Fortsetzung einer vor Inkrafttreten des MoPeG beantragten Teilungsversteigerung des Grundstücks einer GbR
BGH v. 20.3.2025 - V ZB 32/24
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten sind die Gesellschafterinnen einer im Jahr 2021 gekündigten GbR, die als Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Grundbuch eingetragen ist. Auf Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) wurde im Januar 2023 die Teilungsversteigerung der Grundstücke angeordnet. Mit Beschluss vom 25.1.2024 stellte das AG das Verfahren einstweilen ein, weil nach Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.2024 die Rechtsgrundlage für die Auseinandersetzung einer GbR durch Teilungsversteigerung entfallen sei. Die Fortsetzung des Verfahrens machte es davon abhängig, dass die Beteiligte zu 3) als weitere Gesellschafterin ihre Zustimmung zur Teilungsversteigerung erteilt.
Das LG wies die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2 zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2) hob der BGH die Beschlüsse von LG und AG auf.
Die Gründe:
Entgegen der Annahme des LG liegen die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung der Teilungsversteigerung nach § 28 Abs. 2 ZVG nicht vor.
Das LG legt zutreffend zu Grunde, dass die Anordnung und Durchführung einer Teilungsversteigerung nach dem bis zum 30.12.2023 geltenden Recht auch zur Auseinandersetzung des Vermögens einer gekündigten GbR zulässig war. Richtig ist auch, dass seit dem Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.2024 (vgl. Art. 137 MoPeG) die Rechtsgrundlage des § 753 Abs. 1 BGB für die Anordnung der Teilungsversteigerung eines Grundstücks der GbR gem. § 180 ZVG entfallen ist. Nach nunmehr geltendem Recht führt die Auflösung der GbR (§ 729 BGB) nicht mehr zu einer Auseinandersetzung nach den Vorschriften der Gemeinschaft. Die Vorschrift des § 731 Satz 2 BGB a.F., die auf das Gemeinschaftsrecht und damit auf § 753 Abs. 1 BGB verweist, ist ganz neu gefasst worden. An die Stelle der Auseinandersetzung der GbR ist gem. § 735 Abs. 1 BGB die Liquidation getreten, sofern die Gesellschafter nicht eine andere Art der Abwicklung vereinbart haben.
Die Liquidation erfolgt gem. § 735 Abs. 3 BGB nach den §§ 736 bis 739 BGB, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag etwas anderes ergibt (§ 735 Abs. 2 BGB). Die in § 736d Abs. 2 BGB vorgesehene Umsetzung des Gesellschaftsvermögens in Geld vollzieht sich grundsätzlich durch dessen freihändige Veräußerung. Der Gesetzgeber hat die zuvor geltende Rechtslage, wonach das Gesellschaftsvermögen bei Grundstücken durch Zwangsversteigerung in Geld umzusetzen war, ausgehend von dem gesetzlichen Leitbild einer auf Dauer angelegten und damit häufig auch nachhaltig wirtschaftlich tätigen GbR als nicht mehr praktikabel angesehen. Damit kann ein einzelner Gesellschafter der rechtsfähigen GbR seit dem 1.1.2024 die Anordnung der Teilungsversteigerung zur Auseinandersetzung des Vermögens der GbR jedenfalls dann nicht mehr beantragen, wenn der Auflösungsgrund (§ 729 BGB) nach diesem Zeitpunkt eingetreten ist. Die Vorschrift des § 181 ZVG allein berechtigt ihn dazu nicht, da das Grundstück einer GbR in deren Alleineigentum und nicht im gemeinschaftlichen Eigentum ihrer Gesellschafter steht; das hat der Gesetzgeber nunmehr in § 713 BGB klargestellt.
