27.07.2012

Zur Vorsteuerberichtigung bei Rückgewähr einer Anzahlung

Eine Berichtigung nach § 17 UStG setzt für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird. Für die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist für den Umstand, "ob die Leistung nicht ausgeführt worden ist", auf den Zeitpunkt der Entgeltrückgewähr abzustellen; unerheblich ist insoweit, ob im Wege einer Prognose noch mit einer voraussichtlichen Ausführung der Leistung zu rechnen ist.

Niedersächsisches FG 22.5.2012, 5 K 259/11
Der Sachverhalt:
Streitig ist eine Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Mit Vertrag von März 2009 verpflichtete sich die L-GmbH (Lieferantin) gegenüber der Klägerin zur Lieferung von vier Gaserzeugern. Die Klägerin leistete die kurz darauf in Rechnung gestellten Anzahlungen über 614.400 € zzgl. 116.736 € Umsatzsteuer und zog die Vorsteuer im März 2009.

Im Folgenden entstand Streit über die Mangelfreiheit der zu liefernden Anlagen. Da die Klägerin ihrerseits gegenüber der A-GmbH (Abnehmerin) vertraglich zur Lieferung von zwei Gaserzeugern verpflichtet war, schlossen die Klägerin, die Lieferantin und die Abnehmerin im Oktober 2009 mehrere bilaterale Vereinbarungen: In dem Vertrag vereinbarten u.a. die Klägerin und die Abnehmerin - unter aufschiebenden, bisher nicht eingetretenen Bedingungen - die Übernahme des Vertrages zwischen der Klägerin und der Lieferantin von März 2009, der die Lieferantin zustimmte. In Bezug auf die Anzahlungen trafen die Klägerin und die Lieferantin folgende Vereinbarung:

"Hinsichtlich der bisherigen Anzahlungen ist im Verhältnis [Lieferantin] zu [Klägerin] Folgendes im Hinblick auf die Mehrwertsteuer zu beachten: Die zwei von [der Lieferantin] an [die Klägerin] geschriebenen Abschlagsrechnungen sind zu stornieren bzw. gutzuschreiben. Dafür erhält [die Lieferantin] einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Mehrwertsteuerbeträge. [Die Klägerin] hingegen ist verpflichtet, die gezogenen Vorsteuerbeträge zurückzuerstatten. Die Erstattung der Umsatzsteuer ist auch im Wege der Abtretung möglich und wird von den Parteien ausdrücklich genehmigt."

Im Januar 2010 erstattete die Lieferantin der Klägerin 116.736 €; dieser Betrag entspricht der auf die Anzahlungen entfallenden Umsatzsteuer. In dem Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das 1. Quartal 2010 nahm das Finanzamt unter Hinweis auf § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG eine Vorsteuerkorrektur i.H.v. 18.639 € (19/119 von 116.736 €) vor.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht in dem streitigen Voranmeldezeitraum eine Berichtigung der Vorsteuer i.H.v. 18.639 € (19/119 von 116.736 €) vorgenommen.

Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 S. 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Diese Vorschrift gilt gem. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt wird. Eine Berichtigung nach § 17 UStG setzt für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird.

Wird § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG als Korrektiv der Istbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 bzw. Buchst. b UStGb und § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 UStG verstanden und die Vorsteuerberichtigung dementsprechend von der Rückgewähr der Anzahlung abhängig gemacht, ist für die Frage, ob die "Leistung nicht ausgeführt worden ist", auf den Zeitpunkt der Entgeltrückgewähr abzustellen. Der Wortlaut der Vorschrift ist insofern eindeutig. Maßgebend ist daher allein, dass im Zeitpunkt der Entgeltsrückgewähr die Leistung nicht ausgeführt war. Auf eine Prognose, dass die Leistung voraussichtlich nicht mehr ausgeführt werden wird, kommt es daher nicht an.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze war das Finanzamt zur Vorsteuerberichtigung berechtigt. Die Lieferungen der angezahlten Gaserzeuger waren im Zeitpunkt der Vorsteuerberichtigung nicht ausgeführt worden. Der Klägerin wurde durch Rückzahlung der 116.736 € durch die Lieferantin ein Teil des Entgelts erstattet, für das sie gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 UStG aufgrund der erfüllten Anzahlungsrechnungen den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat. Danach liegen die Voraussetzungen einer Vorsteuerberichtigung in Bezug auf die in dem erstatteten Teilentgelt enthaltene Vorsteuer vor. Zwar trifft die Vorschrift keine ausdrückliche Anordnung in Bezug auf Teilzahlungen. Aber nach Sinn und Zweck der Vorschrift ist § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG - ebenso wie § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 bzw. Buchst. b UStG und § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 UStG - uneingeschränkt auf Teilzahlungen anwendbar.

Unbeachtlich ist schließlich der Einwand der Klägerin, ihr sei entsprechend der Vereinbarung durch Rückzahlung der 116.736 € nur die auf die Anzahlungen entfallende Umsatzsteuer, nicht hingegen ein Teil des vorausgezahlten "Entgelts" für die Lieferung erstattet worden. Gem. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG ist Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzgl. der Umsatzsteuer. Dabei entsprichst es ständiger Rechtsprechung, dass die Umsatzsteuer in jedem zivilrechtlichen Entgelt anteilig in der gesetzlichen Höhe enthalten ist. Wird eine Zahlung geleistet, setzt sich der gezahlte "Bruttobetrag" - gleich ob als Voll-, Teil-, An- oder Vorauszahlung - aus der rechnerisch in diesem Betrag enthaltenen Umsatzsteuer und dem nach Abzug der Umsatzsteuer verbleibenden Nettoentgelt zusammen.

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