23.11.2012

Zur Berücksichtigung der Unterkunftskosten im Rahmen eines Studiums

Kosten der Unterkunft eines Studenten am Studienort können als vorab entstandene Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG in Abzug gebracht werden, wenn der Studienort nicht der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen ist; § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG kommt schon deshalb nicht zur Anwendung, weil eine Hochschule kein Beschäftigungsort im Sinne der Vorschrift ist. Ein Student, der seinen Lebensmittelpunkt an den Studienort verlagert hat, ist regelmäßig nicht auswärts untergebracht i.S.d. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG.

BFH 19.9.2012, VI R 78/10
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Höhe der Werbungskosten für ein Studium. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Der 1984 geborene Kläger erzielt Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er absolvierte nach Erlangung der Mittleren Reife das Kaufmännische Berufskolleg Fremdsprachen an der X-Schule in Y. Dort erwarb er nach erfolgreicher Abschlussprüfung im Juli 2004 neben der allgemeinen Fachhochschulreife den Abschluss als "Staatlich geprüfter Wirtschaftsassistent". Seit dem Wintersemester 2004/ 2005 studiert der Kläger, der in B beheimatet ist, an der Fachhochschule Z im Studiengang ABC-Weltwirtschaftssprachen. Er wohnt dort zur Miete.

In den Streitjahren machte der Kläger Aufwendungen für das Studium als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 5.499 € (2004) und 12.482 € (2005) geltend. Zu den geltend gemachten Aufwendungen zählen u.a. Kosten einer doppelten Haushaltsführung i.H.v. 1.357 € (2004) bzw. 6.439 € (2005). Das Finanzamt sah sämtliche Ausgaben als Berufsausbildungskosten i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG an und ließ sie nur i.H.v. 4.000 € zum Abzug zu.

Das FG wies die Klage ab. Der BFH hob die Entscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Der Senat vertrat die Auffassung, dass § 12 Nr. 5 EStG dem Abzug der Studienaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht entgegenstehe. Im zweiten Rechtsgang, in dem der Kläger die zusätzliche steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für sein Studium i.H.v. 1.163 € (2004) bzw. 6.727 € (2005) beantragte, kam das FG zu der Auffassung, dass die Aufwendungen des Klägers für sein Studium dem Grunde nach als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien.

Die Wohnungskosten am Studienort könnten jedoch gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG keine Berücksichtigung finden, da die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorlägen. Als Werbungskosten könnten daher nur Aufwendungen i.H.v. 3.806 € (2004) bzw. 3.688 € (2005) angesetzt werden. Da in den angefochtenen Bescheiden bereits jeweils Sonderausgaben i.H.v. 4.000 € gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Abzug gebracht worden seien, sei die Klage abzuweisen. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache erneut zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Als Werbungskosten abziehbar sind sämtliche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Bildungsmaßnahme stehen, also i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG beruflich veranlasst sind. Hierzu gehören z.B. Fahrt- bzw. Mobilitätskosten. Da die Kosten für beruflich veranlasste auswärtige Übernachtungen zu den im Rahmen des objektiven Nettoprinzips abziehbaren beruflichen Aufwendungen gehören, können - wie bei einer Auswärtstätigkeit - grundsätzlich auch die durch eine Bildungsmaßnahme veranlassten Unterkunftskosten Werbungskosten gem. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sein.

Entgegen der Auffassung des FG kommt § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG nicht zur Anwendung. Eine doppelte Haushaltsführung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch wohnt. Eine arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung, wie eine Universität, ist jedoch nicht als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Sucht ein Steuerpflichtiger, wie im Streitfall, eine solche Einrichtung auf, kommt § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG ebenso wenig wie bei der Auswärtstätigkeit eines Arbeitnehmers in Betracht.

Kosten der Unterkunft sind jedoch nur dann durch die Bildungsmaßnahme und damit beruflich veranlasst, wenn es sich dabei um notwendige Mehraufwendungen handelt. Das ist nur dann der Fall, wenn der Ort der Bildungsmaßnahme, hier der Studienort, nicht der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen ist und die Unterkunft dort zur Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts hinzukommt. Vorliegend hat das FG nicht geprüft, ob sich der Lebensmittelpunkt des Klägers auch im Streitjahr weiterhin in B befand. Die Führung eines eigenen Hausstands durch den Kläger war zwar zu verneinen, weil dieser in den elterlichen Haushalt eingegliedert war. Dies ist jedoch für die Abziehbarkeit von Unterkunftskosten gem. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG kein Kriterium.

Kommt ein Abzug der Unterkunftskosten gem. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG nicht in Betracht, scheidet auch eine steuerliche Berücksichtigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG aus. Zwar ist, wie der Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 EStG deutlich macht, entgegen der Auffassung der Vorinstanz ein Sonderausgabenabzug grundsätzlich zulässig, wenn konkrete Bildungskosten die Voraussetzungen des § 9 EStG nicht erfüllen und damit keine Werbungskosten sind. Unterkunftskosten sind jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG - also bei einer auswärtigen Unterbringung-- abziehbar. Bei einem steuerpflichtigen Studenten, der seinen Lebensmittelpunkt an den Studienort verlagert hat, kann regelmäßig nicht von einer auswärtigen "Unterbringung" ausgegangen werden.

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