11.09.2012

Zur Problematik steuerbegünstigter Entschädigungen

Das Hessische FG hat in zwei Entscheidungen zur Problematik steuerbegünstigter Entschädigungen Stellung genommen. Es hat dabei klargestellt, dass es bei der Frage, ob eine steuerbegünstigte Entschädigung vorliegt, maßgeblich auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und auf die vertraglichen Vereinbarungen ankommt.

Hessisches FG 1.8.2012, 10 K 761/08 u.a.
Der Sachverhalt:

+++ 10 K 761/08 +++
In diesem Verfahren mietete der klagende Wirtschaftsprüfer/Steuerberater im Rahmen eines Zeitmietvertrages Praxisräume in einem Bürogebäude an. Das Bürogebäude wurde anschließend verkauft. Der neue Eigentümer beabsichtigte den Abriss des Gebäudes und einen anschließenden Neubau. Aus diesem Grund wurde das Mietverhältnis mit dem Kläger im Rahmen einer gesonderten Vereinbarung - gegen eine Abfindungszahlung - vorzeitig aufgelöst.

Für das Jahr 2001 hatte der Kläger einen laufenden Gewinn aus seiner freiberuflichen Tätigkeit angegeben, den das Finanzamt auch entsprechend festgestellt hatte. Später beantragte der Kläger im Hinblick auf die Abfindungszahlung, den Feststellungsbescheid 2001 dahingehend zu ändern, dass der erklärte Gewinn als begünstigter sonstiger Gewinn i.S.d. § 34 Abs. 2 EStG steuerlich zu erfassen sei. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Das FG wies die Klage ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

+++ 11 K 459/07 +++
Dieses Verfahren (Urteil vom 27.6.2012) betrifft die Frage, ob die Vertragsstrafe, die ein Rechtsanwalt und Notar an die klagende Rechtsanwalts- und Notarsozietät zu zahlen hatte, bei der Klägerin als laufende Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder als steuerbegünstigte Entschädigung oder als steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn zu behandeln ist.

Die Klägerin hatte mit dem anderen Rechtsanwalt vereinbart, sich bis zum Abschluss eines zunächst nur beabsichtigten Sozietätsvertrags zuerst in Form einer Bürogemeinschaft in noch anzumietenden Räumen zusammenzuschließen. Der Rechtsanwalt nahm jedoch in der Folgezeit nicht an der vereinbarten Bürogemeinschaft teil, weshalb er später aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zum Ausgleich aller vertraglichen Ansprüche einen Betrag von 78.354 DM an die Sozietät zu zahlen hatte.

Das Finanzamt unterwarf diesen Betrag zunächst den tarifbegünstigten Einkünften nach § 24 EStG. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung verneinte es jedoch insoweit das Vorliegen einer Entschädigung nach § 24 Nr. 1a EStG und behandelte den anteiligen Gewinn für die Vertragsstrafe nicht mehr als ermäßigt zu besteuernden Gewinn, sondern als laufenden Gewinn bei den Einkünften aus selbständiger
Arbeit.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:

+++ 10 K 761/08 +++
Die Abfindungszahlung, die der Kläger von dem neuen Eigentümer für die Auflösung des Mietverhältnisses erhalten hat, stellt keine steuerbegünstigte Entschädigung i.S.d. §§ 34,24 EStG dar. Maßgeblich ist dabei die Sicht der Vertragsparteien. Dazu ist der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen, erforderlichenfalls im Wege der Auslegung, heranzuziehen.

Nach dem Wortlaut der Vereinbarung des Klägers mit dem neuen Eigentümer wurde die gesamte Abfindung jedoch ausschließlich als Entgelt für die Räumung und Rückgabe des Mietgegenstandes gezahlt. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung - steuerbegünstigt - als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen des Klägers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit gezahlt worden ist, sind nicht zu erkennen. Gegenstand der Vertragsverhandlungen war lediglich der Preis für die Entmietung, was das Vorliegen einer steuerbegünstigten Entschädigung für entgangenen Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers ausschließt.

+++ 11 K 459/07 +++
Bei der Zahlung handelt es sich nicht um eine steuerbegünstigte Entschädigung nach §§ 34,24 EStG, sondern um laufende Einkünfte der Sozietät aus selbstständiger Tätigkeit. Denn nach den konkreten Verhältnissen und nach dem Inhalt der Vereinbarung über eine Bürogemeinschaft sowie nach dem gerichtlichen Vergleich fehlt es an Leistungen, die als Ersatz für den Wegfall von Einnahmen gewährt worden sind.

Bei der streitigen Zahlung handelt es sich vielmehr um die bereits im Vertrag über eine Bürogemeinschaft verabredete pauschale Vertragsstrafe. Damit fehlt es an dem für die Annahme einer Entschädigung erforderlichen Wegfall der bisherigen Grundlage für den Erfüllungsanspruch. Der Sozietät ist auch weder dauerhaft die Grundlage für die Erzielung künftiger Einnahmen entzogen worden noch handelt es sich um einen außergewöhnlichen Vorgang. Schließlich liegen auch nicht die Voraussetzungen für eine Tarifvergünstigung nach §§ 16,18 Abs. 3, 34 EStG vor, weil die Sozietät insbes. keinen Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil aufgegeben hat.

Linkhinweis:

  • Der Volltexte der Entscheidungen sind auf den Webseiten des Hessischen FG veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung 10 K 761/08 zu kommen, klicken Sie bitte hier (pdf-Dokument).
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung 11 K 459/07 zu kommen, klicken Sie bitte hier (pdf-Dokument).
Hessisches FG PM vom 6.9.2012
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