Gesellschafter kann nicht die Löschung einer falschen Handelsregistereintragung über die Auflösung der Gesellschaft verlangen
BGH v. 7.5.2025 - II ZB 15/24
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist zu 36,4 % am Stammkapital der F. GmbH i.L. (im Folgenden: "Gesellschaft") beteiligt, die B. GmbH & Co. KG zu 60 %. Nach § 8 Ziffer 1 der Satzung der Gesellschaft werden "Gesellschafterbeschlüsse ... mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht das Gesetz oder dieser Vertrag eine andere Mehrheit vorschreiben."
Auf der im Dezember 2022 abgehaltenen Gesellschafterversammlung der Gesellschaft stimmten zum Tagesordnungspunkt 3 "Beschluss über die Liquidation der Gesellschaft" die Antragstellerin dagegen und die B. GmbH & Co. KG dafür. Weiter heißt es in dem vom Versammlungsleiter unterzeichneten Protokoll: "Es gibt keine Mehrheit von 3/4 der Stimmen die hier gemäß Satzung (...) notwendig sind".
Die Gesellschaft wies die Antragstellerin darauf hin, dass der Beschluss über die Liquidation der Gesellschaft rechtmäßig zustande gekommen sei, da gemäß § 8 Ziffer 1 der Satzung die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreiche. Daher sei die Liquidation der Gesellschaft beim Registergericht anzumelden, wenn die Antragstellerin nicht nachvollziehbare Gründe hiergegen vortrage oder eine einstweilige Verfügung erwirke.
Nach entsprechender Anmeldung wurde im Handelsregister die Auflösung der Gesellschaft eingetragen. Das Registergericht hat die von der Antragstellerin angeregte Einleitung des Amtslöschungsverfahrens zur Löschung der Eintragung zur Auflösung und Liquidation der Gesellschaft nach § 395 FamFG von Amts wegen abgelehnt und ihrer dagegen gerichteten Beschwerde nicht abgeholfen. Das Beschwerdegericht hat das Rechtsmittel verworfen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Der BGH hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Gründe:
Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Recht als unzulässig verworfen. Die Antragstellerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass durch die verweigerte Löschung der Eintragung der Auflösung der Gesellschaft in ein ihr zustehendes subjektives Recht im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG eingegriffen wurde.
Die Antragstellerin wird durch die abgelehnte Löschung der im Handelsregister eingetragenen Auflösung der Gesellschaft nicht im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG in einem subjektiven Recht verletzt, selbst wenn die Eintragung, wie von ihr behauptet, nicht der Beschlusslage der Gesellschaft entspricht. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen der Umstand, dass einem Gesellschafter im Amtslöschungsverfahren der Gesellschaft regelmäßig die Beschwerdebefugnis fehlt, ausnahmsweise durch die Verletzung eines subjektiven Rechts des Gesellschafters überwunden werden kann.
Entgegen der Rechtsbeschwerde wirkt sich die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft nicht deshalb ungünstig auf die Rechte eines Gesellschafters aus, weil dieser aufgrund der Eintragung davon ausgehen müsse, seine Stimmrechte und Gewinnansprüche zu verlieren, er wirtschaftlich bei der Vermögensverteilung schlechter gestellt werde, diese Eintragung geeignet sei, der Gesellschaft ihre Geschäftsgrundlage zu entziehen und einen neuen, für die Gesellschafter nicht abwendbaren Auflösungsgrund wie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu schaffen, sowie die spätere Eintragung der Löschung faktisch erleichtere.
Die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister hat nicht die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Folgen. Die Auflösung der Gesellschaft durch Gesellschafterbeschluss gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG überführt die Gesellschaft unmittelbar von einer werbenden Gesellschaft in eine Abwicklungsgesellschaft, deren Zweck darauf gerichtet ist, die Gesellschaft zu beenden. Die gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 GmbHG notwendige Eintragung im Handelsregister ist für die Auflösung nicht konstitutiv. Bereits die Beschlussfassung leitet mit sofortiger Wirkung eine neue Phase im "Lebenszyklus" der Gesellschaft ein, deren organisationsrechtlichen Rahmen die §§ 66 bis 74 GmbHG vorgeben. Eine der Beschlusslage der Gesellschaft nicht entsprechende, unrichtige Eintragung führt daher nicht zur Auflösung der Gesellschaft, hat deshalb keinen Einfluss auf das Fortbestehen der Gesellschafterrechte und beeinträchtigt den Gesellschafter daher nicht in subjektiven Rechten.
