02.09.2013

Zur Zulässigkeit der Feststellung eines Grundbesitzwerts für Schenkungsteuerzwecke durch das Lagefinanzamt ohne Anfrage durch das Erbschaftsteuerfinanzamt

Die Wertfeststellung ist für das Feststellungsfinanzamt i.S.d. BewG dann "erforderlich", wenn ein Finanzamt um die Feststellung eines solchen Wertes zum Zwecke einer beabsichtigten Steuerfestsetzung nachsucht. Das bedeutet, dass die Entscheidung, ob ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist, nicht beim Lagefinanzamt liegt, sondern bei dem dafür zuständigen Finanzamt; das ist bei Schenkungen das Erbschaftsteuerfinanzamt.

FG Münster 30.7.2013, 3 V 1562/13 F
Der Sachverhalt:
Der Antragsgegner stellte mit Bescheid vom 5.1.2012 zunächst den Grundbesitzwert für die wirtschaftliche Einheit A-Straße 1, Wohnung Nr. 1 und Garage Nr. 1 in A auf 184.250 € fest. Die Antragstellerin legte Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides. Mit Bescheid vom 28.8.2012 setzte der Antragsgegner den angefochtenen Bescheid i.H.v. 116.750 € aus, mit Bescheid vom 2.11.2012 setzte er den Grundbesitzwert auf 61.500 € herab. Die Antragstellerin legte Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 7.1.2013 ab. Den Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 16.4.2013 als unbegründet zurück. Mit der am 8.5.2013 eingegangenen Klage verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Gleichzeitig stellte sie beim Gericht den streitgegenständlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Der Feststellung des Grundbesitzwertes liegt zugrunde eine Anfrage der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamtes A vom 13.12.2011, mit der auf dem dafür vorgesehenen Formular für den Grundbesitz eine Anfrage nach Grundbesitzwerten für Erb-/Schenkungssteuerzwecke erfolgte. Es heißt weiter: "Ich bitte, für den o.a. Grundbesitz den Grundbesitzwert zum Tag der Schenkung festzustellen und mir mitzuteilen."

Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Antragsgegner mit, die Anfrage sei gemacht worden, nachdem die Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle des Finanzamtes R mit Schreiben vom 10.11.2011 dem Antragsgegner einen Prüfungsauftrag für die Antragstellerin erteilt habe, wobei sich die Beauftragung auf Schenkungsteuer und Übertragung von Grundbesitz gem. notariellem Vertrag vom 12.3.2008 zum Besteuerungszeitpunkt 26.3.2008 vom 10.11.2011 erstrecke. Im Prüfungsauftrag heißt es, dass die Beauftragung die Befugnis zur Erteilung der Prüfungsanordnung nach § 5 Abs. 1 S. 2 BpO einschließe.

Die Beauftragung erscheine erforderlich, weil die für die Besteuerung maßgeblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürften und eine Prüfung durch das für die Erb- und Schenkungsteuer zuständige Finanzamt R nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig sei bzw. die Einbeziehung der Prüfung der Schenkungssteuer in die laufende Betriebsprüfung der Firma L-GmbH, für die das Finanzamt R ebenfalls einen Prüfungsauftrag erteilt hatte, aus organisatorischen Gründen zweckmäßig erscheine. Der Antragsgegner vertritt danach die Auffassung, dass die Betriebsprüfungsstelle aufgrund der vorliegenden Auftragsprüfung berechtigt sei, eine Anfrage zur Feststellung von Grundbesitzwerten an die Bewertungsstelle des Antragsgegners zu richten.

Das FG gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt.

Die Gründe:
Nach der im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.

Nach § 151 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BewG sind nach § 179 AO gesondert festzustellen die Grundbesitzwerte nach §§ 138, 157 BewG, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Dies entspricht der vorherigen Regelung des § 138 Abs. 5 S. 1 BewG a.F., wonach Grundbesitzwerte gesondert festzustellen waren, wenn sie für die Erbschaftsteuer oder Grunderwerbsteuer erforderlich sind (Bedarfsbewertung).

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Wertfeststellung für das Feststellungsfinanzamt i.S.d. BewG dann "erforderlich", wenn ein Finanzamt um die Feststellung eines solchen Wertes zum Zwecke einer beabsichtigten Steuerfestsetzung nachsucht. Das bedeutet, dass die Entscheidung, ob ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist, nicht beim Lagefinanzamt liegt, sondern bei dem dafür zuständigen Finanzamt, das ist bei Schenkungen das Erbschaftsteuerfinanzamt.

Im Streitfall liegt lediglich eine Anfrage nach Grundbesitzwerten für Erbschaft- und Schenkungssteuerzwecke der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamtes A vor mit der Bitte, den Grundbesitzwert für den Grundbesitz zum Tage der Schenkung festzustellen und der Betriebsprüfungsstelle mitzuteilen. Aufgrund dieser Anfrage war der Antragsgegner nicht berechtigt, einen entsprechenden Feststellungsbescheid zu erlassen, da die Anfrage nicht vom zuständigen (Erbschaftsteuer-)Finanzamt stammt.

Es reicht auch nicht aus, dass das zuständige Finanzamt, nämlich das Finanzamt R, dem Antragsgegner einen Prüfungsauftrag, der sich auf Schenkungsteuer und Übertragung von Grundbesitz zum Besteuerungszeitpunkt 26.3.2008 erstreckt, erteilt hat. Damit ist keine Entscheidung darüber getroffen, ob ein Grundbesitzwert festzustellen ist, denn das Finanzamt R hat lediglich einen Prüfungsauftrag erteilt, weil die für die Besteuerung maßgeblichen Verhältnisse aufgeklärt werden sollten. Es hat aber nicht um die Feststellung eines Grundbesitzwertes nachgesucht.

Linkhinweis:

FG Münster PM vom 2.9.2013
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