Daraus folgt aber nicht, dass die vor dem 1.1.2024 beantragte Teilungsversteigerung des Grundstücks einer gekündigten GbR nach § 28 Abs. 2 ZVG einzustellen wäre. Das ist allerdings umstritten. Vereinzelt wird angenommen, dass die neuen Vorschriften über die Liquidation der GbR (§§ 735 ff. BGB) in Ermangelung einer Übergangsregelung unmittelbar mit ihrem Inkrafttreten ab dem 1.1.2024 anwendbar seien und damit auch für bereits laufende Teilungsversteigerungsverfahren die Rechtsgrundlage entfallen sei; dieser Auffassung hat sich das LG angeschlossen. Nach weit überwiegender Ansicht kann eine vor dem 1.1.2024 angeordnete Teilungsversteigerung hingegen fortgesetzt bzw. eine bis zum 31.12.2023 beantragte Teilungsversteigerung eines Grundstücks einer GbR angeordnet werden, wenn der Auflösungsgrund bereits eingetreten ist. Richtig ist die zuletzt genannte Auffassung. Die zur Auseinandersetzung des Vermögens einer aufgelösten GbR angeordnete Teilungsversteigerung eines Grundstücks ist jedenfalls dann fortzusetzen, wenn der Auflösungsgrund vor dem Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024 eingetreten und der Antrag auf Teilungsversteigerung vor diesem Zeitpunkt gestellt worden ist.
Da eine Übergangsvorschrift fehlt, sind die §§ 729 ff. BGB zwar grundsätzlich auch in bereits laufenden Verfahren anzuwenden. Anders ist es aber, soweit die Vorschriften an eine Handlung knüpfen, für die das vor dem 1.1.2024 geltende Recht maßgeblich ist. In diesem Sinne hat der BGH bereits entschieden, dass nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts für die bis zum 31.12.2023 gefassten Beschlüsse das bis dahin geltende Beschlussmängelrecht und nicht die mit dem MoPeG am 1.1.2024 in Kraft getretene Neuregelung der §§ 110 ff. HGB anwendbar ist; auch die Haftung des Kommanditisten richtet sich nach dem zum Zeitpunkt der haftungsbegründenden Handlungen geltenden Recht. Dementsprechend kommt es für die Frage, ob das Vermögen einer GbR nach neuem Recht zu liquidieren (§§ 735 ff. BGB) oder nach altem Recht auseinanderzusetzen ist (§§ 730 ff. BGB a.F.), auf das Ereignis an, das zur Auflösung der GbR geführt hat (§ 730 Abs. 1 BGB a.F.). Altes Recht ist jedenfalls dann weiterhin anzuwenden, wenn die Teilungsversteigerung als Beginn der auf das Grundstück bezogenen Auseinandersetzung vor dem 1.1.2024 beantragt worden ist. Ist die GbR unter altem Recht, also vor dem 1.1.2024, aufgelöst (§§ 723 ff. BGB) und die Teilungsversteigerung eingeleitet worden, bleibt § 731 Satz 2 BGB a.F. anwendbar.
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Die Beteiligten sind die Gesellschafterinnen einer im Jahr 2021 gekündigten GbR, die als Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Grundbuch eingetragen ist. Auf Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) wurde im Januar 2023 die Teilungsversteigerung der Grundstücke angeordnet. Mit Beschluss vom 25.1.2024 stellte das AG das Verfahren einstweilen ein, weil nach Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.2024 die Rechtsgrundlage für die Auseinandersetzung einer GbR durch Teilungsversteigerung entfallen sei. Die Fortsetzung des Verfahrens machte es davon abhängig, dass die Beteiligte zu 3) als weitere Gesellschafterin ihre Zustimmung zur Teilungsversteigerung erteilt.
Das LG wies die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2 zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2) hob der BGH die Beschlüsse von LG und AG auf.
Die Gründe:
Entgegen der Annahme des LG liegen die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung der Teilungsversteigerung nach § 28 Abs. 2 ZVG nicht vor.
