17.08.2020

Beschwerdeberechtigung der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft bei Zurückweisung einer Handelsregisteranmeldung

Wird eine von sämtlichen Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft vorgenommene Anmeldung zurückgewiesen, sind die zur Anmeldung berufenen Gesellschafter und nicht die Gesellschaft selbst beschwert und beschwerdeberechtigt.

BGH v. 21.7.2020 - II ZB 26/19
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) ist eine UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG. Komplementärin ist die A-UG (haftungsbeschränkt). Alleinige Kommanditistin ist die W-GmbH & Co. KG. In der Versammlung vom 17.5.2019 beschlossen die beiden Gesellschafter u.a. die Bestellung der Beteiligten zu 2) und 3) zu weiteren Geschäftsführern neben der Komplementärin. Nach dem Beschluss sollten die Geschäftsführer berechtigt sein, die Gesellschaft je einzeln zu vertreten.

Mit am 6.6.2019 beim AG eingegangenen Schreiben meldeten die Gesellschafter der Beteiligten zu 1) die Bestellung der Fremdgeschäftsführer und die Einräumung der Einzelvertretungsbefugnis zur Eintragung in das Handelsregister an. Im Zeitpunkt der Antragstellung war bereits das Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 1) anhängig. Am 1.6.2019 wurde das Verfahren eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet.

Das AG wies die Handelsregisteranmeldung zurück, weil das Gesetz die Eintragung von Nichtgesellschaftern als Geschäftsführer einer Kommanditgesellschaft nicht vorsehe und half der nur namens und im Auftrag der Beteiligten zu 1) eingelegten Beschwerde nicht ab. Das OLG wies die Beschwerde der Beteiligten zu 1) zurück. Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1) bis 3) hatten vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) ist unbegründet, weil ihre Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Registergericht - vom 18.7.2019 mangels Beschwerdeberechtigung unzulässig war.

Die Beteiligte zu 1) war nicht beschwerdeberechtigt. Allein berechtigt und verpflichtet zur Anmeldung der Bestellung der Fremdgeschäftsführer und der diesen erteilten Einzelvertretungsbefugnis waren die Gesellschafter der Beteiligten zu 1). Diese haben die Anmeldung vorgenommen. Nach Zurückweisung der Anmeldung sind ausschließlich die anmeldenden Gesellschafter beschwerdebefugt. Nach § 59 Abs. 2 FamFG steht die Beschwerde allein dem Antragsteller zu, wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann. Antrag im Sinne dieser Vorschrift ist auch eine Registeranmeldung. Die Gesellschafter der Beteiligten zu 1) haben die Bestellung der Fremdgeschäftsführer und die Einräumung der Einzelvertretungsbefugnis zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet.

Die Gesellschaft selbst kann im Anwendungsbereich des § 108 HGB keine Anmeldung vornehmen. Die Gesellschafter der Beteiligten zu 1) waren nach § 108 Satz 1, § 161 Abs. 2 HGB zur Anmeldung berechtigt und verpflichtet. Nach Sinn, Zweck und Systematik der Anmeldevorschriften fällt bei einer Kommanditgesellschaft die Einräumung organschaftlicher Vertretungsmacht an Dritte in den Anwendungsbereich der §§ 107, 108 Satz 1 HGB. Anmeldungen zum Handelsregister, die die in den §§ 106, 107 HGB genannten Verhältnisse der Kommanditgesellschaft betreffen, sind nach § 108 Satz 1, § 161 Abs. 2 HGB grundsätzlich von sämtlichen Gesellschaftern zu bewirken. Zwar erfasst § 108 Satz 1 HGB nur die in den §§ 106, 107 HGB genannten Tatsachen. Die Bestellung von Fremdgeschäftsführern findet dort keine Erwähnung. Dies liegt indes daran, dass das Recht der Personalhandelsgesellschaften von dem Grundsatz beherrscht wird, dass die gesetzliche (organschaftliche) Vertretungsbefugnis nur einem Gesellschafter und nicht einem Dritten zustehen kann.

Wollte man die Fremdorganschaft bei der Kommanditgesellschaft im Insolvenzverfahren zulassen, wäre die mit der Bestellung des Fremdgeschäftsführers verbundene Einräumung der Vertretungsmacht an Nichtgesellschafter von gleicher Bedeutung für den Rechtsverkehr wie sonstige Änderungen in der organschaftlichen Vertretungsmacht. Dabei würde es sich dann um eine von § 107 HGB erfasste Tatsache handeln, deren Abmeldung nach § 108 Satz 1 HGB von sämtlichen Gesellschaftern zu bewirken wäre. § 107 HGB gewährleistet die Aktualität des Registers im Interesse des Rechtsverkehrs. Nach § 107 HGB sind Änderungen der organschaftlichen Vertretungsmacht der Gesellschafter anmeldepflichtig. Die Anmeldepflicht sämtlicher Gesellschafter soll für den Regelfall gewährleisten, dass die angemeldeten Tatsachen wahrheitsgemäß sind. Ferner bezweckt die Anmeldung durch alle Gesellschafter, ihnen die etwaige Unrichtigkeit einer Eintragung im Rahmen des § 15 Abs. 3 HGB zuzurechnen.

Dieser durch das Zusammenspiel der §§ 107, 108 HGB bewirkte Schutz des Rechtsverkehrs, der gerade an der ordnungsgemäßen Verlautbarung organschaftlicher Vertretungsverhältnisse ein erhebliches Interesse hat, muss bei der Einräumung organschaftlicher Vertretungsmacht an Dritte in gleicher Weise gewährleistet werden, wie bei der in § 107 HGB ausdrücklich genannten Änderung der organschaftlichen Vertretungsmacht der Gesellschafter. Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung wird durch die Systematik der Anmeldevorschriften bestätigt. Nach § 148 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB müssen die Liquidatoren und ihre Vertretungsmacht bzw. jede insoweit eingetretene Änderung durch sämtliche Gesellschafter zum Handelsregister angemeldet werden. Das gilt auch, soweit von der Möglichkeit des § 146 Abs. 1 Satz 1 HGB Gebrauch gemacht wurde, die Liquidation anderen Personen als Gesellschaftern zu übertragen. Allein die Gesellschafter der Beteiligten zu 1) und nicht diese waren beschwerdebefugt. Wird eine von sämtlichen Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft vorgenommene Anmeldung zurückgewiesen, sind die zur Anmeldung berufenen Gesellschafter und nicht die Gesellschaft selbst beschwert und beschwerdeberechtigt.
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