25.09.2015

Zur Streitwerterhöhung nach § 52 Abs. 3 S. 2 GKG

Betrifft ein Rechtsstreit über Umsatzsteuer zwei Streitjahre und hat der Streitfall i.S.v. § 52 Abs. 3 S. 2 GKG offensichtlich absehbare Auswirkungen für nachfolgende Streitjahre, so ist die in dieser Vorschrift vorgesehene Erhöhung des Streitwerts auf das Dreifache des durchschnittlichen Streitwerts für die anhängigen beiden Streitjahre begrenzt.

BFH 17.8.2015, XI S 1/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin und Antragstellerin zu 1) ist Organträgerin der T-GmbH. Die T-GmbH führte sonstige Leistungen in Gestalt der Ausgabe von Mahlzeiten an ihre Arbeitnehmer aus, die hierfür einen Preis bezahlten, der sowohl unter dem marktüblichen Entgelt als auch unter den Selbstkosten der T-GmbH lag. Die Klägerin versteuerte diese Leistungen in ihren Umsatzsteuererklärungen für die Besteuerungszeiträume 2006 und 2007 (Streitjahre) und die Folgejahre (2008 bis 2011) nur mit den von den Arbeitnehmern der T-GmbH für die Mahlzeiten gezahlten Preisen. Das Finanzamt setzte dagegen hierfür gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 UStG die Selbstkosten an.

Die Antragsteller zu 2) vertraten die Klägerin als Prozessbevollmächtigte in dem anschließenden Rechtsstreit vor dem FG wegen Umsatzsteuer 2006 und 2007. Währenddessen ruhten die von der Klägerin eingelegten Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide für 2008 bis 2011, die ebenfalls die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Mahlzeitengewährung betrafen, im Hinblick auf den Ausgang des Rechtsstreits gem. § 363 Abs. 2 S. 1 AO.

Das FG gab der Klage teilweise statt und setzte als Bemessungsgrundlage für die Ausgabe der Mahlzeiten anstelle der vom Finanzamt zugrunde gelegten Selbstkosten von rd. 110.000 € (2006) und 212.000 € (2007) nur das - über den bisher versteuerten Preisen liegende - marktübliche Entgelt i.H.v. rd. 32.000 €(2006) und 64.000 € (2007) an. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die nur vom Finanzamt eingelegte Revision wurde zwischenzeitlich zurückgenommen. Mit dem vorliegenden Antrag begehren die Klägerin und die Antragsteller zu 2) für das Revisionsverfahren die Festsetzung eines nach § 52 Abs. 3 S. 2 GKG erhöhten Streitwerts i.H.v. rd. 145.000 €. Das Finanzamt ist dem Antrag entgegengetreten und beantragt, den Streitwert - entsprechend seinem Unterliegen vor dem FG - auf rd. 40.000 € festzusetzen.

Der BFH setzte den Streitwert auf rd. 61.000 € fest.

Die Gründe:
Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist gem. § 52 Abs. 3 S. 2 GKG auf rd. 61.000 € zu erhöhen.

Im finanzgerichtlichen Verfahren hat ein Antrag dann i.S.v. § 52 Abs. 3 S. 2 GKG "offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte", wenn ohne umfangreiche Prüfung oder aufwändige Überlegungen, also auf den ersten Blick, erkennbar ist, dass der konkret verwirklichte Sachverhalt auch die Höhe zukünftiger Steuerfestsetzungen beeinflusst. Nicht ausreichend ist es, wenn dieselbe rechtliche Problematik zwar in zukünftigen Zeiträumen auftritt, die Verwirklichung des entsprechenden konkreten Sachverhalts aber nicht hinreichend sicher absehbar ist. Insoweit kommt es auf die Bestimmbarkeit der zukünftigen Auswirkungen zum Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung an.

Danach ist der Streitwert vorliegend gem. § 52 Abs. 3 S. 2 GKG zu erhöhen. Es ist angesichts der ruhenden Einspruchsverfahren für die Folgejahre auf den ersten Blick anhand der vorliegenden Akten erkennbar, dass zum Zeitpunkt der Revisionseinlegung offensichtlich absehbare Auswirkungen auf die Höhe der festzusetzenden Umsatzsteuer in den auf die Streitjahre 2006 und 2007 folgenden Besteuerungszeiträumen bestanden. Die Höhe beträgt insgesamt rd. 111.000 €. Nach § 52 Abs. 3 S. 2 GKG darf jedoch die Erhöhung um die Summe der offensichtlich absehbaren Auswirkungen "das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen". Das bedeutet für den Streitfall, dass die Erhöhung des Streitwerts auf das Dreifache des durchschnittlichen Streitwerts der Streitjahre 2006 und 2007 begrenzt ist.

Dementsprechend ist vorliegend - in dem nicht nur die Steuerfestsetzung für ein Jahr rechtshängig war - die Erhöhung des Streitwerts nach § 52 Abs. 3 S. 2 GKG auf das Dreifache des Durchschnittswerts der beiden Streitjahre 2006 und 2007 zu begrenzen und der Streitwert (lediglich) auf rd. 61.000 € zu erhöhen. Dieser Betrag ergibt sich aus dem Dreifachen des Durchschnittswerts der umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen in beiden Streitjahren.

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