03.07.2025

Zur gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung der Gewinnanteile eines in den USA ansässigen stillen Gesellschafters

1. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist verletzt, wenn ein Beteiligter bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keine Kenntnis von dem Inhalt eines gerichtlichen Aufklärungsschreibens erlangt, das zu einer Frage ergangen ist, auf die das Gericht im Urteil entscheidungserheblich abstellt. Dies gilt auch dann, wenn die Äußerungen eines anderen Beteiligten Anlass gegeben hätten, zu dem betreffenden Thema vorzutragen.
2. Der Begriff "andere Entgelte" in Art. 24 Abs. 3 DBA-USA 1989 umfasst nicht die Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters.
3. Die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Gewinnanteilen eines stillen Gesellschafters nach § 8 Nr. 3 des Gewerbesteuergesetzes 2000 fällt unter die auch für Drittstaaten geltende Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ‑‑EGV‑‑ (heute Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ‑‑AEUV‑‑). Die Anwendbarkeit der Standstill-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EGV (heute Art. 64 Abs. 1 AEUV) wird grundsätzlich nicht durch Ausführungen eines Schreibens einer Oberfinanzdirektion über eine zugunsten von Steuerpflichtigen nur eingeschränkte Anwendung einer Norm beeinflusst.

Kurzbesprechung
BFH v. 26.2.2025 - I R 33/21

GewStG § 2 Abs 2 S 2, GewStG § 8 Nr. 3
KStG § 14
DBA USA 1989 Art 24 Abs 3, DBA USA 1989 Art 24 Abs 4
EG Art 56, EG Art 57 Abs 1
AEUV Art 63, AEUV Art 64 Abs 1, AEUV Art 267 Abs 3
GG Art 103 Abs 1
FGO § 79 Abs 2, FGO § 96 Abs 2, FGO § 119 Nr 3, FGO § 126 Abs 4


Streitig war die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung des Gewinnanteils eines in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) ansässigen stillen Gesellschafters im Jahr 2000 (Streitjahr). Der BFH hob auf die Revision der Steuerpflichtigen die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz, die die Anwendung von § 8 Nr. 3 GewStG als zutreffend angesehen hatte, wegen eines Verfahrensmangels auf und verwies den Streitfall an das FG zurück. Denn das FG hatte den Anspruch der Steuerpflichtigen auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO).

In der Sache stellte der BFH zunächst heraus, dass kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 3 DBA-USA 1989 vorlag. Die Vorschrift  sieht vor, dass ‑‑ sofern nicht Art. 9 Abs. 1, Art. 11 Abs. 4 oder Art. 12 Abs. 4 DBA-USA 1989 anzuwenden sind ‑‑ Zinsen, Lizenzgebühren und andere Entgelte, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Gewinne dieses Unternehmens unter den gleichen Bedingungen wie Zahlungen an eine im erstgenannten Staat ansässige Person zum Abzug zuzulassen sind.

Im Streitfall stelle bereits der Gewinnanteil der stillen Gesellschafterin keine "Zinsen, Lizenzgebühren oder andere Entgelte" im Sinne des Art. 24 Abs. 3 DBA-USA 1989 dar.

Darüber hinaus stellte der BFH klar, dass § 8 Nr. 3 GewStG nicht gegen die auch im Verhältnis zu Drittstaaten geltende Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EGV verstößt.

Ob § 8 Nr. 3 GewStG zu einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit führt und ob eine solche Beschränkung gerechtfertigt sein könnte, konnte im Streitfall dahingestellt bleiben. Jedenfalls wäre diese Beschränkung nach der Standstill-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EGV (heute Art. 64 Abs. 1 AEUV) zulässig. Auch besteht § 8 Nr. 3 GewStG unverändert seit dem 31.12.1993 und erfüllt somit auch die zeitlichen Anforderungen der Standstill-Klausel.

Das FG muss nun im zweiten Rechtsgang der Steuerpflichtigen Gelegenheit geben, zu einem bislang entscheidungserheblich nicht beachteten Schreiben Stellung zu nehmen, und diesen Vortrag sowie etwaige Ergebnisse einer weiteren Sachaufklärung im Hinblick auf die Voraussetzungen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 14 Nr. 1 bis 3 KStG würdigen.
Verlag Dr. Otto Schmidt