Das LG legt zutreffend zu Grunde, dass die Anordnung und Durchführung einer Teilungsversteigerung nach dem bis zum 30.12.2023 geltenden Recht auch zur Auseinandersetzung des Vermögens einer gekündigten GbR zulässig war. Richtig ist auch, dass seit dem Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.2024 (vgl. Art. 137 MoPeG) die Rechtsgrundlage des § 753 Abs. 1 BGB für die Anordnung der Teilungsversteigerung eines Grundstücks der GbR gem. § 180 ZVG entfallen ist. Nach nunmehr geltendem Recht führt die Auflösung der GbR (§ 729 BGB) nicht mehr zu einer Auseinandersetzung nach den Vorschriften der Gemeinschaft. Die Vorschrift des § 731 Satz 2 BGB a.F., die auf das Gemeinschaftsrecht und damit auf § 753 Abs. 1 BGB verweist, ist ganz neu gefasst worden. An die Stelle der Auseinandersetzung der GbR ist gem. § 735 Abs. 1 BGB die Liquidation getreten, sofern die Gesellschafter nicht eine andere Art der Abwicklung vereinbart haben.
Die Liquidation erfolgt gem. § 735 Abs. 3 BGB nach den §§ 736 bis 739 BGB, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag etwas anderes ergibt (§ 735 Abs. 2 BGB). Die in § 736d Abs. 2 BGB vorgesehene Umsetzung des Gesellschaftsvermögens in Geld vollzieht sich grundsätzlich durch dessen freihändige Veräußerung. Der Gesetzgeber hat die zuvor geltende Rechtslage, wonach das Gesellschaftsvermögen bei Grundstücken durch Zwangsversteigerung in Geld umzusetzen war, ausgehend von dem gesetzlichen Leitbild einer auf Dauer angelegten und damit häufig auch nachhaltig wirtschaftlich tätigen GbR als nicht mehr praktikabel angesehen. Damit kann ein einzelner Gesellschafter der rechtsfähigen GbR seit dem 1.1.2024 die Anordnung der Teilungsversteigerung zur Auseinandersetzung des Vermögens der GbR jedenfalls dann nicht mehr beantragen, wenn der Auflösungsgrund (§ 729 BGB) nach diesem Zeitpunkt eingetreten ist. Die Vorschrift des § 181 ZVG allein berechtigt ihn dazu nicht, da das Grundstück einer GbR in deren Alleineigentum und nicht im gemeinschaftlichen Eigentum ihrer Gesellschafter steht; das hat der Gesetzgeber nunmehr in § 713 BGB klargestellt.
Daraus folgt aber nicht, dass die vor dem 1.1.2024 beantragte Teilungsversteigerung des Grundstücks einer gekündigten GbR nach § 28 Abs. 2 ZVG einzustellen wäre. Das ist allerdings umstritten. Vereinzelt wird angenommen, dass die neuen Vorschriften über die Liquidation der GbR (§§ 735 ff. BGB) in Ermangelung einer Übergangsregelung unmittelbar mit ihrem Inkrafttreten ab dem 1.1.2024 anwendbar seien und damit auch für bereits laufende Teilungsversteigerungsverfahren die Rechtsgrundlage entfallen sei; dieser Auffassung hat sich das LG angeschlossen. Nach weit überwiegender Ansicht kann eine vor dem 1.1.2024 angeordnete Teilungsversteigerung hingegen fortgesetzt bzw. eine bis zum 31.12.2023 beantragte Teilungsversteigerung eines Grundstücks einer GbR angeordnet werden, wenn der Auflösungsgrund bereits eingetreten ist. Richtig ist die zuletzt genannte Auffassung. Die zur Auseinandersetzung des Vermögens einer aufgelösten GbR angeordnete Teilungsversteigerung eines Grundstücks ist jedenfalls dann fortzusetzen, wenn der Auflösungsgrund vor dem Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024 eingetreten und der Antrag auf Teilungsversteigerung vor diesem Zeitpunkt gestellt worden ist.
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