20.07.2011

Zur Festsetzung von Verzögerungsgeld im Rahmen einer Außenprüfung

Ein Verzögerungsgeld kann verhängt werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Außenprüfung nicht fristgerecht nachkommt. Werden angeforderte Unterlagen auch nach der Festsetzung des Verzögerungsgeldes nicht vorgelegt, darf allerdings wegen derselben Unterlagen nicht noch einmal ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden.

BFH 16.6.2011, IV B 120/10
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin hatte im Rahmen einer Außenprüfung vom Finanzamt angeforderte Unterlagen nicht eingereicht. Sie überreichte bis zum Fristablauf lediglich einen Datenträger. daraufhin setzte das Finanzamt der Antragstellerin gegenüber ein Verzögerungsgeld i.H.v. 2.500 € fest. Den dagegen eingelegten Einspruch und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das Finanzamt ab. Die Klage ist beim FG anhängig.

Drei Wochen später forderte das Finanzamt die Antragstellerin erneut auf, die Buchführungsunterlagen vorzulegen. Es wies dabei auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes gem. § 146 Abs. 2b AO hin. Als die Antragstellerin wiederum untätig blieb, setzte die Behörde ein (weiteres) Verzögerungsgeld i.H.v. 3.000 € fest.

Das FG setzte die Vollziehung beider Bescheide aus. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Finanzamtes war teilweise erfolgreich.

Die Gründe:
Nach summarischer Prüfung bestanden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des ersten Bescheids.

Ein Verzögerungsgeld kann verhängt werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Außenprüfung nicht fristgerecht nachkommt. Mit dem Jahressteuergesetz 2009 hat der Gesetzgeber - bisher weitgehend unbemerkt - das sog. Verzögerungsgeld eingeführt. Es beträgt mindestens 2.500 € und höchstens 250.000 € und kann u.a. festgesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige bei einer Außenprüfung nicht innerhalb einer angemessenen Frist Auskünfte erteilt oder Unterlagen vorlegt.

Ursprünglich stand die Einführung des Verzögerungsgelds im Zusammenhang mit der seit 2009 eingeräumten Befugnis, die Buchführung eines Unternehmens in das Ausland zu verlagern. Um einer evtl. erforderlichen Rückverlagerung der Buchführung in das Inland Nachdruck zu verleihen, wurde das Verzögerungsgeld eingeführt. Der Gesetzgeber hat es aber nicht bei dieser Regelung belassen, sondern das Verzögerungsgeld auch auf die verzögerte Mitwirkung im Rahmen einer Außenprüfung erstreckt. Außerdem ist das Verzögerungsgeld anders als das Zwangsgeld auch dann zu zahlen, wenn der Steuerpflichtige seiner Verpflichtung nach dessen Festsetzung doch noch nachkommt.

Nach summarischer Prüfung bestanden allerdings ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des zweiten Bescheides. Fraglich ist, ob die mehrfache Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben angeforderten Unterlagen von § 146 Abs. 2b AO gedeckt ist. Die Zulässigkeit einer solchen mehrfachen Festsetzung lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der Regelung entnehmen. Das Schweigen des Gesetzgebers zu der Möglichkeit einer erneuten Festsetzung eines Verzögerungsgelds deutet daher darauf hin, dass ein Verzögerungsgeld wegen derselben Verpflichtung nur einmal festgesetzt werden kann. Eine analoge Anwendung des § 332 Abs. 3 AO kommt nicht in Betracht, weil nicht zu erkennen ist, dass das Fehlen einer Regelung zur wiederholten Festsetzung eines Verzögerungsgelds auf einem Versehen des Gesetzgebers beruht. Es fehlt damit an der für eine analoge Gesetzesanwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.

Linkhinweis:

  • Den Volltext der Entscheidungen ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 53 vom 20.7.2011
Zurück