12.06.2023

Darf der Gesellschafter einer GmbH Beschwerde gegen die Entscheidung des Registergerichts einlegen?

Der Gesellschafter einer GmbH ist weder nach § 59 Abs. 1 FamFG noch nach § 59 Abs. 2 FamFG befugt, Beschwerde gegen die Entscheidung des Registergerichts einzulegen, die Eintragung einer Person als Geschäftsführer der GmbH nicht nach § 395 FamFG im Handelsregister zu löschen. Dasselbe gilt, wenn das Registergericht die Löschung einer im Handelsregister eingetragenen nichtigen Geschäftsführerbestellung nach § 398 FamFG ablehnt.

OLG Düsseldorf v. 16.3.2023 - 3 Wx 55/22
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten zu 2) ist die Ehefrau des im November 2020 verstorbenen bulgarischen Staatsbürgers M. (Erblasser). Dieser war bis zu seinem Tod der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Der Beteiligte zu 1) ist der Sohn des Erblassers aus erster Ehe. Aus der Ehe mit der Beteiligten zu 2) stammen zwei weitere Kinder.

Der Erblasser ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge von den Beteiligten zu 1) und zu 2) sowie von seinen beiden Kindern aus zweiter Ehe mit einem Anteil von jeweils einem Viertel beerbt worden. Die Erbengemeinschaft besteht ungeteilt. Das AG hat die Beteiligte zu 2) am 15.9.2021 als neue Geschäftsführerin der GmbH eingetragen. Mit dem Argument, er habe an der Beschlussfassung über die Geschäftsführerbestellung der Beteiligten zu 2) nicht mitgewirkt, hat der Beteiligte zu 1) die Löschung dieser Eintragung angeregt.

Das AG hat daraufhin ein Löschungsverfahren eingeleitet, die Löschung der streitbefangenen Handelsregistereintragung nach § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG jedoch abgelehnt. Es hat angenommen, dass die Beteiligte zu 2) mit einer Dreiviertel-Mehrheit - nämlich mit der eigenen Stimme und mit den Stimmen ihrer beiden Kinder - rechtswirksam zum gemeinsamen Vertreter der ungeteilten Erbengemeinschaft i.S.v. § 6 des Gesellschaftsvertrages bestellt worden sei und in dieser Eigenschaft sodann für die Erbengemeinschaft rechtsgültig den Beschluss über ihre Berufung als neue Geschäftsführerin der GmbH gefasst habe.

Der Beteiligte zu 1) war der Ansicht, nach dem maßgeblichen bulgarischen Erbstatut sei ein einstimmiger Beschluss aller Miterben notwendig gewesen, an dem es fehle. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1) verworfen.

Die Gründe:
Die Beschwerde war unzulässig, weil dem Beteiligten zu 1) kein Beschwerderecht nach § 59 FamFG zustand.

Die Löschung einer unzulässigen Eintragung im Handelsregister erfolgt gem. § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständigen Organe. Das gleiche gilt für die Löschung von im Handelsregister eingetragenen nichtigen Gesellschafterbeschlüsse nach § 398 FamFG. Der einzelne Gesellschafter einer GmbH hat weder in dem einen noch in dem anderen Fall ein Antragsrecht. Ihm steht daher auch keine Beschwerdebefugnis nach §§ 58, 59 Abs. 2 FamFG zu (vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.2014 - II ZB 18/13).

Eine Beschwerdebefugnis ergab sich für den Beteiligten zu 1) auch nicht aus § 59 Abs. 1 FamFG. Danach steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Erforderlich ist ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht. Die angefochtene Entscheidung muss ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Ein bloß rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Beseitigung der angefochtenen registergerichtlichen Entscheidung genügt nicht.

Eine rechtliche Betroffenheit des Beteiligten zu 1) i.d.S. bestand hier nicht. Die Entscheidung des Registergerichts, die Eintragung der Beteiligten zu 2) als neue Geschäftsführerin der GmbH nicht zu löschen, griff nicht nachteilig in eine vorhandene Rechtsposition des Beteiligten zu 1) ein. Gem. § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Dabei handelt es sich allerdings um eine bloß deklaratorische Eintragung, die der Bekanntgabe von Tatsachen oder Rechtsverhältnissen dient, die unabhängig von der Eintragung bestehen; die Eintragung im Handelsregister hat keine konstitutive Wirkung.

Außerdem erhält der Geschäftsführer einer GmbH seine gesellschaftsrechtliche Vertretungsbefugnis nicht durch die Eintragung in das Handelsregister, sondern durch den der Eintragung zugrunde liegenden Gesellschafterbeschluss. Alleine dieser - und nicht die Eintragung im Handelsregister - bindet die Gesellschafter der GmbH, den Gewählten zum Geschäftsführer zu bestellen. Beseitigt wird diese Bindung im gesetzlichen Normalstatut durch einen unter Beachtung der §§ 47 ff. GmbHG gefassten Aufhebungsbeschluss der Gesellschafter. Die anschließende Löschung der entsprechenden Registereintragung vollzieht die durch den Aufhebungsbeschluss geschaffene materiell-rechtliche Lage nur deklaratorisch nach. Auch Fehler bei der Willensbildung - seien es formelle Fehler im Rahmen des Beschlussverfahrens wie etwa Einladungsmängel oder seien es Umstände, die den Gesellschafterbeschluss materiell fehlerhaft machen - schlagen auf den Gesellschafterbeschluss zurück und sind in einem gerichtlichen Streitverfahren über die Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses zu klären.

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Aufsatz
Thomas Wachter
Veröffentlichung von Geburtsdatum und Wohnort eines GmbH-Geschäftsführers im Handelsregister
GmbHR 2023, 593

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