20.07.2016

Zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Sale-and-lease-back-Geschäften

Sale-and-lease-back-Geschäfte können als Mitwirkung des Käufers und Leasinggebers an einer bilanziellen Gestaltung des Verkäufers und Leasingnehmers zu steuerpflichtigen sonstigen Leistungen führen. Es handelt sich nicht um die steuerfreie Gewährung eines Kredits.

BFH 6.4.2016, V R 12/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine 2006 gegründete GbR mit dem Zweck, elektronische Informationssysteme der Firma I zu erwerben und sofort an I zurück zu verleasen. Im Jahr 2006 kaufte die Klägerin die Informationssysteme zu einem Gesamtkaufpreis von 960.000 € zzgl. 153.600 € Umsatzsteuer. Zugleich gewährte I der Klägerin ein verzinsliches Darlehen i.H.v. 640.000 € für einen Zeitraum von 48 Monaten. Die Informationssysteme waren im Betrieb eines Dritten aufgestellt. Anstelle der Übergabe trat die I der Klägerin ihren Herausgabeanspruch ab. Ebenfalls 2006 verleaste die Klägerin die Informationssysteme für die Dauer von 48 Monaten zurück an die I. Bei einer zugrunde gelegten Netto-Berechnungsgrundlage i.H.v. 960.000 € wurden mtl. Leasingraten i.H.v. 23.500 € zzgl. 3.760 € Umsatzsteuer vereinbart. Die I trug die Gefahr des Untergangs, Verlusts, Diebstahls oder von Beschädigungen des Leasingguts.

Im März 2007 rechnete die Klägerin gegenüber der I über die Leasinggebühren ab. In der Rechnung war eine 19-prozentige Umsatzsteuer i.H.v. 4.465 € mtl. offen ausgewiesen. In der Rechnung war als Übergabedatum der 29.12.2006 vermerkt. Die erste Rate war ab Februar 2007 fällig, alle weiteren Raten jeweils am 1. eines Monats im Voraus. Die Rechnung galt für die volle Vertragslaufzeit. Rechnungen für die einzelnen Raten wurden nicht gestellt. I zahlte lediglich im März 2007 eine Leasingrate und leistete danach keine weiteren Zahlungen. Im Januar 2008 kündigte die Klägerin den Leasingvertrag wegen Zahlungsunregelmäßigkeiten fristlos. Kurz darauf wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der I eingesetzt und im Juli 2008 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet.

In der Umsatzsteuererklärung für 2007 erklärte die Klägerin Umsätze von netto 23.500 € (Umsatzsteuer 19 Prozent 4.465 €), Vorsteuern aus Rechts- und Beratungskosten von 190 € und eine verbleibende Umsatzsteuer von 4.275 €. Demgegenüber verweigerte das Finanzamt den Vorsteuerabzug, da der Leasinggeber umsatzsteuerfrei Kredit gewährt habe. Aufgrund der Rechnungserteilung und eines sich aus der Rechnung ergebenden unzutreffenden Steuerausweises ging das Finanzamt darüber hinaus von einer Steuerschuld des Leasinggebers aus.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat der Klägerin zu Unrecht den Vorsteuerabzug versagt und angenommen, sie schulde Umsatzsteuer nach § 14c UStG.

Die Klägerin hat eine steuerpflichtige sonstige Leistung ausgeführt, indem sie bei einer bilanziellen Gestaltung mitgewirkt hat. Sale-and-lease-back-Geschäfte können als Mitwirkung des Käufers und Leasinggebers an einer bilanziellen Gestaltung des Verkäufers und Leasingnehmers anzusehen sein. So verhält es sich auch hier. Nach § 248 Abs. 2 HGB durfte für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden, ein Aktivposten nicht angesetzt werden. Ertragsteuerrechtlich ist nach § 5 Abs. 2 EStG für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.
 
Daher durfte die I das für die elektronischen Informationssysteme selbst entwickelte Know-how, Software und Patente zunächst nicht aktivieren. Das Sale-and-lease-back-Geschäft ermöglichte ihr aber, einen Gegenwert in Gestalt des Kaufpreises oder der Forderung an die Klägerin als Aktivposten anzusetzen. Sie konnte dadurch mehr Eigenkapital ausweisen, höhere Gewinne ausschütten und bessere Bonität in Anspruch nehmen. Die Mitwirkung an dieser bilanziellen Gestaltung ist umsatzsteuerrechtlich eine sonstige Leistung, da der Leistungsempfänger dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erhält. Sie ist auch nicht von der Umsatzsteuer befreit. Es handelt sich nicht um die steuerfreie Gewährung eines Kredits.

Sale-and-lease-back-Geschäfte können umsatzsteuerrechtlich als Kreditgewährung i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG anzusehen sein. Die Steuerbefreiungen des § 4 UStG sind aber grundsätzlich eng auszulegen, weil sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt. Das FG hat insofern nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Erwerb des Leasingguts durch die Klägerin überwiegend durch ein Darlehen der I finanziert wurde. Die Verträge von Dezember 2006 dienten im Ergebnis der Finanzierung der I allenfalls insoweit, als der Kaufpreis von der Klägerin selbst aufzubringen war. Dieser Zweck tritt aber zurück, da der Kaufpreis nur zu einem Drittel von der Klägerin aufzubringen war und zu zwei Dritteln von der I finanziert wurde.

Das Urteil verletzt Bundesrecht auch insoweit, als das FG angenommen hat, dass die Klägerin die in der Rechnung von März 2007 ausgewiesene Umsatzsteuer wegen fehlerhaften Steuerausweises nach § 14c UStG schuldet. Zum einen ist die von der Klägerin erbrachte Leistung steuerpflichtig, zum anderen schuldet die Klägerin Umsatzsteuer auch nicht wegen einer unzutreffenden Beschreibung von Leistungsgegenstand und Leistungszeitpunkt. Nach § 14c Abs. 2 S. 1 und 2 Alt. 2 UStG schuldet den ausgewiesenen Betrag auch, wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Hieran fehlt es im Streitfall. Im zweiten Rechtsgang wird das FG nun zu entscheiden haben, ab welchen Zeitpunkt die Leasingraten aufgrund des Zahlungsverzugs des Leasingnehmers als uneinbringlich zu behandeln sind und die Umsatzsteuer deswegen zu berichtigen ist.

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BFH PM Nr. 50 vom 20.7.2016
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