11.04.2011

Zur Unbeachtlichkeit von Währungskursschwankungen bei der Aufnahme und Tilgung von Fremdwährungsdarlehen

Währungskursschwankungen im Privatvermögen gehören bis zur Einführung der Abgeltungsteuer zum nichtsteuerbaren Bereich, auch wenn der Steuerpflichtige im Rahmen eines Anlagekonzepts durch häufigen Wechsel zwischen verschiedenen Fremdwährungsdarlehen einen Vorteil in Form von Zinsdifferenzen zu erwirtschaften sucht. Die Aufnahme eines Fremdwährungsdarlehens stellt keine Anschaffung und die Tilgung eines solchen Darlehens stellt keine Veräußerung eines Wirtschaftsguts i.S. von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG dar.

BFH 30.11.2010, VIII R 58/07
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob durch Währungskursschwankungen entstandene Kursverluste im Streitjahr 2000 im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen oder der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen sind.

Die als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger beauftragten 1997 die X-Finanzberatungs-GmbH (X), deren Anlagekonzept den Einsatz von Eigen- und Fremdkapital vorsah, um u.a. Erträge aus Zinsdifferenzen zu erwirtschaften. Die Anlagen in Termingeldern oder festverzinslichen Wertpapieren sollten auf eine Währung mit einem höheren Zinsniveau lauten als die zur Finanzierung eingesetzten Darlehen. Bei dem Anlagekonzept bestand ein ungesichertes Währungsrisiko. Die Kläger eröffneten zwei Konten bei einer Bank in Luxemburg und unterzeichneten Vereinbarungen über Lombard-Rahmenkredite, die auf Schweizer Franken (CHF) lauteten und zur Absicherung des Anlagekonzepts dienten.

Im Rahmen dieses Anlagekonzepts nahmen die Kläger zu unterschiedlichen Zeitpunkten verschiedene Darlehen zumeist in Japanischen Yen (JPY), aber auch in CHF auf. Die Darlehensvaluta verwendeten sie zum Teil dazu, andere Fremdwährungsdarlehen abzulösen, zum anderen Teil aber dazu, Valuten in anderen Fremdwährungen zu erwerben. Diese anderen Fremdwährungsbeträge tauschten sie bei Fälligkeit der JPY-Darlehen oder CHF-Darlehen zum Zweck der Rückzahlung jeweils wieder in JPY oder CHF um. Die X erstellte eine "wirtschaftliche" Aufstellung für das Streitjahr. Darin waren für die Zeitpunkte der Aufnahme und der Rückzahlung der Fremdwährungsdarlehen (in JPY oder CHF) die Valuten in Euro umgerechnet und einander gegenübergestellt. Die Darlehensaufnahme (in YPY oder CHF) war als Veräußerung und die Tilgung als Anschaffung ausgewiesen.

Daraus ermittelten die Kläger Veräußerungsverluste, die sie in ihre Einkommensteuererklärung übernahmen. Darin waren zusätzlich Verluste aus dem Umsatz mit Wertpapieren i.H.v. 300 DM und Gewinne aus dem Umtausch einzelner Fremdwährungsbestände ("Termingeschäfte") i.H.v. 17.881 DM ausgewiesen, die zwischen den Beteiligten unstrittig sind. Das Finanzamt berücksichtigte nur einen Gewinn nach § 23 EStG i.H.v. 17.581 DM. Die übrigen, in der Aufstellung ausgewiesenen negativen Beträge berücksichtigte es nicht, da es an der Anschaffung und Veräußerung identischer Wirtschaftsgüter fehle.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung and das FG zurück.

Die Gründe:
Die tatsächlichen Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob im Streitjahr alle Gewinne und Verluste aus den einzelnen, für den Tatbestand des § 23 EStG maßgeblichen Vorgängen erfasst worden sind.

Zu Recht hat das FG es abgelehnt, die von den Klägern erklärten Verluste aus der Aufnahme und Tilgung von Fremdwährungsdarlehen als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen abzuziehen. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Währungsgewinne und -verluste in der Zeit bis zur Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich steuerlich unbeachtlich, da sie wirtschaftlich nicht durch die Erzielung von Kapitaleinkünften, sondern durch die private Vermögenssphäre veranlasst sind. Der Grundsatz der Unbeachtlichkeit von Währungskursschwankungen ergibt sich insbes. auch aus der mit Steueränderungsgesetz 2001 vom 20.12.2001 eingeführten und bis zur Einführung der Abgeltungsteuer geltenden Regelung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 2, 2. Hs. i.V.m. § 52 Abs. 37b EStG.

Der Senat folgt im Ergebnis auch den Ausführungen des FG zum Vorliegen von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.v. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG, soweit es um die Aufnahme und Tilgung von Darlehensverbindlichkeiten geht. Die Kläger haben die Darlehensverbindlichkeiten in Fremdwährung weder i.S.d. § 23 EStG angeschafft noch veräußert. "Anschaffung" ist der entgeltliche Erwerb eines bereits vorhandenen Wirtschaftsguts von einem Dritten. Durch die Aufnahme der Darlehen haben die Kläger die Darlehensverbindlichkeiten zur Entstehung gebracht, nicht aber von einem Dritten erworben. "Veräußerung" ist die entgeltliche Übertragung auf einen Dritten. Vorliegend fehlt es an einem vorangegangenen entgeltlichen Erwerb. Darlehensverbindlichkeiten werden durch die Rückzahlung nicht i.S.d. § 23 EStG veräußert, da sie nicht gegen Entgelt auf einen Dritten übergehen, sondern durch Erfüllung untergehen.

Auch die jeweils darlehensweise empfangene Valuta in Fremdwährung haben die Kläger weder i.S.v. § 23 EStG angeschafft noch veräußert. Im Streitfall haben die Kläger jeweils für den Empfang der Valuta in Fremdwährung keine andere Währung als Gegenleistung hingegeben, sondern sich durch den jeweiligen Darlehensvertrag lediglich verpflichtet, einen gleich hohen Betrag in derselben Währung am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen. Darin liegt keine Anschaffung i.S.d. § 23 EStG. Bei Rückzahlung der Darlehen haben die Kläger die Valuta auch nicht veräußert, denn sie haben keine Gegenleistung erhalten, sondern sind lediglich von ihrer Rückzahlungspflicht befreit worden.

Obwohl die angefochtene Entscheidung des FG den vorstehenden rechtlichen Maßstäben entspricht, war sie aufzuheben. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um zu beurteilen, ob alle vom Tatbestand des § 23 EStG erfassten Vorgänge berücksichtigt worden sind.

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