16.09.2011

Zusätzliche Einnahmen eines Chefarztes aus Privatliquidationen können Arbeitslohn sein

Auch wahlärztliche Leistungen eines angestellten Chefarztes können zu den lohnsteuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) gehören. Für eine Zuordnung dieser Leistungen zum Dienstverhältnis sprechen z.B. fehlendes Unternehmerrisiko und fehlende Unternehmerinitiative, Einordnung in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses sowie ein aus dem Dienstvertrag abgeleitetes Liquidationsrecht.

FG Münster 7.6.2011, 1 K 3800/09 L
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Lohnsteuerabzugspflicht der Beigeladenen für Einnahmen des Klägers aus Privatliquidation als Chefarzt. Der Kläger ist als Chefarzt bei einem Krankenhaus angestellt und damit leitender Abteilungsarzt im Krankenhaus der Beigeladenen. Nach dem Dienstvertrag steht ihm außerdem das Recht zu, wahlärztliche Leistungen privat zu liquidieren.

Das beklagte Finanzamt behandelte die hieraus resultierenden Einnahmen als Arbeitslohn. Demgegenüber vertritt der Kläger mit seiner Klage die Ansicht, dass seine Einkünfte aus dem hier streitigen Liquidationsrecht freiberufliche i.S.d. § 18 Abs. 1 EStG seien und folglich ein Lohnsteuerabzug ausscheide.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zugelassen.

Die Gründe:
Die Einnahmen des Klägers aus der Erbringung der stationären wahlärztlichen Leistungen sind Arbeitslohn.

Im Rahmen der Abwägung der Umstände des Einzelfalles sprechen gewichtige Merkmale für die Zuordnung der wahlärztlichen Leistungen zum Dienstverhältnis. So wird dem Kläger das Liquiditionsrecht aufgrund des mit der Beklagten abgeschlossenen Dienstvertrages erst ermöglicht. Darüber hinaus ist der Kläger bei der Erbringung seiner stationären wahlärztlichen Leistungen in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses der Beigeladenen eingebunden.

Zudem fehlt es im vorliegenden Fall erkennbar an dem für eine Selbständigkeit typischen Unternehmerrisiko. Ein solches ist schon deshalb nicht erkennbar, weil es zu keinen nennenswerten Ausfällen der Liquidationserlöse in der Vergangenheit gekommen ist. In fünf Jahren sind lediglich zwei Forderungen ausgefallen, und zwar lediglich i.H.v. rd. 5.000 €. Ein abstrakt anzunehmendes Unternehmerrisiko ist ebenfalls nicht erkennbar, da erfahrungsgemäß Patienten, die ärztliche Wahlleistungen in Anspruch nehmen, eine private Krankenkasse besitzen.

Auch Unternehmerinitiative liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger, wie behauptet, Wahlleistungspatienten ablehnen kann oder dies bereits in der Rechtstatsächlichkeit gemacht hat. Vielmehr unterliegt der Kläger laut Dienstvertrag dem allgemeinen Weisungsrecht des Trägers und kann nur unter ärztlichen Gesichtspunkten über die Aufnahme und Entlassung von Patienten seiner Abteilung entscheiden. Dieses Ablehnungsrecht betrifft aber ausnahmslos alle Patienten.

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