22.05.2012

Zur Steuerfreiheit heileurythmischer Leistungen

Zum Nachweis der bei richtlinienkonformer Auslegung von § 4 Nr. 14 UStG erforderlichen Berufsqualifikation aus einer "regelmäßigen" Kostentragung durch Sozialversicherungsträger genügt es nicht, dass lediglich einzelne gesetzliche Krankenkassen in ihrer Satzung eine Kostentragung für Leistungen der Heileurythmie (Bewegungstherapie) vorsehen. Der Befähigungsnachweis kann sich aber auch unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Abschluss eines Integrierten Versorgungsvertrags nach §§ 140a ff. SGB V zwischen dem Berufsverband des Leistungserbringers und den gesetzlichen Krankenkassen ergeben.

BFH 8.3.2011, V R 30/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte eine Ausbildung zum Heileurythmisten (Bewegungstherapeuten) absolviert. Seit 1995 ist er selbständig als Heileurythmist tätig. Die von ihm erbrachten Leistungen erfolgten stets auf ärztliche Anordnung und wurden größtenteils von einzelnen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Im Juli 2006 erfolgte der verbindliche Abschluss von Integrierten Versorgungsverträgen zwischen dem Berufsverband Heileurythmie e.V. und den gesetzlichen Krankenkassen.

In den für die Streitjahre 1999 bis 2003 sowie 2005 bis 2006 abgegebenen Umsatzsteuererklärungen erfasste der Kläger die als Heileurythmist erbrachten Leistungen nicht, da es sich seiner Ansicht nach um nach § 4 Nr. 14 UStG 1999/2005 steuerfreie Leistungen handelte. Das Finanzamt war allerdings der Ansicht, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung wegen fehlender Kassenzulassung des Klägers und wegen fehlender Aufnahme der Heileurythmie in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nicht vorlägen.

Das FG gab der Klage nur wegen der Umsatzsteuer 2006 statt und wies die Klage im Übrigen ab. Die Klage sei wegen der Umsatzsteuer 2006 begründet, weil die Leistungen des Klägers als Regelleistungen i.S.d. BFH-Urteils vom 11.11.2004 (Az.: V R 34/02) vergütet worden seien. Maßgeblich hierfür seien der verbindliche Abschluss von Integrierten Versorgungsverträgen und die Mitgliedschaft des Klägers im Berufsverband. Das Finanzamt hielt dagegen, das FG habe die Steuerfreiheit der Leistungen des Klägers in 2006 zu Unrecht bejaht, da Integrierte Versorgungsverträge keine einheitliche und verbindliche Regelung der Kostenübernahme durch alle gesetzlichen Krankenkassen enthielten.

Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hatte die Steuerfreiheit der heileurythmischen Leistungen des Klägers für die Streitjahre 1999 bis 2003 und 2005 zu Recht verneint.

Weder der Kläger selbst noch die Berufsgruppe der Heileurythmisten war in den Streitjahren als Leistungserbringer von den gesetzlichen Krankenkassen nach § 124 SGB V zugelassen. Selbst in den aktuellen Empfehlungen des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen vom 18.10.2010 waren die Heileurythmisten weder bei den zulassungsfähigen noch bei den nicht zulassungsfähigen Berufsgruppen genannt. Zum Nachweis der bei richtlinienkonformer Auslegung von § 4 Nr. 14 UStG erforderlichen Berufsqualifikation aus einer "regelmäßigen" Kostentragung durch Sozialversicherungsträger genügt es auch nicht, dass - wie hier - lediglich einzelne gesetzliche Krankenkassen in ihrer Satzung eine Kostentragung für Leistungen der Heileurythmie vorsahen.

Der Befähigungsnachweis kann sich allerdings auch aus dem Abschluss eines Integrierten Versorgungsvertrags nach §§ 140a ff. SGB V zwischen dem Berufsverband des Leistungserbringers und den gesetzlichen Krankenkassen ergeben. Dies setzt voraus, dass der Leistungserbringer Mitglied des Berufsverbands ist, der Integrierte Versorgungsvertrag Qualifikationsanforderungen für die Leistungserbringer aufstellt und der Leistungserbringer diese Anforderungen auch erfüllt. Infolgedessen kam hier zwar für das Streitjahr 2006 eine Steuerfreiheit der heileurythmischen Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG in Betracht. Der Senat konnte hierüber aber nicht abschließend entscheiden, da Feststellungen dazu fehlten, ob und ggf. ab welchem Zeitpunkt dem Kläger die Teilnahmeberechtigung an den Integrierten Versorgungsverträgen von seinem Berufsverband erteilt wurde.

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