30.08.2011

Zur Erbschaftsteuer bei Veräußerung eines zum Nachlass gehörenden Gewerbebetriebs durch den Nachlasspfleger

Die Veräußerung der Geschäftsanteile einer zum Nachlass gehörenden GmbH & Co. KG durch den Nachlasspfleger ist eine schädliche Verfügung über den Geschäftsanteil i.S.d. § 13a Abs.5 ErbStG, die sich der Erbe zurechnen lassen muss. Der Wegfall des Freibetrages und des verminderten Wertansatzes tritt unabhängig davon ein, aus welchen Gründen das begünstigt erworbene Betriebsvermögen bzw. der Geschäftsanteil veräußert oder der Betrieb aufgegeben wurde.

Hessisches FG 24.5.2011, 1 K 3157/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung des Freibetrages nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sowie den verminderten Wertansatz gem. § 13 a Abs. 2 ErbStG für einen zum Nachlass gehörenden in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betriebenen Gewerbebetrieb und entsprechende Herabsetzung der Erbschaftssteuer auf den Erwerb von Todes wegen nach seiner Großmutter (Erblasserin).

Der Kläger ist neben seinen Eltern und seinem Bruder zu einem Viertel Erbe nach der 1999 verstorbenen Erblasserin. Die Erblasserin war ihrerseits neben ihrem Sohn, dem Vater des Klägers, Erbin nach ihrer 1997 verstorbenen Tochter T, die wiederum Alleinerbin nach ihrem ebenfalls 1997 vor ihr verstorbenen Ehemann war. Das AG bestellte für den Nachlass der Eheleute T einen Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie Ermittlung der Erben. Zum Nachlass der Eheleute gehörte ein in der Rechtsform einer GmbH und Co. KG betriebener Gewerbebetrieb, den der Nachlasspfleger 2000 veräußerte.

Das Finanzamt setzte mit Erbschaftsteuerbescheiden von 2003 gegenüber dem Vater des Klägers als Rechtsnachfolger für T nach deren verstorbenen Ehemann, für die Erblasserin und für ihn selbst nach der verstorbenen T jeweils Erbschaftssteuer fest. Hiergegen wurden Anträge auf schlichte Änderung gestellt, mit denen die Berücksichtigung des Freibetrages und des verminderten Wertansatzes nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ErbStG für den zum Nachlass gehörenden Gewerbebetrieb beantragt wurde. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht gem. § 13 a Abs. 5 Nr. 1 S. 1 und Nr. 4 S.1 ErbStG 1997 die Gewährung des Freibetrages nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und des verminderten Wertansatzes nach § 13 a Abs. 2 ErbStG wegen der Veräußerung der Geschäftsanteile an der KG und der Komplementär-GmbH durch den Nachlasspfleger versagt.

Gem. § 13 a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bleiben u.a. Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften i.S.d. Abs. 4 Nr. 1 und 3 der Vorschrift bei einem Erwerb von Todes wegen bis zu einem Wert von 500.000 DM außer Ansatz, wobei für den Fall, dass vom Erblasser keine Aufteilung des Freibetrages verfügt wurde, dieser jedem Erben entsprechend seinem Erbteil zusteht. Nach § 13 a Abs. 5 Nr. 1 S. 1 und Nr. 4 S. 1 ErbStG fallen der Freibetrag und der verminderte Wertansatz jedoch mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb u.a. einen Anteil an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG beziehungsweise Anteile an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. Abs. 4 Nr. 3 veräußert.

Der BFH hat mittlerweile in mehreren Urteilen entschieden, dass der Wegfall des Freibetrages und des verminderten Wertansatzes gem. § 13 a Abs. 5 ErbStG unabhängig davon eintritt, aus welchen Gründen das begünstigt erworbene Betriebsvermögen bzw. der Geschäftsanteil veräußert oder der Betrieb aufgegeben wurde und dass eine Beschränkung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift durch eine teleologische Reduktion auf Fälle der freiwilligen Veräußerung oder Betriebsaufgabe durch den Erwerber nicht geboten ist.

Der BFH hat darüber hinaus mehrfach dahingehend erkannt, dass der Erwerber sich ein Verhalten gesetzlicher Vertreter oder eines Konkurs- bzw. Insolvenzverwalters zurechnen lassen muss. Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Nach diesen Vorgaben ist der Freibetrag und der verminderte Wertansatz für die zum Nachlass gehörende KG und die Komplementär-GmbH durch die Veräußerung der Geschäftsanteile hieran durch den Nachlasspfleger gem. § 13 a Abs. 5 Nr. 1 S. 1, Nr. 4 S. 1 ErbStG weggefallen. Die Veräußerung erfolgte innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb durch die Erblasserin nach deren Tochter und durch den Kläger nach der Erblasserin. Der Kläger muss sich die Veräußerung der Geschäftsanteile durch den Nachlasspfleger zurechnen lassen.

Linkhinweis:

Hessisches FG PM vom 16.8.2011
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