28.04.2014

Zur Identifizierung von einbringungsgeborenen Anteilen nach Aktiensplit

Auch in Fällen eines Aktiensplits und der anschließenden Verwahrung in einem Girosammeldepot ist entscheidend, ob die veräußerten Aktien aufgrund objektiver Umstände, wie etwa den Vertragsunterlagen, bestimmbar sind. Im Fall von veräußerten Aktien ergibt sich dies aus dem Hinweis auf die Aktiennummer, im Fall von GmbH-Anteilen durch den Hinweis auf die übergehenden GmbH-Anteile in der notariellen Urkunde.

BFH 11.12.2013, IX R 45/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Aktionär einer Holding AG. Diese war im Jahr 1987 durch Umwandlung einer OHG im Wege der Sacheinlage entstanden. Er hielt an der AG 190.000 Stammaktien zu 50 DM je Stück. Es handelte sich um einbringungsgeborene Anteile i.S.d. § 21 UmwStG, die mit Aktiennummern bezeichnet waren. Auf Antrag des Klägers wurden 10.000 Stück im November 1994 nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG mit einem Kurswert von 1.370 DM je Aktie der Einkommensbesteuerung unterworfen (entstrickt). Die 190.000 Stück Stammaktien wurden bis Mitte 1995 in einem Streifbanddepot verwahrt.

Im Oktober 1995 wurden die Aktien im Verhältnis 1:10 gesplittet. Dem Kläger standen 1,9 Mio. Inhaberaktien zu 5 DM/Aktie zu. Für die Aktien wurden die Aktien-Nr. 2 100 001 bis 4 000 000 vergeben. Im Jahr 1996 wurden 100.000 Stück dieser Stammaktien ohne eine Nennung von Stücknummern in ein Sonderdepot des Klägers überführt. Im August 2002 veräußerte der Kläger die im Vertrag unter der Überschrift "Kaufgegenstand/Verkauf" mit den Nr. 3 525 001 bis 4 000 000 bezeichneten 475.000 Stammaktien der AG an drei Mitglieder des Familienstammes (Gesamtkaufpreis nach Abzug eines Ausgleichs 53,4 Mio. €).

Außerdem wurden nach einer Sachkapitalerhöhung für die Familientreuhand im August 2002 weitere - mit den Nr. 2 100 001 bis 3 095 237 benannte - 995.237 Stammaktien nach § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG vom Kläger zum Buchwert in eine GmbH eingebracht. Die übrigen 429.763 Stammaktien verblieben beim Kläger. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2002 gab der Kläger einen Veräußerungsgewinn aus Aktienverkauf als privates Veräußerungsgeschäft i.H.v. 45,1 Mio. € an. Diesen ermittelte er dadurch, dass er von dem Veräußerungspreis i.H.v. 53,4 Mio. € den Buchwert der Aktien sowie die Veräußerungskosten abzog.

Das Finanzamt ging im Anschluss an eine Außenprüfung von einer Erhöhung des Veräußerungsgewinns für die Aktien um 7,7 Mio. € aus. Ein Teilbetrag von 6,7 Mio. € beruhte auf einer Minderung der geltend gemachten Anschaffungskosten, da es für die 100.000 Aktien 5 DM/Aktie anstelle des erklärten Buchwerts von 137 DM/Aktie berücksichtigte. Nach Ansicht der Behörde seien nicht die bereits im Jahr 1994 antragsversteuerten, sondern ausschließlich nicht entstrickte, einbringungsgeborene Aktien an die anderen Familienmitglieder verkauft worden.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte zutreffend die im Streitjahr veräußerten 475.000 Aktien an der AG als einbringungsgeborene Anteile angesehen. Der hierbei erzielte Veräußerungsgewinn unterlag gem. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG i.V.m. § 16 EStG der Besteuerung.

Veräußerungsgewinn ist gem. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Als Anschaffungskosten gilt nach § 21 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG bei einbringungsgeborenen Anteilen der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt. Der Tatbestand des § 21 Abs. 1 UmwStG i.V.m. § 16 EStG geht der Anwendung des § 17 EStG vor. Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist von den tatsächlichen Anschaffungskosten auszugehen; darum sind für jedes einzelne Wirtschaftsgut, also auch für jedes Wertpapier gleicher Gattung, die tatsächlichen Anschaffungskosten anzusetzen, sofern diese feststellbar sind. Auch nach Split der Aktien und ihrer Verwahrung im Girosammeldepot ist entscheidend, ob die veräußerten Aktien aufgrund objektiver Umstände, wie etwa den Vertragsunterlagen, bestimmbar sind. Im Fall von veräußerten Aktien ergibt sich dies aus dem Hinweis auf die Aktiennummer, im Fall von GmbH-Anteilen durch den Hinweis auf die übergehenden GmbH-Anteile in der notariellen Urkunde.

Infolgedessen hatte das FG zutreffend unter Berücksichtigung der Regelungen "Kaufgegenstand/Verkauf" und "Eigentumsübertragung" des Aktienkauf- und Übertragungsvertrags aus August 2002 ausschließlich die einbringungsgeborenen Anteile an der AG als an die Familienmitglieder veräußert behandelt; die durch die Antragsversteuerung gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG entstrickten Anteile waren hiervon nicht betroffen. Mit der im Aktienkauf- und Übertragungsvertrag aus August 2002 erfolgten Aktienbezeichnung waren im Streitfall - entgegen der Auffassung des Klägers - die einbringungsgeborenen und die durch Antragsversteuerung gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG entstrickten Anteile identifizierbar. Demnach waren die mit den Nr. 3 525 001 bis 4 000 000 bezeichneten Stammaktien Veräußerungsgegenstand.

Die Veräußerung erfasste indes nicht die Aktien mit den Nr. 2 100 001 bis 3 095 237, die im August 2002 zum Buchwert in die GmbH eingebracht worden waren. Ohne Erfolg berief sich der Kläger auch darauf, dass der durchgeführte Aktiensplit einer Identifizierung der antragsentstrickten Stammaktien des Klägers anhand von Stücknummern entgegenstehe. Die Verwahrung der Aktien in einem Girosammeldepot mittels einer Globalurkunde stand dem nicht entgegen. Bei solchen Aktien hat der Aktionär Miteigentum nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren derselben Art. Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren, die in Sammelverwahrung genommen sind, werden im Rahmen des § 21 UmwStG auf den ideellen Anteil an solchen Wirtschaftsgütern bezogen mit der Folge, dass dem Identitätserfordernis genügt ist, wenn es sich der Art und der Stückzahl nach um dieselben Wertpapiere handelt.

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