06.06.2011

Zur Nichtigkeit eines zwischen einem Steuerberater und seinem Mandanten geschlossenen "Beratungsvertrag Sanierung"

Sinn und Zweck des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG als Verbotsnorm, die insbesondere auch dem Schutz des Vertragspartners dient, gebieten es nicht, jegliche gewerbliche Tätigkeit eines Steuerberaters zu unterbinden, zumal wenn ausreichende berufsrechtliche Maßnahmen zu Gebote stehen. Infolgedessen ist ein "Beratungsvertrags Sanierung" auch dann nicht gem. § 134 BGB nichtig, wenn der Steuerberater unerlaubt Mittel aus dem Vermögen des Mandanten für die Begleichung der Erwerbskosten für Gesellschaftsanteile verwendet.

BGH 12.5.2011, III ZR 107/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger war Steuerberater der Beklagten und im Dezember 2004 damit beauftragt worden, die Beklagte zu sanieren und zu reorganisieren. Als Vergütung wurde ein Tagessatz von 1.600 € vereinbart. Der Kläger Er war gegenüber den Geschäftsführern nicht an Weisungen gebunden und seinerseits berechtigt, den Geschäftsführern "zu Sanierungszwecken" im Einzelfall Weisungen zu erteilen. Zur Durchsetzung von Sanierungsmaßnahmen und zur rechtlichen Vertretung der Gesellschaft nach außen zu Sanierungszwecken gegenüber Angestellten und Dritten erteilte die Beklagte dem Kläger eine umfassende Handlungsvollmacht.

Im Oktober 2006 kaufte der Kläger von einigen Gesellschaftern Geschäftsanteile an der Komplementärin der Beklagten sowie Kommanditanteile an der Beklagten. Dies zahlte der Kläger aus Mitteln der Beklagten. Diese Entnahmen wurden auf Anweisung des Beklagten zunächst als durchlaufende Posten gebucht. Anfang 2007 erfolgte die Umbuchung der Zahlungen als Entnahmen auf einem neu eingerichteten Gesellschafterkonto. Daraufhin widerrief die Beklagte die dem Kläger erteilte Handlungsvollmacht und erklärte die fristlose Kündigung des "Beratungsvertrags Sanierung".

Die Beklagte war der Ansicht, der Beratungsvertrag sei gem. § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG i.V.m. § 134 BGB nichtig, da der Kläger mit der unbefugten Entnahme der Mittel für den Erwerb der Gesellschaftsanteile eine vorsätzliche Untreue begangen habe. Der Kläger trat dem entgegen und verlangte Zahlung des Beraterhonorars für die Monate Januar bis Juni 2007 i.H.v. insgesamt 110.075 €.

Das LG sah den Beratungsvertrag als nichtig an und wies die Klage insgesamt ab. Das OLG sprach dem Kläger für Januar 2007 eine Vergütung i.H.v. 11.424 € zu. Die Revisionen beider Parteien blieben vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Das OLG hatte zu Recht die Nichtigkeit des Beratungsvertrags wegen Gesetzesverstoßes verneint.

Eine Nichtigkeit ergab sich zum einen nicht aus einem Verstoß gegen § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG, wonach eine gewerbliche Tätigkeit als mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar gilt. Denn Sinn und Zweck der Verbotsnorm, die insbesondere auch dem Schutz des Vertragspartners dient, gebieten es nicht, jegliche gewerbliche Tätigkeit eines Steuerberaters zu unterbinden, zumal wenn ausreichende berufsrechtliche Maßnahmen zu Gebote stehen. Für eine Gefährdung der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Sachgerechtigkeit der Steuerberatung waren tragfähige Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst erkennbar.

Zum anderen entfiel der Honoraranspruch des Klägers für Januar 2007 auch nicht wegen Verwirkung entsprechend §§ 654, 242 BGB. So genügte die unerlaubte Verwendung von Mitteln aus dem Vermögen der Beklagten für die Begleichung der Kosten des Erwerbs der Gesellschaftsanteile hierfür - unabhängig von der Frage, ob dadurch die Merkmale einer strafbaren Untreue gem. § 266 StGB) erfüllt wurden - nicht. Schließlich stellte die Handlung nicht als eine "Doppeltätigkeit" des Klägers "für den anderen Teil", also etwa für Konkurrenten oder sonstige Vertragspartner der Beklagten, dar, wie sie mit dem in § 654 BGB oder § 356 StGB beschriebenen Tatbestand vergleichbar wäre.

Entgegen der Meinung der Anschlussrevision des Klägers war der Beratungsvertrag Ende Januar 2007 von der Beklagten gem. § 626 BGB wirksam fristlos gekündigt worden. Hier hatte das OLG zu Recht einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung bejaht. Dabei konnte abermals offen bleiben, ob der Kläger den Straftatbestand der Untreue nach § 266 StGB erfüllt hatte. Schließlich erfolgte die Begleichung der Kosten für den Anteilserwerb aus Mitteln der Beklagten ohne Wissen und Zustimmung der Geschäftsführung und der übrigen Gesellschafter unter missbräuchlicher - eigennütziger und weder vom Gesellschaftsvertrag noch von Sanierungszwecken gedeckter - Verwendung der dem Kläger erteilten umfassenden Handlungsvollmacht. Und diese Maßnahme beeinträchtigte die Liquidität der Beklagten, die sich damals in einer Sanierungsphase befand, in nicht unerheblichem Umfang.

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