Ebenso zutreffend hat das Beschwerdegericht ausgeführt, dass sich auch aus der Publizitätswirkung des Handelsregisters gemäß § 15 HGB keine unmittelbare Beeinträchtigung des Gesellschafters ergibt, da die (unrichtige) Eintragung der Auflösung der Gesellschaft zwar faktisch Auswirkungen auf das Verhalten potentieller Geschäftspartner oder anderer Beteiligter am Rechtsverkehr gegenüber der Gesellschaft haben kann, aber nicht zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der subjektiven Rechte des Gesellschafters führt, sondern allenfalls zu einer im Rahmen des § 59 Abs. 1 FamFG unbeachtlichen mittelbaren Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Interessen. Zudem sind die Gesellschafter keine Dritten i.S.d. § 15 HGB, so dass die Vorschrift für diese und ihr Verhältnis untereinander nicht gilt.
Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, ein Auflösungsbeschluss sei mangels Erreichen der notwendigen Stimmenmehrheit nicht gefasst worden, was auch förmlich durch den Versammlungsleiter festgestellt worden sei, wäre die Gesellschaft zwar nicht aufgelöst und eine Liquidation der Gesellschaft nicht zulässig. Im Fall einer dennoch stattfindenden Liquidation der Gesellschaft könnte, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, dies von der Antragstellerin aber im Zivilrechtsweg geltend gemacht werden. Ebenso wenig ergibt sich eine Beschwerdeberechtigung daraus, dass die Gesellschaft sich nicht selbst gegen die Eintragung der Auflösung wendet. Der Antragstellerin steht es frei, auf dem Zivilrechtsweg gegenüber ihrer Mitgesellschafterin klären zu lassen, dass die eingetragene Auflösung nicht beschlossen worden ist.
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Die Antragstellerin ist zu 36,4 % am Stammkapital der F. GmbH i.L. (im Folgenden: "Gesellschaft") beteiligt, die B. GmbH & Co. KG zu 60 %. Nach § 8 Ziffer 1 der Satzung der Gesellschaft werden "Gesellschafterbeschlüsse ... mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht das Gesetz oder dieser Vertrag eine andere Mehrheit vorschreiben."
Auf der im Dezember 2022 abgehaltenen Gesellschafterversammlung der Gesellschaft stimmten zum Tagesordnungspunkt 3 "Beschluss über die Liquidation der Gesellschaft" die Antragstellerin dagegen und die B. GmbH & Co. KG dafür. Weiter heißt es in dem vom Versammlungsleiter unterzeichneten Protokoll: "Es gibt keine Mehrheit von 3/4 der Stimmen die hier gemäß Satzung (...) notwendig sind".
Die Gesellschaft wies die Antragstellerin darauf hin, dass der Beschluss über die Liquidation der Gesellschaft rechtmäßig zustande gekommen sei, da gemäß § 8 Ziffer 1 der Satzung die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreiche. Daher sei die Liquidation der Gesellschaft beim Registergericht anzumelden, wenn die Antragstellerin nicht nachvollziehbare Gründe hiergegen vortrage oder eine einstweilige Verfügung erwirke.
Nach entsprechender Anmeldung wurde im Handelsregister die Auflösung der Gesellschaft eingetragen. Das Registergericht hat die von der Antragstellerin angeregte Einleitung des Amtslöschungsverfahrens zur Löschung der Eintragung zur Auflösung und Liquidation der Gesellschaft nach § 395 FamFG von Amts wegen abgelehnt und ihrer dagegen gerichteten Beschwerde nicht abgeholfen. Das Beschwerdegericht hat das Rechtsmittel verworfen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Der BGH hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Gründe:
Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Recht als unzulässig verworfen. Die Antragstellerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass durch die verweigerte Löschung der Eintragung der Auflösung der Gesellschaft in ein ihr zustehendes subjektives Recht im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG eingegriffen wurde.
