01.07.2011

Zur Einbeziehung des Gewinns aus der Auflösung eines passiven RAP in eine § 6b EStG-Rücklage

Der Veräußerungspreis i.S.d. § 6b EStG wird bestimmt durch das vertraglich vereinbarte Entgelt und etwaige Leistungen, die der Erwerber als Gegenleistung für den Erwerb des Wirtschaftsgutes zu erbringen hat. Kein Teil der Gegenleistung ist eine Entschädigung, die der Steuerpflichtige nicht für das hingegebene Grundstück bzw. Gebäude, sondern anlässlich der Veräußerung zum Ausgleich eines anderweitigen Nachteils erzielt.

FG Hamburg 4.4.2011, 2 K 91/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte für das Grundstück A einen Vormietvertrag mit dem Eigentümer E geschlossen. Als der Abschluss des Mietvertrags scheiterte, vermietete ihr E ersatzweise das Grundstück B. Der Standortnachteil des Grundstücks B wurde wegen einer zu beachtenden Mietpreisbindung nicht durch die Vereinbarung einer geringeren Miete kompensiert, sondern durch eine Ausgleichszahlung des E. Die Klägerin bebaute das Grundstück und vermietete es weiter. In Höhe der Ausgleichszahlung bildete sie einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) und löste diesen entsprechend der geplanten Mietzeit von 30 Jahren in jährlichen Raten auf.

Nach zehn Jahren veräußerte die Klägerin das Gebäude. Der Erwerber übernahm den Mietvertrag mit E. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn aus der Veräußerung des Gebäudes unter Hinzurechnung des aufgelösten Rest-RAP und bildete auf dieser Grundlage eine ihren Gewinn mindernde Rücklage nach § 6b EStG. Das Finanzamt erkannte die Bildung der Rücklage nicht an, soweit sie aus dem RAP resultierte und ermittelte den zu versteuernden Gewinn der Klägerin unter Berücksichtigung des aufgelösten RAP.

Das FG wiese die hiergegen gerichtete Klage ab. Die von der Klägerin eingelegte Revision wird zwischenzeitlich beim BFH unter dem Az. IV R 17/11 geführt.

Die Gründe:
In den angefochtenen Bescheiden ist das Finanzamt nicht von einem zu hohen Gewinn ausgegangen. Zwar hat die Klägerin zu Recht in 1997 einen passiven RAP gebildet. Dieser musste jedoch wegen des Übergangs des Mietvertrages auf die Erwerberin des Gebäudes in 2006 aufgelöst werden. Eine gewinnneutrale Übertragung des hieraus resultierenden Gewinns in eine § 6b-EStG-Rücklage ist nicht möglich.

Die Klägerin hat zu Recht zunächst einen passiven RAP für die Ausgleichszahlung gebildet. Gem. § 250 Abs. 2 HGB, § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG sind auf der Passivseite der Bilanz als RAP solche Einnahmen auszuweisen, die einen Ertrag für eine bestimmte Zeit erst nach dem Abschlussstichtag darstellen. Das setzt eine korrespondiere Pflicht des Bilanzierenden voraus zu einer zukünftigen, zeitbezogenen und periodisch aufteilbaren Gegenleistung, die im vorliegenden Fall in der für das Ersatzgrundstück B - in Relation zu der zunächst für das Grundstück A vereinbarten Miete - überhöhten Mietverpflichtung der Klägerin liegt.

Unabhängig von der Frage, ob der RAP zu Recht gebildet wurde, musste dieser jedoch auf jeden Fall im Jahr der Veräußerung des Grundstücks, dem Streitjahr, aufgelöst werden. Denn die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt aus dem Mietvertrag ausgeschieden und es gab damit keinen Nachteil der Klägerin mehr, der durch periodengerechte Auflösung des passiven RAP hätte kompensiert werden müssen. Der Gewinn aus der Auflösung ist auf jeden Fall erfolgswirksam, er kann nicht in eine § 6b EStG-Rücklage eingestellt werden, denn es handelt sich nicht um einen Veräußerungsgewinn.

Steuerpflichtige, die Gebäude veräußern, können nach§ 6b Abs. 1 EStG - bei Vorliegen der in § 6b Abs. 4 EStG genannten Voraussetzungen - im Wirtschaftsjahr der Veräußerung einen Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen Gewinn von den Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmter anderer Wirtschaftsgüter abziehen. Soweit dieser Abzug nicht vorgenommen wird, kann eine den Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden, § 6b Abs. 3 S. 1 EStG.

Vorliegend war indes der für § 6b EStG maßgebliche Gewinn ausschließlich durch den Kaufpreis bestimmt, den der Erwerber für das Gebäude gezahlt hat. Der RAP wurde lediglich aus Anlass der Veräußerung des Gebäudes aufgelöst, der darin realisierte Wert wurde damit aber nicht zu einer Gegenleistung für den Kaufgegenstand. Die Erwägungen der Klägerin, der erzielte Kaufpreis wäre um den restlichen Betrag der Ausgleichszahlung höher gewesen, wenn sie seinerzeit das höherwertigere Grundstück A angemietet und keine Ausgleichszahlung erhalten hätte, ist rein hypothetischer Natur und für die Besteuerung irrelevant.

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FG Hamburg NL vom 30.6.2011
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