10.10.2011

Zur Frage der Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung

Eine Nichterhebung von Gerichtkosten nach § 21 Abs. 1 S. 1 GKG wegen unrichtiger Sachbehandlung setzt ein erkennbares Versehen oder einen offensichtlichen Verstoß gegen eindeutige Vorschriften durch das Gericht voraus. Ein solcher Verstoß liegt in der Regel nicht darin, dass nach Teilrücknahme der Klage hinsichtlich eines abtrennbaren Klagegegenstands und Aufrechterhaltung der restlichen Klage der zurückgenommene Teil nach § 73 Abs. 1 S. 2 FGO von dem bisherigen Verfahren abgetrennt wird.

Schleswig-Holsteinisches FG 3.8.2011, 5 KO 101/11
Der Sachverhalt:
Mit seiner im Dezember 2010 eingegangenen Klage (Az: 5 K 265/10) wandte sich der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2007, den Umsatzsteuerbescheid 2007 und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2007. Nach Abtrennung des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2007 aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts und einem Wechsel des Prozessbevollmächtigten nahm der Kläger durch Schriftsatz seines neuen Prozessbevollmächtigten von April 2011 hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages für das Jahr 2007 die Klage zurück.

Zugleich wurde eine bis dahin nicht vorliegende Klagbegründung für die hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2007 aufrechterhaltene Klage angekündigt. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass weiterhin Bemühungen bestünden, mit dem Finanzamt eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen. Mit Beschluss des Berichterstatters von April 2011 wurde daraufhin das Verfahren betreffend den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2007 von dem Verfahren 5 K 265/10 abgetrennt und unter dem Az. 5 K 67/11 eingestellt. Nach einer einvernehmlichen Regelung zwischen dem Kläger und dem Finanzamt nahm der Kläger schließlich auch die aufrechterhaltene Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 in der Sache 5 K 265/10 mit Schriftsatz von Juni 2011 zurück.

Mit Kostenrechnung von April 2011 wurden dem Kläger - ausgehend von dem Mindeststreitwert von 1.000 € - in dem abgetrennten Verfahren 5 K 67/11 Gerichtsgebühren i.H.v. 110 € in Rechnung gestellt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Erinnerung.

Das FG wies die Erinnerung als unbegründet zurück. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die kostenrechtlich getrennte Behandlung der Verfahren 5 K 67/11 und 5 K 265/10 ist nicht zu beanstanden.

Es konnte nicht von einer Erhebung der Kosten nach § 21 Abs. 1 S. 1 GKG abgesehen werden. Nach dieser Vorschrift werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Die von dem Erinnerungsführer als unberechtigt angesehene Trennung des Verfahrens nach Teilrücknahme, die einen selbständigen und abgrenzbaren Teil der Klage, nämlich den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2007, betraf, begründet keine unrichtige Sachbehandlung.

Die Berufung eines Erinnerungsführers auf § 21 Abs. 1 S. 1 GKG kann nicht dazu führen, rechtskräftige Gerichtsentscheidungen, die dem Kostenansatz zugrunde liegen - hier die Verfahrenstrennung nach § 73 Abs. 1 S. 2 FGO -, im Verfahren der Erinnerung nochmals auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.  Ausnahmen hiervon kommen daher nur bei erkennbaren Versehen oder offensichtlichen Verstößen gegen eindeutige Vorschriften durch das Gericht in Betracht.

Ein solcher Verstoß war im Streitfall allerdings nicht ersichtlich und kann auch bei der im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 1 S. 2 FGO beschlossenen Verfahrenstrennung nach Teilrücknahme regelmäßig nicht angenommen werden. Aufgrund des unterschiedlichen Verfahrenslaufs ist eine Abtrennung hier zur übersichtlicheren Gestaltung des Verfahrens in der Regel sachgerecht. Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn - anders als im Streitfall - eine zeitnahe Erledigung auch des Restverfahrens zum Zeitpunkt der Teilrücknahme bereits zu erwarten war.

Linkhinweis:

Schleswig-Holsteinisches FG Newsletter vom 29.9.2011
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