08.12.2025

Englisches Part 26A-Verfahren kein Insolvenzverfahren i.S.d. § 343 InsO

Das im englischen Companies Act 2006 geregelte Part 26A-Verfahren (Part 26A Restructuring Plan) kann nicht als ausländisches Insolvenzverfahren gem. § 343 InsO anerkannt werden.

LG Frankfurt a.M. v. 5.7.2025 - 2-12 O 239/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte zu 1) hatte Verbindlichkeiten aus Schuldverschreibungen und einem Darlehen. Die Beklagte zu 2) hatte für Zahlungen aus dem Darlehen eine Garantie übernommen. Ein Teil des Darlehens wurde 2021 an die Klägerin abgetreten. Im Oktober 2023 leitete die Beklagte zu 2) wegen finanzieller Schwierigkeiten in England vor dem High Court in London ein Restrukturierungsverfahren nach Part 26A (geregelt im englischen Companies Act 2006) ein. Einbezogen wurden in das Verfahren nur die Gläubiger des Darlehens. Im Rahmen des vorgelegten Restrukturierungsplans wurde u.a. die Endfälligkeit des Darlehens auf November 2025 verschoben. Die Klägerin stimmte, anders als die Mehrheit der Gläubiger des Darlehens, gegen die Durchführung des Verfahrens und den Restrukturierungsplan. Das Verfahren wurde im Frühjahr 2024 mit der gerichtlichen Bestätigung (Sanction Order) des Restrukturierungsplans beendet. Kurze Zeit später kündigte die Klägerin das Darlehen außerordentlich wegen Verstoßes gegen das im Darlehensvertrag geregelte Einstimmigkeitserfordernis. Sie verlangt Zahlung von den Beklagten und trägt vor, dass die Fälligkeit durch das Part 26A-Verfahren rechtlich nicht wirksam geändert worden sei. Die Sanction Order sei nicht anerkennungsfähig.

Das LG entschied die Sache im Urkundenprozess und verurteilte die Beklagten zur Zahlung an die Klägerin.

Die Gründe:
Es liegt ein wichtiger Kündigungsgrund vor. In der Änderung der Darlehenslaufzeit gegen das vertraglich geregelte Einstimmigkeitserfordernis ist ein solcher zu sehen. Die hierauf gestützte Kündigung der Klägerin geht nicht ins Leere, da die Klägerin sich die Änderungen des Darlehens mangels Anerkennungsfähigkeit der Sanction Order nicht entgegenhalten lassen muss.

Eine Anerkennung nach § 343 InsO kommt nicht in Betracht, da es sich bei dem Part 26A-Verfahren nicht um ein ausländisches Insolvenzverfahren im Sinne der Vorschrift handelt. Einem solchen liegt der Kollektivgedanke zugrunde, sodass die Einbeziehung sämtlicher Gläubiger eines Schuldners erforderlich ist. Beim Part 26A-Verfahren ist das aber von Gesetzes wegen nicht zwingend erforderlich.

Auch eine Anerkennung nach § 328 ZPO scheidet aus. Nach § 328 Abs. 1 Nr. 5 InsO kommt eine Anerkennung nur in Betracht, wenn die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Dabei ist darauf abzustellen, ob das beiderseitige Anerkennungsrecht und die Anerkennungspraxis (in England) im Wesentlichen gleichwertige Bedingungen schaffen. Dies konnten die beiden Beklagten als beweisbelastete Partei im Urkundenprozess nicht nachweisen. Der angebotene Sachverständigenbeweis war nicht zulässig (§ 592 Satz 1, § 595 Abs. 2 ZPO).

Schließlich scheidet auch eine Anerkennung nach Art. 26 EuGVÜ aus. Die EuGVÜ ist mit Wirkung zum 1.3.2023 durch die Brüssel I-VO (jetzt Brüssel Ia-VO) ersetzt worden und ist durch den Brexit nicht wieder aufgelebt.

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Besprechung der Entscheidung
von RA Prof. Dr. Artur M. Swierczok

in ZIP 2025, 3010

Besprechung enthalten im:
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