Die Antragstellerin wird durch die abgelehnte Löschung der im Handelsregister eingetragenen Auflösung der Gesellschaft nicht im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG in einem subjektiven Recht verletzt, selbst wenn die Eintragung, wie von ihr behauptet, nicht der Beschlusslage der Gesellschaft entspricht. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen der Umstand, dass einem Gesellschafter im Amtslöschungsverfahren der Gesellschaft regelmäßig die Beschwerdebefugnis fehlt, ausnahmsweise durch die Verletzung eines subjektiven Rechts des Gesellschafters überwunden werden kann.
Entgegen der Rechtsbeschwerde wirkt sich die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft nicht deshalb ungünstig auf die Rechte eines Gesellschafters aus, weil dieser aufgrund der Eintragung davon ausgehen müsse, seine Stimmrechte und Gewinnansprüche zu verlieren, er wirtschaftlich bei der Vermögensverteilung schlechter gestellt werde, diese Eintragung geeignet sei, der Gesellschaft ihre Geschäftsgrundlage zu entziehen und einen neuen, für die Gesellschafter nicht abwendbaren Auflösungsgrund wie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu schaffen, sowie die spätere Eintragung der Löschung faktisch erleichtere.
Die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister hat nicht die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Folgen. Die Auflösung der Gesellschaft durch Gesellschafterbeschluss gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG überführt die Gesellschaft unmittelbar von einer werbenden Gesellschaft in eine Abwicklungsgesellschaft, deren Zweck darauf gerichtet ist, die Gesellschaft zu beenden. Die gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 GmbHG notwendige Eintragung im Handelsregister ist für die Auflösung nicht konstitutiv. Bereits die Beschlussfassung leitet mit sofortiger Wirkung eine neue Phase im "Lebenszyklus" der Gesellschaft ein, deren organisationsrechtlichen Rahmen die §§ 66 bis 74 GmbHG vorgeben. Eine der Beschlusslage der Gesellschaft nicht entsprechende, unrichtige Eintragung führt daher nicht zur Auflösung der Gesellschaft, hat deshalb keinen Einfluss auf das Fortbestehen der Gesellschafterrechte und beeinträchtigt den Gesellschafter daher nicht in subjektiven Rechten.
Ebenso zutreffend hat das Beschwerdegericht ausgeführt, dass sich auch aus der Publizitätswirkung des Handelsregisters gemäß § 15 HGB keine unmittelbare Beeinträchtigung des Gesellschafters ergibt, da die (unrichtige) Eintragung der Auflösung der Gesellschaft zwar faktisch Auswirkungen auf das Verhalten potentieller Geschäftspartner oder anderer Beteiligter am Rechtsverkehr gegenüber der Gesellschaft haben kann, aber nicht zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der subjektiven Rechte des Gesellschafters führt, sondern allenfalls zu einer im Rahmen des § 59 Abs. 1 FamFG unbeachtlichen mittelbaren Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Interessen. Zudem sind die Gesellschafter keine Dritten i.S.d. § 15 HGB, so dass die Vorschrift für diese und ihr Verhältnis untereinander nicht gilt.
Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, ein Auflösungsbeschluss sei mangels Erreichen der notwendigen Stimmenmehrheit nicht gefasst worden, was auch förmlich durch den Versammlungsleiter festgestellt worden sei, wäre die Gesellschaft zwar nicht aufgelöst und eine Liquidation der Gesellschaft nicht zulässig. Im Fall einer dennoch stattfindenden Liquidation der Gesellschaft könnte, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, dies von der Antragstellerin aber im Zivilrechtsweg geltend gemacht werden. Ebenso wenig ergibt sich eine Beschwerdeberechtigung daraus, dass die Gesellschaft sich nicht selbst gegen die Eintragung der Auflösung wendet. Der Antragstellerin steht es frei, auf dem Zivilrechtsweg gegenüber ihrer Mitgesellschafterin klären zu lassen, dass die eingetragene Auflösung nicht beschlossen worden ist.
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