03.12.2012

Zur Verjährung von Haftungsansprüchen gegen Steuerberater bei zu niedriger Verlustfeststellung

In der bloßen Wiederholung eines früheren Fehlers ist kein Anlass zur Überprüfung der bisherigen Tätigkeit zu sehen, wenn sich keine neuen Umstände sachlicher oder rechtlicher Art ergeben, durch die Steuerberater veranlasst wären, ihre Beurteilung einer Überprüfung zu unterziehen. Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Steuerberater, die eine zu niedrige Verlustfeststellung bei ihren Mandanten verschuldet haben, beginnt regelmäßig mit der Bekanntgabe der entsprechenden Grundlagenbescheide.

BGH 15.11.2012, IX ZR 184/09
Der Sachverhalt:
Der beklagte Steuerberater war von den Klägern zur Bearbeitung der Einkommensteuererklärungen 1995 bis 2001 beauftragt worden. Aus der Vermietung dreier Gewerbeimmobilien, die im Wege vorweggenommener Erbfolge erworben worden waren, erwirtschafteten die Kläger in dieser Zeit Verluste. Für zwei Supermärkte entstanden durch Aufhebung der vorbehaltenen Nießbrauche gegen Übernahme von Bankverbindlichkeiten nachträgliche Anschaffungskosten, die mit dem Gebäudeanteil abschreibungsfähig waren. Das übersah der Beklagte. Derselbe Vorgang wiederholte sich.

Die Verluste der Kläger wurden durch entsprechende Bescheide infolgedessen niedriger festgestellt als möglich. Die Kläger veräußerten die drei Objekte im Dezember 2005. Im Jahr 2006 hatten sie erhebliche Gewinne zu versteuern. Für diese Steuerbelastung machten die Kläger teilweise den Beklagten verantwortlich, weil ihnen die Verrechnung mit Verlusten nach den getroffenen Feststellungen nicht mehr in dem sonst höchstmöglichen Umfang offenstand.

Das LG  wies die Klage ab; das OLG verurteilte den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zum Schadensersatz i.H.v. 128.494 €. Das Berufungsgericht war der Ansicht, es habe sich um eine mit jeder Erklärungsabfassung neu begangene Pflichtverletzung des Beklagten gehandelt, so dass keine verjährungsrechtliche Schadenseinheit bestehe. Unter Berücksichtigung der Sekundärverjährung sei deshalb nur der Feststellungsschaden der Jahre 1995 bis 1997 verjährt.

Auf die Revision des Beklagten hob der BFH das Berufungsurteil auf, soweit zu dessen Nachteil erkannt worden war und wies im Umfang der Aufhebung die Berufung der Kläger zurück.

Die Gründe:
Zwar hat das Berufungsgericht die verjährungsrechtliche Schadenseinheit im Ergebnis mit Recht verneint. Allerdings hat es mit seinen Grundsätzen zur Sekundärverjährung das Senatsurteils vom 14.7.2005 (Az. IX ZR 204/01) unberücksichtigt gelassen. In sachlicher Abweichung von seinem Urteil vom 4.4.1991 (Az. IX ZR 215/90), auf das sich das OLG stützte, hat der Senat in seinem neuerem Urteil in der bloßen Wiederholung eines früheren Fehlers keinen Anlass zur Überprüfung der bisherigen Tätigkeit gesehen, wenn sich keine neuen Umstände sachlicher oder rechtlicher Art ergeben hatten, durch die der Steuerberater veranlasst war, seine Beurteilung einer Überprüfung zu unterziehen. Damit fehlt die Grundlage des verjährungsrechtlichen Sekundäranspruchs. Der Senat sieht keinen Anlass, von seiner neueren Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der verjährungsrechtlichen Sekundärhaftung nach dem hier noch anwendbaren § 68 StBerG a.F. abzugehen.

Ohne Erfolg zogen die Kläger in Zweifel, dass die Bekanntgabe der ergangenen Feststellungsbescheide aus November 2001 und früher im Streitfall schon die Verjährung in Lauf gesetzt hatte. Die Beurteilung der Finanzverwaltung war mit den ergangenen Feststellungsbescheiden abgeschlossen. Der teilweise Verzehr festgestellter Verlustvorträge bis Ende 2001 ließ eine spätere steuerliche Mehrbelastung mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten. Der Erhebung einer Klage war den Klägern nach Erlass der Feststellungsbescheide möglich und zumutbar. Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen einen Steuerberater, der verschuldet hat, dass Verluste seiner Mandanten niedriger als möglich festgestellt wurden, beginnt allerdings regelmäßig mit der Bekanntgabe der entsprechenden Grundlagenbescheide. Danach war hier die Klageforderung bei Eintritt der Rechtshängigkeit bereits insgesamt verjährt. Das Berufungsurteil konnte deshalb nicht bestehen bleiben.

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