22.05.2012

Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen bei der Kostenfestsetzung im Hinblick auf zum Vorsteuerabzug berechtigte Prozessbevollmächtigte

Sind bleibende Ausgaben für vorsteuerabzugsberechtigte Prozessbevollmächtigte einer Partei in Form gezahlter Umsatzsteuer wegen der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs nicht gegeben, dürfen dem Mandanten als Auftraggeber die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge nicht in Rechnung gestellt werden. Dementsprechend können diese bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt werden.

BGH 17.4.2011, VI ZB 46/11
Der Sachverhalt:
Die Parteien beendeten einen Rechtsstreit durch Vergleich. Von den Kosten sollten der Kläger 20 und der Beklagte 80 Prozent tragen. Der Kläger beantragte daraufhin Kostenfestsetzung. Die Reisekosten seiner vorsteuerabzugsberechtigten Prozessbevollmächtigten machte er unter Vorlage von Belegen einschließlich der Umsatzsteuer geltend. Das LG setzte die Gebühren und Auslagen ohne Reisekosten der Prozessbevollmächtigten des Klägers an, und rechnete die Umsatzsteuer hinzu. Die Reisekosten setzte es gesondert in Höhe der geltend gemachten Bruttobeträge (inkl. Umsatzsteuer) nach Berechnung der Umsatzsteuer auf die übrigen Kosten an, weil die Umsatzsteuer in den geltend gemachten Reisekosten bereits enthalten sei.

Der Kläger legte sofortige Beschwerde ein und beanstandete, dass das LG die Reisekosten nicht vor der Berechnung der Umsatzsteuer in den Kostenansatz eingestellt hat. Das OLG änderte die Kostenfestsetzung des LG nur minimal zu Gunsten des Klägers ab. Da die Prozessbevollmächtigten des Klägers zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, dürften sie für die Benutzung von Verkehrsmitteln wie Taxi, Bahn oder Flugzeug oder für die Übernachtung nur die hierfür angefallenen Nettobeträge ansetzen. Auf diese sei nach Nr. 7008 VV RVG die Umsatzsteuer aufzuschlagen.

Die Auslagen dienten nämlich dem Ersatz tatsächlicher Aufwendungen. Tatsächliche Aufwendungen für Geschäftsreisen habe der Rechtsanwalt nur insoweit, als er nachhaltig aus seinem Vermögen für anlässlich einer Geschäftsreise anfallende Unkosten aufkommen müsse. Das sei bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Rechtsanwalt hinsichtlich der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer auf das Beförderungs- bzw. Übernachtungsentgelt bzw. den Benzinpreis nicht der Fall, weil er den Vorsteuerabzug geltend machen könne. Auch die Kostenerstattung für die obsiegende Partei umfasse nur angefallene notwendige Gebühren und Auslagen.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers, mit der er die Festsetzung der Umsatzsteuer auf die geltend gemachten Bruttobeträge der Reisekosten seiner damaligen Prozessbevollmächtigten weiterverfolgt, hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das Beschwerdegericht geht mit Recht von den Nettobeträgen der Reisekosten der vorsteuerabzugsberechtigten Prozessbevollmächtigten des Klägers aus und setzt sodann die Umsatzsteuer auf den Endbetrag hinzu.

Die Zahlung der Umsatzsteuer auf umsatzsteuerpflichtige Auslagen stellt für den vorsteuerabzugsberechtigten Rechtsanwalt keine bleibende Ausgabe dar, weil die Umsatzsteuer wirtschaftlich im Wege des Vorsteuerabzugs wieder zurückfließt. Der Rechtsanwalt darf seinem Auftraggeber Umsatzsteuerbeträge, die er als Vorsteuer geltend machen kann, nicht in Rechnung stellen. Er ist gehalten, in seine Rechnung gegenüber seinem Auftraggeber die Aufwendungen mit dem Nettobetrag aufzunehmen, denn der Anwalt darf sich über seine Gebührenrechnung nicht auf Kosten des Auftraggebers bereichern.

Würde er die aufgewendeten Reisekosten als Bruttobeträge abrechnen, würde neben den Nettoreisekosten auch der Umsatzsteuerbetrag als Umsatz des Rechtsanwalts versteuert werden, obwohl es sich dabei jedenfalls nicht um Umsatz handelt. Soweit das Bundesdisziplinargericht (29.1.1987, IV VL 37/85,) unter Berufung auf den BFH (3.2.1970, VII B 129/69) die Auffassung vertreten hat, dass die mit den Fahrtkosten gezahlte Mehrwertsteuer Bestandteil der tatsächlichen Reiseaufwendungen und damit der dem Rechtsanwalt zustehenden Auslagen ist, die unabhängig von der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs erstattungsfähig sind, so ist dem für die zivilrechtliche Kostenerstattung nicht zu folgen.

Für das Außenverhältnis zwischen Auftraggeber und Prozessgegner, das auch der Entscheidung des BFH zugrunde lag, ergibt sich schon aus § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO, dass Umsatzsteuerbeträge im Kostenfestsetzungsverfahren nur zu berücksichtigen sind, wenn der Antragsteller die Erklärung abgibt, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Durch diese Regelung soll vermieden werden, dass der vorsteuerabzugsberechtigte Antragsteller mit einer Festsetzung der Beträge einen nicht gerechtfertigten Vermögensvorteil erlangt. Daraus kann gefolgert werden, dass die vorsteuerabzugsberechtigte Partei vom kostenpflichtigen Gegner keine Umsatzsteuer erstattet verlangen kann, mithin Umsatzsteuer, die im Wege des Vorsteuerabzugs zurückfließt, kostenmäßig neutral bleibt. Nichts anderes kann für das Innenverhältnis der Partei zu ihrem Prozessbevollmächtigten gelten.

Von diesen Grundsätzen geht das Beschwerdegericht zutreffend aus. Mit Recht weist es darauf hin, dass der vorsteuerabzugsberechtigte Rechtsanwalt gehalten ist, den Vorsteuerabzug in Anspruch zu nehmen, weil er andernfalls nicht notwendige Kosten für seinen Auftraggeber verursacht. Da die Klägervertreter vorsteuerabzugsberechtigt sind, erhalten sie die nach den vorgelegten Rechnungen für die Reisekosten erhobene Umsatzsteuer in der jeweiligen Höhe im Wege des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt zurück. Sind Aufwendungen für die Prozessbevollmächtigten des Klägers letztlich nicht gegeben, dürfen dem Mandanten als Auftraggeber die Umsatzsteuerbeträge nicht in Rechnung gestellt und können diese im Kostenansatz nicht berücksichtigt werden. Demzufolge hat das Beschwerdegericht mit Recht die Nettobeträge der geltend gemachten Reisekosten ermittelt und der Kostenfestsetzung zugrunde gelegt.

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