12.03.2015

Zur Einbeziehung von Krankengeld in den Progressionsvorbehalt

Auch nach der Einführung des sog. Basistarifs in der privaten Krankenversicherung ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass zwar das Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht aber das Krankentagegeld aus einer privaten Krankenversicherung in den Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG einbezogen wird.

BFH 13.11.2014, III R 36/13
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und sind in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Die Klägerin bezog im Streitjahr 2009 Krankengeld i.H.v. rd. 9.650 €. Ein Restbetrag von rd. 470 € wurde erst im Laufe des Jahres 2010 ausgezahlt. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2009 unterwarf das Finanzamt das (gesamte) Krankengeld dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage überwiegend ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Einbeziehung des von der Klägerin bezogenen Krankengeldes in den Progressionsvorbehalt verfassungsrechtlich unbedenklich ist.

Nach § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG ist ein besonderer Steuersatz anzuwenden, wenn ein Steuerpflichtiger in einem Veranlagungszeitraum Lohnersatzleistungen, zu denen auch das Krankengeld gehört, bezogen hat. Dieser besondere Steuersatz ergibt sich, wenn - bezogen auf den Streitfall - bei der Berechnung der Einkommensteuer das Krankengeld dem zu versteuernden Einkommen hinzugezählt wird (§ 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG - Progressionsvorbehalt).

Der BFH hat für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2002 entschieden, dass die Einbeziehung des Krankengeldes der gesetzlichen Krankenkassen in den Progressionsvorbehalt verfassungsgemäß ist, obwohl das Krankentagegeld aus einer privaten Krankenversicherung nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegt. Ausschlaggebend waren für den BFH in erster Linie die unterschiedliche Ausgestaltung in öffentlich-rechtlicher bzw. privater Organisationsform und die dadurch bedingten unterschiedlichen Grundstrukturen sowie die unterschiedliche Ausrichtung durch das Solidarprinzip bei der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits und das Äquivalenzprinzip bei der privaten Krankenversicherung andererseits.

An dieser grundsätzlichen Unterscheidung, welche die abweichende steuerrechtliche Behandlung von Krankengeld und Krankentagegeld beim Progressionsvorbehalt rechtfertigt, hält der Senat auch für den Veranlagungszeitraum 2009 fest. Die ab dem Jahr 2009 geltende allgemeine Krankenversicherungspflicht (§ 193 Abs. 3 VVG) und der in der privaten Krankenversicherung ab diesem Jahr eingeführte Basistarif mit Kontrahierungszwang (§ 12 Abs. 1a, 1b VAG) rechtfertigen keine andere Beurteilung. Auch nach der Einführung der allgemeinen Krankenversicherungspflicht und des Basistarifs bestehen weiterhin grundsätzliche Unterschiede zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Es kam insofern lediglich zu punktuellen Annäherungen.

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