12.03.2014

Zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Veräußerungsgewinnen bei Erwerb einer Beteiligung an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft

Erwirbt ein Steuerpflichtiger eine Beteiligung an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft und veräußert diese zwei Wohnungen innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist nach Beitritt, ist über die Frage, ob er den Einkünftetatbestand des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG verwirklicht hat, nicht im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften zu entscheiden.

BFH 21.1.2014, IX R 9/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger erwarb von H einen Gesellschaftsanteil i.H.v. rd. 26 Prozent an der H-GbR (Beteiligte zu 1), deren Zweck der Ankauf und die Modernisierung der Immobilie A sowie deren Vermietung und Verwaltung ist. Der Kläger gewährte H im März 1996 ein Darlehen. H trat als Darlehenssicherheit seinen Geschäftsanteil an der Beteiligten zu 1) an den Kläger ab. Nachdem H das Darlehen nicht hatte bedienen können, und ein anderweitiger Verkauf gescheitert war, wurde der Gesellschaftsanteil an der Beteiligten zu 1) im Juni 1997 an die Y-GmbH abgetreten, die diesen treuhänderisch für den Kläger erwarb. Nach Auflösung dieses Treuhandverhältnisses wurde der Kläger im Jahr 2004 unmittelbar als Inhaber des Anteils an der Beteiligten zu 1) im Grundbuch eingetragen.

Der Beteiligte zu 2) erwarb im August 2003 einen Geschäftsanteil i.H.v. rd. 1,3 Prozent an der Beteiligten zu 1). Der Kläger und der Beteiligte zu 2) sind die einzigen Gesellschafter der Beteiligten zu 1), die nicht Gründungsgesellschafter sind. Die Beteiligte zu 1) veräußerte im August 2006 und im Oktober 2006 zwei Wohneinheiten. In der Anlage SO zu ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2006 erklärte die Beteiligte zu 1) für "Anteil Kläger/Beteiligter zu 2)" unter Angabe einer Anschaffung im "Januar 2006" und einer Veräußerung im "Dezember 2006" einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 45.885 €. Diesen teilte sie in einen den Kläger zuzurechnenden Veräußerungsgewinn i.H.v. 44.567 € und einen dem Beteiligten zu 2) zuzurechnenden Veräußerungsgewinn i.H.v. 1.318 € auf.

Das Finanzamt stellte in seinem an die Beteiligte zu 1) gerichteten Bescheid für das Streitjahr über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG i.H.v. 45.885 € fest und verteilte diese erklärungsgemäß auf den Kläger und den Beteiligten zu 2). Mit seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Klage begehrt der Kläger, dass bei den sonstigen Einkünften kein Gewinn i.H.v. 44.567 € aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG festgestellt und ihm zugerechnet wird.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG erfolgte zu Unrecht eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, da die Voraussetzungen einer - auf der Ebene der Beteiligten zu 1) - gemeinschaftlichen Erzielung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht vorliegen.

Die Vorentscheidung verletzt §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO. Für die gesonderte und einheitliche Zurechnung von Einkünften aus privaten Veräußerungen i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 EStG im Bescheid von Januar 2008 fehlte die gesetzliche Grundlage. Nach § 179 Abs. 1 AO werden die Besteuerungsgrundlagen abweichend von § 157 Abs. 2 AO durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist. Einkünfte, an denen i.S.v. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO Mehrere beteiligt sind, liegen nur dann vor, wenn mehrere Personen "gemeinsam" den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklichen. Daran fehlt es im Streitfall.

Nach der Rechtsprechung des BFH verwirklichen Gesellschafter einer Personengesellschaft den Tatbestand des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG auch dann nicht gemeinsam, wenn sie einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft beitreten und die Gesellschaft selbst innerhalb der Spekulationsfrist nach Beitritt ein Grundstück veräußert. Nach diesen Maßstäben ist der Anteilserwerb des Klägers an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft - als der die "Anschaffung" konstituierende Teilakt - nicht "in der Einheit der Gesellschaft", sondern als individuelle Anlageentscheidung ausschließlich von dem einzelnen Gesellschafter verwirklicht worden.

Der im Jahr 2003 erfolgte individuelle Anteilserwerb durch den Beteiligten zu 2) ist davon unabhängig getrennt zu beurteilen. Dementsprechend ist ein etwaiger Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 3 S. 1 EStG) jeweils für den einzelnen Beteiligten anhand seiner individuellen Anschaffungskosten zu ermitteln. "In der Einheit der Personengesellschaft" sind lediglich die Veräußerungsgeschäfte im Streitjahr getätigt worden. Allein der Umstand, dass die Wohnungen von der Beteiligten zu 1) veräußert worden sind, reicht aber für die Annahme, dass "an den Einkünften mehrere Personen beteiligt" sind, nicht aus.

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