25.01.2016

Zur Minderung des Zuschlags wegen verstärkter Tierhaltung nach § 41 Abs. 2a BewG bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb

Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ist bei gemeinschaftlicher Tierhaltung i.S.d. § 34 Abs. 6a BewG i.V.m. § 51a BewG nicht nur dann im vergleichenden Verfahren zu bewerten, wenn der der Tierhaltungsgemeinschaft zuzurechnende Grund und Boden keine natürliche Ertragsfähigkeit aufweist, da ihn die Tierhaltungsgemeinschaft ausschließlich als Hof- und Gebäudefläche nutzt. Vielmehr kommt dies auch dann zum Tragen, wenn die Tierhaltungsgemeinschaft nicht Eigentümerin des für ihre Zwecke genutzten Grund und Bodens ist, ihr dieser aber für Zwecke der Einheitsbewertung gem. § 34 Abs. 6 BewG zuzurechnen ist.

FG Münster 26.11.2015, 3 K 127/13 F
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über die Bewertung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bei gemeinschaftlicher Tierhaltung. Die Klägerin ist eine Tierhaltungsgemeinschaft ohne regelmäßig landwirtschaftlich genutzte Eigentumsflächen. Sie betreibt eine Sauenhaltung und Ferkelaufzucht. Der Komplementär der Klägerin überlässt dieser die für den Betrieb notwendigen Wirtschaftsgüter, insbesondere die Stallungen.

Auf der Grundlage der von der Klägerin eingereichten Erklärung über die Tierhaltung stellte das Finanzamt den Einheitswert für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin auf den 1.1.2011 fest. Unter Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 16.12.2009 (II R 45/07) ermittelte er den Zuschlag für die Tierhaltung ausgehend von einem Wert i.H.v. 500 DM pro Vieheinheit für die erklärten Vieheinheiten (R 2.20 und Tabelle L 30 Richtlinien für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens - BewRL) und halbierte diesen Wert unter Anwendung des § 41 Abs. 2a BewG.

Für Feststellungszeitpunkte ab dem 1.1.2012 vertrat das Finanzamt aufgrund der Weisung gemäß des gleichlautenden Erlasses der obersten Finanzbehörden zur Bewertung gemeinschaftlicher Tierhaltungen nach § 51a BewG die Auffassung, dass die Bewertung von Tierhaltungen ohne selbstbewirtschaftete Eigentumsflächen im Einzelertragswertverfahren und demgemäß ohne Berücksichtigung der in § 41 BewG geregelten Zu- und Abschläge zu erfolgen habe. Demzufolge stellte es den Einheitswert für den Betrieb der Klägerin im Wege der Wertfortschreibung ohne Berücksichtigung der Werthalbierung gem. § 41 Abs. 2a BewG fest.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Nach § 22 Abs. 1 BewG wird der Einheitswert u.a. dann neu festgestellt (Wertfortschreibung), wenn der in DM ermittelte und auf volle hundert DM abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahrs ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunkts infolge der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (vgl. § 22 Abs. 4 Nr. 1 BewG) nach oben um mehr als zehn Prozent, mindestens aber um 5.000 DM, oder um mehr als 100.000 DM abweicht. Nach Abs. 3 der Vorschrift findet eine Fortschreibung nach Abs. 1 auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt.

Da im vorliegenden Fall gegenüber dem Feststellungszeitpunkt 1.1.2011 keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist, kommt eine Wertfortschreibung gem. § 22 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 BewG nicht in Betracht. Aber auch die Voraussetzungen für eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung liegen nicht vor. Denn die Feststellung auf den 1.1.2011 war nicht fehlerhaft. Fehler i.S.d. § 22 Abs. 3 BewG ist jede materielle Unrichtigkeit i.S.d. § 177 Abs. 3 AO. Eine derartige materielle Unrichtigkeit der Feststellung auf den 1.1.2011 konnte jedoch nicht festgestellt werden. Vielmehr erweist sich der festgestellte Einheitswert auf Basis der Regelungen in § 37 Abs. 1 und § 41 Abs. 2a BewG als zutreffend.

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 9.3.2015, II R 23/13, und vom 16.12.2009, II R 45/07), der der erkennende Senat folgt, ist ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bei gemeinschaftlicher Tierhaltung i.S.d. § 34 Abs. 6a BewG i.V.m. § 51a BewG nicht nur dann im vergleichenden Verfahren (§ 37 Abs. 1 S. 1 BewG) zu bewerten, wenn der der Tierhaltungsgemeinschaft zuzurechnende Grund und Boden keine natürliche Ertragsfähigkeit aufweist, da ihn die Tierhaltungsgemeinschaft ausschließlich als Hof- und Gebäudefläche nutzt, sondern auch dann, wenn die Tierhaltungsgemeinschaft nicht Eigentümerin des für ihre Zwecke genutzten Grund und Bodens ist, ihr dieser aber für Zwecke der Einheitsbewertung gem. § 34 Abs. 6 BewG zuzurechnen ist.

So liegt der Fall hier. Der für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin benötigte Grund und Boden nebst den aufstehenden Stallungen wird ihr von ihrem Komplementär zur Nutzung überlassen und ist ihr demzufolge gem. § 34 Abs. 6 BewG zuzurechnen. Die auf den 1.1.2011 vorgenommene Bewertung unter Minderung des Zuschlags wegen verstärkter Tierhaltung um die Hälfte gem. § 41 Abs. 2a BewG erweist sich danach als zutreffend.

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