20.01.2015

Zur Sicherstellung eines Destilliergerätes

Eine Behörde handelt ermessensfehlerhaft, wenn sie die Sicherstellung eines zur Herstellung von Branntwein geeigneten Destilliergerätes allein deswegen anordnet, weil sie sich aus personellen Gründen zu hinreichenden Aufsichtsmaßnahmen außerstande sieht, ohne ernsthaft zu erwägen, ob überhaupt eine missbräuchliche Verwendung des Gerätes durch den Besitzer zu befürchten ist. Weder aus dem BranntweinMonG noch aus der BrennereiO ergibt sich ein ausdrückliches Verbot, Brenngeräte mit einem Raumgehalt von mehr als 0,5 Litern zu besitzen.

FG Hamburg 1.10.2014, 4 K 57/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte der beklagten Behörde gegenüber im August 2012 den Erwerb eines Destilliergerätes angezeigt. Sie erklärte, das Gerät zur Herstellung ätherischer Öle nutzen zu wollen, da sie sich in der Ausbildung zur Aromatherapeutin befinde und die hergestellten Öle für ihre Arbeit nutzen wolle. Es handelte sich dabei um ein Brenngerät mit einem Rauminhalt von sieben Litern. Daraufhin fand bei der Klägerin eine Steueraufsichtsmaßnahme statt. Dabei wurde festgestellt, dass sich das Destilliergerät in der Küche befand und die Klägerin es bis dahin einmal zur Herstellung von Lavendelaroma benutzt hatte. Die Destillation von Alkohol wurde nicht festgestellt. Dennoch stellte die Beklagte das Destilliergerät sicher.

Die Behörde war der Ansicht, die Sicherstellung ergebe sich bereits aus § 51b Abs. 1 Nr. 6 BranntwMonG i.V.m. § 215 AO. Schließlich habe das Hauptzollamt vom Vorbesitzer entgegen § 46 Abs. 1 BranntwMonG keine Kenntnis von der Veräußerung des Destilliergeräts erhalten. Ausgenommen von einer Sicherstellung seien lediglich Geräte mit einem Fassungsvermögen von nicht mehr als 0,5 Liter. Dem Vorschlag der Klägerin, entsprechende Kontrollmaßnahmen durchzuführen, könne nicht gefolgt werden, da die personelle Situation des zuständigen Prüfungsdienstes eine adäquate Steueraufsicht nicht zulasse.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Anfechtungsklage statt. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Sicherstellung des Destilliergerätes war rechtswidrig. Zwar lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Sicherstellung gem. § 51b Abs. 1 Nr. 6 BranntwMonG vor. Schließlich hatte die Klägerin ein Destilliergerät erworben, das unstreitig zur Herstellung von Branntwein (Raumgehalt von mehr als 0,5 Litern) geeignet war. Allerdings erwies sich die Sicherstellung als ermessensfehlerhaft.

Die Beklagte durfte die Sicherstellung auf der Rechtsfolgenseite zunächst nicht maßgeblich damit begründen, dass der Verkauf des Destilliergeräts verboten war. Denn der unzulässige Verkauf - und damit der Verstoß gegen § 46 Abs. 1 Branntwein-MonG - ist bereits Tatbestandsvoraussetzung und kann nicht darüber hinaus zur Begründung der Ermessensausübung herangezogen werden. Wenn die Ermessensbetätigung bereits mit dem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen begründet werden könnte, würde § 51b Abs. 1 Nr. 6 BranntwMonG entgegen dem Wortlaut als gebundenen Entscheidung angewandt werden.

Abgesehen davon hatte die Beklagte nicht berücksichtigt, dass sich weder aus dem BranntweinMonG noch aus der BrennereiO ein ausdrückliches Verbot ergibt, Brenngeräte mit einem Raumgehalt von mehr als 0,5 Litern zu besitzen. Aus dem Branntwein-MonG ergibt sich lediglich, dass die Herstellung von Branntwein ein Brennrecht voraussetzt und dass Besitzer von Brenngeräten nach § 43 Nr. 2 BranntweinMonG der amtlichen Aufsicht unterliegen. Ein Verbot, Brenngeräte zu besitzen, findet sich hier jedoch nicht. Aus § 226 BrennereiO ergibt sich lediglich, dass derartige Geräte der amtlichen Überwachung unterliegen, wenn sie sich außerhalb der Brennerei befinden. Insofern konnte das Ermessen auch nicht mit der Begründung ausgeübt werden, die Klägerin hätte das Gerät nicht besitzen dürfen.

Die Beklagte hatte letztlich auch nicht ernsthaft erwogen, ob der Besitz des Brenngerätes durch die Klägerin zulässig war und insoweit unvollständige Ermessenserwägungen angestellt. Der pauschale Hinweis, Aufsichtsmaßnahmen seien aus personellen Gründen nicht möglich, war sachwidrig, da die Beklagte genau zu diesen Aufsichtsmaßnahmen verpflichtet ist, wie sich aus § 43 Nr. 2 BranntweinMonG und § 226 BrennereiO ausdrücklich ergibt.

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