-GmbH & Co. KG. Diese beiden Beteiligungen entwickelten sich nachfolgend nicht wie gewünscht. Der Kläger war der Auffassung, dass die Emmissionsprospekte der beiden Fonds fehlerhaft gewesen seien und er deshalb deren Erwerb rückgängig machen könne.

Mit diesem Ziel beteiligte er sich im Dezember 2004 an Sammelklageverfahren u.a. gegen die damalige Vertriebsgesellschaft, die Immobilienbeteiligungs- und Vertriebsgesellschaft der B-Gruppe mbH (B), die damals die Fondsbeteiligungen vertrieben hatte. Mit den Klagen, an welchen sich mehrere hundert Kläger beteiligten, begehrte der Kläger die Zahlung von Schadensersatz aus Mängelhaftung und Prospekthaftung Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligungen an den beiden Fonds. Während der laufenden Klageverfahren unterbreitete die C-Beteiligungs- und Management GmbH (C-GmbH) allen Anlegern der beiden Immobilienfonds am 14.11.2005 jeweils ein inhaltsgleiches Angebot, die Fondsanteile abzukaufen. Bedingung für den Ankauf war u.a., dass die Anleger etwaige Klagen gegen die B zurücknehmen. Dabei gehört die C-GmbH ebenso wie die B zum Konzern der Bankgesellschaft Y-AG.

Der Kläger nahm die Ankaufsangebote der C-GmbH mit Wirkung zum 30.9.2006 an, nachdem er die Klagen vor dem LG zuvor zurückgenommen hatte. Das Finanzamt wertete dies als steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gem. § 23 EStG und setzte entsprechend höhere Einkommensteuer fest. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er ist der Ansicht, es handele sich vielmehr - jedenfalls wirtschaftlich - um Rückabwicklungen der Anschaffungsgeschäfte.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Der Kläger hat mit dem Verkauf seiner Fondsanteile zum 30.9.2006 Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erzielt.

Gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung liegen u.a. bei Grundstücken und Kommanditbeteiligungen an Immobilienfonds in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft private Veräußerungsgeschäfte vor, die zu sonstigen Einkünften (§ 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2 EStG) führen, wenn es sich um Veräußerungsgeschäfte handelt, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Vorliegend hat der Kläger mit den Übertragungen seiner Beteiligungen an den beiden Fonds zum 30.9.2006 entsprechende Veräußerungsgeschäfte getätigt. Dies geschah auch entgeltlich und innerhalb von zehn Jahren.

Die Anteilsübertragungen erfolgten auch nicht in Erfüllung einer nicht steuerbaren Rückabwicklung der Anschaffungsgeschäfte. Eine Veräußerung i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG liegt trotz der Übertragung einer Beteiligung auf einen Dritten nicht vor, wenn sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft lediglich in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt hat und die Übertragung in Erfüllung des Rückabwicklungsverhältnisses erfolgt, denn die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsgutes stellt hierbei keinen gesonderten "marktoffenbaren" Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar. Vorliegend erfolgten die Übertragungen der Fondsanteile jedoch aufgrund neuer im Jahr 2006 geschlossener Kauf- und Übertragungsverträge.

Insofern brauchte nicht darüber entschieden zu werden, ob ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG auch dann vorgelegen hätte, wenn der Kläger seine zivilrechtlichen Klagen vor dem LG nicht zurückgenommen, sondern obsiegt hätte und somit die B zu Schadenersatz aus Prospekthaftung Zug um Zug gegen Übertragung der beiden Vorbeteiligungen verurteilt worden wäre. Zu einer entsprechenden Verurteilung der B ist es aufgrund einer freien Entscheidung des Klägers, die Angebote der C-GmbH anzunehmen und die zivilrechtlichen Klagen zurückzunehmen, nicht gekommen. Was den Kläger zu dieser Entscheidung bewogen haben mag, etwa die Einschätzung des eigenen Prozessrisikos, die laufenden Kosten der Verfahren, die begehrte schnelle Liquidität, das Insolvenzrisiko der Beklagten oder der Glaube daran, dass der Hinweis der C-GmbH auf private Veräußerungsgeschäfte unrichtig sei, kann dahingestellt bleiben.

Dafür, dass in den Kauf- und Übertragungsverträgen aus dem Jahr 2006 nicht lediglich eine besondere Art der Rückabwicklung der Ankaufsverträge aus den Jahren 1998 und 1999 zu sehen ist, spricht zudem, dass der Kläger seine Beteiligungen auf einen Dritten, die C-GmbH, und nicht die damalige Verkäuferin (zurück-)übertragen hat. Die C-GmbH war an den Verträgen in den Jahren 1998 und 1999 nicht beteiligt. Auch die Tatsache, dass der im Jahr 2006 geregelte Kaufpreis nicht auf den vollen Kaufpreisen aus den Jahren 1998 und 1999 basiert, sondern auf 80 Prozent der Nominalbeteiligungen, spricht gegen Annahme eines echten Rückabwicklungsverhältnisses.

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