04.03.2022

E-Mails gelöscht und manipuliert: Abberufung aus SAP-Aufsichtsrat rechtmäßig

Die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der SAP SE, der mehrere E-Mails gelöscht und eine E-Mail inhaltlich manipuliert hatte, um ein anderes Mitglied des Aufsichtsrats im Hinblick auf laufende Ermittlungen zu entlasten, war rechtmäßig. Es liegt ein in der Person des Aufsichtsratsmitglieds liegender, die Abberufung tragender wichtiger Grund gem. Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO, § 103 Abs. 3 Satz 1 AktG vor.

OLG Karlsruhe v. 1.3.2022 - 1 W 85/21 (Wx)
Der Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer war Mitglied des Betriebsrats der SAP SE und wurde als Gewerkschaftsvertreter im Jahr 2019 Mitglied ihres Aufsichtsrats. Er räumte gegenüber der Gesellschaft am 25.6.2021 ein, im Zusammenhang mit internen Ermittlungen gegen ein anderes damaliges Mitglied des Aufsichts- und Betriebsrats in dem Versuch, diesen von dem Vorwurf der ungenehmigten Urlaubsnahme zu entlasten, mehrere E-Mails gelöscht und eine E-Mail inhaltlich manipuliert zu haben. Daraufhin wurde sein Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt. Außerdem fasste der Aufsichtsrat am 29.7.2021 den Beschluss, die gerichtliche Abberufung des Beschwerdeführers aus dem Aufsichtsrat zu beantragen.

Das AG gab dem Antrag des Aufsichtsrats statt. Die Beschwerde des Beschwerdeführers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das AG hat zu Recht entschieden, dass ein in der Person des Beschwerdeführers liegender, seine Abberufung als Aufsichtsratsmitglied tragender wichtiger Grund gem. Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO, § 103 Abs. 3 Satz 1 AktG gegeben ist.

Ein solcher Grund liegt immer dann vor, wenn ein Verbleiben des Mitgliedes im Aufsichtsrat bis zum Ablauf der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist, insbesondere weil der weitere Verbleib im Amt die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats nicht unerheblich beeinträchtigt oder eine sonstige Schädigung der Gesellschaft erwarten lässt.

Vorliegend hat der Beschwerdeführer durch sein eigenmächtiges, durch keinerlei rechtlich berechtigtes Interesse gedecktes Manipulieren und Löschen von Informationen, um diese im Interesse eines Betriebsratskollegen im Rahmen einer von der Gesellschaft eingeleiteten Untersuchung zu unterdrücken, das für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied unerlässliche Vertrauen in seine persönliche Integrität und Zuverlässigkeit zerstört und sich als ungeeignet für die Wahrnehmung des Unternehmensinteresses an einer funktionsfähigen Überwachung des Vorstands erwiesen.

Dass das Verhalten des Beschwerdeführers außerhalb seiner eigentlichen Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied lag und er die zunächst manipulierten und gelöschten Daten später wiederherstellte und der Gesellschaft überließ, war bei dieser Beurteilung zu berücksichtigen. Die Zweifel an der Integrität und Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers auch in Bezug auf eine Tätigkeit als Aufsichtsrat wurden dadurch jedoch nicht beseitigt.

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OLG Karlsruhe PM Nr. 6 vom 3.3.2022
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