27.02.2012

Zur Überschusserzielungsabsicht bei der Vermietung einer Wohnung bei vereinbartem anschließendem Verkauf an den Mieter

Bei der Vermietung einer Wohnung kann auch dann eine Überschusserzielungsabsicht vorliegen, wenn mit dem Mietvertrag zugleich eine Veräußerung an den Mieter nach Ablauf der Mietdauer vereinbart wird. Entscheidend ist, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben auf die Dauer der Nutzung der Einkunftsquelle zu erzielen.

FG Münster 20.1.2012, 12 K 4690/08 E
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob die Klägerin im Streitjahr 2005 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen wollte, so dass ein tatsächlicher Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen zu berücksichtigen ist. Die Klägerin war Eigentümerin einer Eigentumswohnung, die sie als Feriendomizil zusammen mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann genutzt hatte. In den letzten Jahren vor dem Streitjahr versuchte die Klägerin erfolglos die Eigentumswohnung zu verkaufen.

Im Februar 2005 schloss die Immobilien-N GmbH als Vertreter ohne Vertretungsmacht für die damals 80-jährige Klägerin mit M einen notariellen Vertrag ab. Vertragsgegenstand war ein Angebot zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags sowie ein Mietvertrag, wobei die Wohnung zunächst für zwei Jahre an M vermietet wurde, unter der Bedingung, dass M der Klägerin zuvor ein unwiderrufliches Angebot zum Erwerb der Mietsache nach Ablauf der Mietdauer unterbreitet. Später wurde M wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten auf Bewährung verurteilt. In den Gründen des Urteils ist u.a. ausgeführt, dass M die Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages und des Kaufvertrages über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit getäuscht hat.

In Ihrer Einkommensteuer-Erklärung machte die Klägerin einen Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen geltend. Der Wunsch, das Objekt zunächst anzumieten und erst nach zwei Jahren käuflich zu erwerben, sei seitens des Mieters geäußert worden. Das Finanzamt ist der Ansicht, der Verlust aus Vermietung und Verpachtung könne dem Grunde nach nicht anerkannt werden, da der Klägerin bei Abschluss des Vertrages die Absicht gefehlt hätte, einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Vielmehr sei es ihr ausschließlich um den Verkauf der Immobilie gegangen.

Das FG gab der auf Berücksichtigung eines weiteren Verlustes aus Vermietung und Verpachtung gerichteten Klage statt.

Die Gründe:
Dem Finanzamt wird die Neuberechnung der Einkommensteuer für 2005 gem. § 100 Abs. 2 FGO übertragen. Dabei hat es einen weiteren Verlust aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 EStG unterliegen der Einkommensteuer die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 EStG. Einkünfte i.S.d. § 21 EStG sind gem. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Dabei ist es zur Abgrenzung von der nicht steuerbaren Liebhaberei notwendig, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben auf die Dauer der Nutzung der Einkunftsquelle zu erzielen. Vorliegend hätte die Klägerin bei vertragsgemäßer Abwicklung des abgeschlossenen Mietvertrages offensichtlich einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt.

Zu Unrecht meint das Finanzamt, dass der gleichzeitig mit Abschluss des Mietvertrags abgeschlossene Kaufvertrag gegen eine Einkunftserzielungsabsicht spricht. Das von dem Finanzamt. angeführte BFH-Urteil vom 4.10.2001 (X R 70/98) kann seine Rechtsauffassung nicht stützen. Im dortigen Fall stand - anders als im Streitfall - auf Grund der hohen Finanzierungskosten und der erhöhten Abschreibungen bei Abschluss des Mietvertrages fest, dass auch bei ordnungsgemäßer Zahlung der vereinbarten Miete während des vereinbarten Mietzeitraums kein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen sein würde.

Anhaltspunkte dafür, dass der vorliegend zivilrechtlich wirksam abgeschlossene Mietvertrag und Kaufvertrag ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO gegeben sein könnte, wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Weder vermag der Senat in den abgeschlossenen Verträgen eine unangemessene rechtliche Gestaltung i.S.d. § 42 Abs. 2 S. 1 AO zu sehen. Noch wird durch die tatsächlich gewählte rechtliche Gestaltung ein Steuervorteil erzielt. Dabei ist für die Betrachtung des Steuervorteils auf den Zeitpunkt bei Vertragsabschluss abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt durfte die Klägerin von einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung und damit von einem Überschuss der Mieteinnahmen über ihre Werbungskosten ausgehen.

Linkhinweis:

Rechtsprechungsdatenbank NRW
Zurück