30.05.2023

Ausschluss eines Kommanditisten aus der KG

Das OLG Hamm hatte sich mit der Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses über den Ausschluss eines Kommanditisten aus einer KG zu befassen. Im Ergebnis sah es dessen Fehlverhalten, das u.a. im Ausspruch unbegründeter Kündigungen bestand, als so schwerwiegend an, dass es den Ausschluss für wirksam hielt.

OLG Hamm v. 1.3.2023 - 8 U 48/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger und die Beklagten zu 1 und 2 waren Kommanditisten der 2017 gegründeten A GmbH & Co. KG (A KG). Komplementärin ist die Beklagte zu 3, deren Gesellschafter ebenfalls der Kläger und die Beklagten zu 1 und 2 sind. Die Beklagten zu 1 und 2 sind Geschäftsführer. Die Beklagte zu 3 hat auf Gesellschafterversammlungen kein Stimmrecht. Geschäftsgegenstand der A KG ist die Herstellung von Outdoor-Küchen.

Der Kläger ist zudem geschäftsführender Gesellschafter der B GmbH (B GmbH). Der Beklagte zu 1 wurde seit 2006 von dieser Gesellschaft beschäftigt, zuletzt als technischer Leiter in den Bereichen Produktion/Fertigung und IT-Software.

Anders als das LG hielt das OLG den Ausschluss des Klägers aus der Kommanditgesellschaft wegen dessen Verhalten für wirksam.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des LG ist der Gesellschafterbeschluss über den Ausschluss des Klägers wirksam.

Voraussetzung für den Ausschluss eines Kommanditisten aus einer Kommanditgesellschaft ist ein wichtiger Grund i.S.v. § 13 des Gesellschaftsvertrags i.V.m. §§ 133, 140, 161 Abs. 2 HGB. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Auszuschließenden für die übrigen Gesellschafter unzumutbar ist. Eine Entscheidung hierüber erfordert eine umfassende Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer beiden Seiten gerecht werdenden Gesamtabwägung.

Nach diesen Vorgaben ist der Ausschluss des Klägers wegen eines wichtigen Grundes gerechtfertigt. Der Kläger verstieß mit seiner Verhaltensweise in der Zeit vom 12.2.2020 bis zum 30.3.2020 gegenüber der A KG und den Beklagten zu 1 und 2 in ganz erheblichem Maße gegen die gesellschaftsrechtliche Treupflicht, wodurch für die Beklagten zu 1 und 2 eine weitere Zusammenarbeit mit ihm als Kommanditist unzumutbar wurde.

Zunächst erteilte der Kläger in seiner Funktion als Geschäftsführer der B GmbH dem Beklagten zu 1 am Morgen des 12.2.2020 ein Hausverbot für die Räumlichkeiten der B GmbH und ließ dessen Zugang zum Server der B GmbH sperren. Diese Vorgehensweise rechtfertigte er mit dem damals unbegründeten Verdacht, dass der Beklagte zu 1 am Vorabend unberechtigterweise Daten auf dem Server der B GmbH kopiert habe. Er hat selbst vorgetragen, dass er damals nicht gewusst habe, was an dem Abend genau geschehen sei, wer auf die Daten zugegriffen habe; vielmehr sei dieser Vorfall noch aufzuklären. Vor diesem Hintergrund war die Reaktion des Klägers gegen den Beklagten zu 1, mit dem er zuvor jahrelang erfolgreich zusammengearbeitet hatte, nicht gerechtfertigt. Es gab keine Anhaltspunkte, ihm zu misstrauen, zumal er bis dahin berechtigt war, ohne Einschränkungen auf die Daten zuzugreifen. Der Kläger konnte sich daher gegenüber dem Beklagten zu 1 nicht auf Sicherungsinteressen berufen.

Das Hausverbot und die Sperrung des Zugangs des Servers betrafen nicht nur das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 1 mit der B GmbH, sondern wegen der engen wirtschaftlichen Verflechtung der A KG und der B GmbH unmittelbar auch das Gesellschafterverhältnis der A KG. Der Beklagte zu 1 konnte nach den Maßnahmen des Klägers seine Tätigkeit als Geschäftsführer der A KG nicht mehr uneingeschränkt ausüben. Da der Beklagte zu 1 als Geschäftsführer der A KG maßgeblich das operative Geschäft führte, musste es zu gravierenden negativen Auswirkungen auf die A KG kommen, wenn er über einen längeren Zeitraum keinen Zugang zu den Daten der Gesellschaft hatte. So konnte er das Warenwirtschaftssystem ERP/BDE nicht nutzen und keine Fertigungsaufträge erteilen. Der Kläger wusste das. Selbst wenn dies letztlich nicht zu konkreten Schäden der A KG geführt haben sollte, wie der Kläger behauptet, stellen allein die getroffenen Maßnahmen, die erst auf anwaltlichen Druck zum Teil aufgehoben wurden, eine gravierende Verletzung der Treuepflicht dar.

