28.09.2016

Zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

Bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes ermöglicht der objektbezogene Flächenschlüssel regelmäßig eine sachgerechte und "präzisere" Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug als der gesamtumsatzbezogene oder der objektbezogene Umsatzschlüssel. Die Neuregelung der Aufteilungsmethode für den Vorsteuerabzug durch den am 1.1.2004 in Kraft getretenen § 15 Abs. 4 S. 3 UStG kann eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i.S.d. § 15a Abs. 1 UStG bewirken.

BFH 10.8.2016, XI R 31/09
Der Sachverhalt:
Streitig ist im Zusammenhang mit der Errichtung und Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes die Aufteilung der im Jahr 2004 (Streitjahr) angefallenen Vorsteuerbeträge sowie die Berichtigung des Vorsteuerabzugs.

Die klagende Grundstücksgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR baute auf ihrem Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgaragenstellplätzen. Das Gebäude, mit dem die Klägerin sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze ausführte, umfasst insgesamt sechs Wohn- und Geschäftseinheiten und zehn Tiefgaragenplätze.

Den Anteil der abziehbaren Vorsteuerbeträge ermittelte sie nach dem Verhältnis der voraussichtlichen steuerpflichtigen Ausgangsumsätze zu den voraussichtlichen steuerfreien Ausgangsumsätzen (sog. objektbezogener Umsatzschlüssel). Das Finanzamt legte dagegen der Vorsteueraufteilung den (für die Klägerin ungünstigeren) Flächenschlüssel zugrunde.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit ihren Revisionen. Der BFH setzte das Verfahren zwischenzeitlich aus und legte dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor, die dieser mit Urteil vom 9.6.2016 (C-332/14) beantwortete. Der BFH hob nun das Urteil des FG auf und verwies die Sache dorthin zurück.

Die Gründe:
Die Ausführungen des FG zur Vorsteueraufteilung entsprechen nicht den vom EuGH hierzu aufgestellten Rechtsgrundsätzen.

In Fällen, in denen ein Vermieter mit der Vermietung eines Wohn- und Geschäftshauses sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze ausführt, ist der Vorsteuerabzug nur zulässig, soweit die von einem Unternehmer bezogenen Eingangsleistungen (hier: Baumaterial, Handwerkerleistungen etc.) für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet werden. Daher müssen die insgesamt angefallenen Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden. Seit der Einfügung des § 15 Abs. 4 S. 3 UStG mit Wirkung vom 1.1.2004 ist eine Aufteilung nach dem Verhältnis der (voraussichtlichen) steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen (sog. Umsatzschlüssel) nur noch nachrangig zulässig.

Bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes kann daher - im Gegensatz zu den laufenden Aufwendungen - für die Aufteilung der Vorsteuer nicht darauf abgestellt werden, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen; vielmehr kommt es insoweit auf die Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes an. Bei der Vorsteueraufteilung ermöglicht der objektbezogene Flächenschlüssel regelmäßig - d.h. wenn die verschiedenen Zwecken dienenden Flächen miteinander vergleichbar sind - eine sachgerechte und "präzisere" Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug als der gesamtumsatzbezogene oder der objektbezogene Umsatzschlüssel. Ob die Vergleichbarkeit der Flächen vorliegend gegeben ist, wird das FG zu prüfen haben.

Ferner hatte das Finanzamt im Wege der Vorsteuerberichtigung einen Teil der in den vergangenen Jahren (seit Beginn der Baumaßnahme 1999) anerkannten Vorsteuerbeträge von der Klägerin zurückverlangt, weil auch insoweit nunmehr der Flächenschlüssel gelte. Insoweit gilt: Ändern sich bei einem Gebäude innerhalb von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen (§ 15a Abs. 1 UStG).

Die Neuregelung der Aufteilungsmethode für den Vorsteuerabzug durch § 15 Abs. 4 S. 3 UStG kann insoweit eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i.S.d. § 15a Abs. 1 UStG bewirken. Einer entsprechenden Vorsteuerberichtigung stehen weder die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes entgegen noch liegt darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung in Vorjahre.

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BFH PM Nr. 63 vom 28.9.2016
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