Darüber hinaus verschärfte der Kläger die Situation, indem er am Folgetag auch die Zugänge aller Mitarbeiter der A KG zum Server der B GmbH sperren ließ und diese die Räumlichkeiten der B GmbH nur noch in Begleitung betreten durften. Auch zu diesem Zeitpunkt wusste er nicht, was am Vorabend genau geschehen war und wer auf die Daten zugegriffen hatte. Damit stellte der Kläger die gesamte Belegschaft der A KG unter Generalverdacht und behinderte in erheblichem Umfang die Auftragserteilung durch die A KG und damit die Produktion, weil diese auf die Zusammenarbeit mit der B GmbH angewiesen war. Auch das wusste der Kläger. Ob er seinen Mitarbeitern ausdrücklich untersagte, für die A KG zu produzieren, was er bestreitet, muss nicht aufgeklärt werden, da die genannten Behinderungen und Einschränkungen des Geschäftsbetriebs der A KG zur Begründung eines wichtigen Grundes ausreichen.

Diese weiteren einschneidenden Maßnahmen des Klägers, die zu einer Behinderung der Produktion führten, waren wegen eines einzigen unklaren Datenzugriffs einer Person ohne erkennbaren Folgen ebenfalls nicht durch ein Sicherheitsinteresse der B GmbH zu rechtfertigen. Der Kläger löste diese Situation erst mehrere Tage später nach massiver anwaltlicher Aufforderung durch die A KG auf, indem er seine Maßnahmen zurücknahm, so dass die A KG wieder ihre Geschäfte weitgehend ungehindert betreiben konnte.

Allerdings übte der Kläger nunmehr auf andere Weise Druck auf die Beklagten zu 1 und 2 aus. Er forderte die Beklagten zu 1 und 2 zur Kündigung auf und erklärte kurz darauf am 28.2.2020 selbst die ordentliche und am 30.3.2020 die außerordentliche Kündigung gegenüber dem Beklagten zu 1. Diese Kündigungen waren - wie sich später im arbeitsgerichtlichen Verfahren herausstellte - grundlos. Die B GmbH hielt den Sachverhalt, den der Kläger der außerordentlichen Kündigung zugrunde gelegt hatte, ausweislich des Vergleichs vom 2.6.2020 nicht aufrecht.

Hinzu kommt, dass der Kläger in dieser Situation die A KG gleichzeitig unter wirtschaftlichen Druck setzte, indem er diese zur Auszahlung seiner Guthaben von den Darlehenskonten aufforderte, was auf Seiten der A KG in der von den Beklagten im Senatstermin geschilderten angespannten Liquiditätslage einen erheblichen Kapitalentzug zur Folge gehabt hätte.

Diese Treueverstöße haben für sich genommen ein solches Gewicht, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger als Gesellschafter der A KG unzumutbar wurde. Denn die Verhaltensweise des Klägers wegen eines unbegründeten Verdachts führte dazu, dass die Geschäftstätigkeit der A KG jedenfalls kurzzeitig massiv behindert wurde, die A KG die bis dahin erfolgreiche Zusammenarbeit mit der B GmbH beendete und ihre zukünftige Produktion unter anderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen neu organisierte. Außerdem führten die grundlosen Kündigungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Beklagten zu 1 mit der B GmbH. Angesichts dieser Folgen ist es unerheblich, ob der Kläger darüber hinaus einen konkreten Schaden der A KG verursachte oder den Beklagten zu 1 in Existenznot brachte. Auch auf die weiteren Vorwürfe der Beklagten gegen den Kläger kommt es nicht mehr an.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Feststellung der Nichtigkeit der Beschlussfassung einer Kommanditgesellschaft kann auch gegen stimmrechtslose Komplementär-GmbH gerichtet werden
OLG Hamm vom 1.3.2023 - 8 U 48/22
GmbHR 2023, 510

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